Im Abgrund der Ewigkeit
tanzt unverhohlen mit ihm auf und ab.
Schließlich reckt der Artist die brennenden Stecken in die Höhe, verharrt einen Augenblick, um sie wieder herabzusenken - tiefer und tiefer.
Kurz vor seinem Gesicht hält er inne. Er öffnet seinen Mund und die widerspenstigen Flammen werden von ihm verschluckt, dringen in seinen Hals ein und verschwinden.
Schwarze, undurchdringliche Nacht.
Unvermittelt schießt eine Fontäne blendenden Lichts aus dem Mund des Mannes, explodiert in einem Funkenregen meterhoch über seinem Kopf. Mit einem Mal sind die zwei Stecken wieder in Brand gesetzt, die gelbe Glut rast erneut durch das Schwarz der Dunkelheit. Die Zuschauer stöhnen vor Bewunderung auf. Sie klatschen in die Hände, Beifallsrufe werden laut.
Weiter hinten, inmitten der Menge, sind die beiden Kinder zu erkennen. Sie tragen identische Capes, blutrot. Deutlich kann sie einen blonden Haarschopf von schwarzen Locken unterscheiden.
Feinste Regentropfen fallen zögerlich vom dunklen Himmel herab. Eine Person beugt sich über die Kinder, scheint ihnen etwas zuzuflüstern. Jetzt langen der Junge und das Mädchen nach hinten, schlagen ihre Kapuzen hoch, ziehen sie bis tief in ihre Stirn.
Der Feuerkünstler hat unterdessen seine Vorstellung beendet. Er hat die Stäbe fallen gelassen, hält nun einen Hut in den Händen und geht durch die Menge. Geld klimpert, als billige Münzen hineinfallen.
Sie hat die beiden Kinder aus den Augen verloren. Ihr Blick huscht umher. Ihre Hand unter dem Mantel ist um das Heft des Dolches geklammert. Ihr Griff ist so fest, dass ihre Finger schmerzen.
Jetzt sieht sie das kleine Mädchen wieder und auch den Jungen. Die Person in deren Mitte hat ihre Arme schützend über die Schultern der Kinder gelegt, führt sie weg von der Menschenansammlung.
Trommeln ertönen, Flöten werden gespielt. In der Luft liegt ein Geruch von brennendem Holz, billigem Wein und gegrilltem Fleisch.
Sie darf die drei nicht verlieren. Sie muss sie einholen, denn eines der Kinder muss heute sterben.
Sie wird es selbst tun.
Der Dolch in ihrer Hand lechzt nach dem Blut des unschuldigen Jungen.
Sie muss sich beeilen.
Sie muss sich an Lilith rächen.
Elisabeths Atem ging still. Ihr Kopf lag ruhig auf dem Kissen. Ihre Augen waren halb geöffnet, doch es drangen keine Bilder mehr in ihr Bewusstsein. Viele tausend Male hatte Cunningham sie so gesehen. Verzehrt von ihren Erinnerungen, von dem Schmerz ihrer Vergangenheit.
Vorsichtig griff er nach vorne und strich zärtlich über ihre Lider. Sie schlossen sich. Ihr Atem stockte für einen Herzschlag und kehrte regelmäßig zurück.
Für eine Weile hatte Elisabeth Ruhe gefunden. Für einige Stunden würde sie schlafen. Und bei ihrem Erwachen würde ihr erster Blick wieder auf ihn, Cunningham, fallen.
„Du bist wahrhaftig mein“, flüsterte Cunningham leise in die Dunkelheit.
Teil II – Die große Kälte
Kapitel 4 – Asmodeo
1
D er Abt stand vor dem Bild und fixierte die Bahngleise, die durch die Wüste führten. Strahlen einer unbarmherzigen Sonne reflektierten sich grell auf den Schienen. Die heiße Luft tanzte flirrend über den hölzernen Schwellen. Er drehte sich nicht um, als er hörte, wie Asmodeo hinter ihm in die Bernsteingrotte trat.
„Hast du alles dabei?“, fragte er wie beiläufig über seine Schulter.
Asmodeo stellte sich neben ihn und blickte ebenfalls in die trostlose Hitze. „Die Tasche ist vorbereitet.“
„Bist du sicher, dass du nichts vergessen hast?“
Asmodeo nickte, auch wenn sich sein Mund zu einem leicht spöttischen Ausdruck verzog. „Zwei Wasserflaschen, Proteinriegel, ein Klappmesser …und noch eine weitere Beigabe“, zählte er auf.
Der Augen des Abtes sahen fragend zu ihm hoch.
„Ein Revolver und ein Patronengurt“, erklärte Asmodeo. „Ich denke, die kann Lilith gut gebrauchen.“
Der Abt seufzte tief, wobei er resignierend die Schultern hob. „Vermutlich hast du recht. Wir können uns jede mögliche Art von Zukunft anschauen und immer ist es ein Vorteil, wenn Lilith bewaffnet ist.“
„Dann sind wir einer Meinung“, stellte Asmodeo fest. „Bist du wirklich sicher, dass es dir gelingt?“
„Du meinst, ob ich es schaffe, die Zwischenwelt zu betreten, mit Lilith Kontakt aufzunehmen und wieder in einem Stück zurückzukehren? …Willst du das wissen?“ Der Abt lächelte.
„Ja, so ungefähr.“ Asmodeo lächelte nicht. Ihm war offensichtlich nicht wohl in seiner Haut.
„Eine
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