Im Abgrund der Ewigkeit
Bach, lockerten deren Sattelgurte und kontrollierten die Hufe.
Als ich jetzt aufsah, war das Wolkenband zerrissen. Dunkle Berge, gigantische Riesen, bedrohlich und schwarz, türmten sich vor uns auf. Ihre schneebedeckten Gipfel schienen unerreichbar direkt in den Himmel zu wachsen.
Obwohl jede Faser meines Körpers nach einer ausgedehnten Verschnaufpause schrie, sagte ich nichts, als Johannes und Clement nach kurzer Zeit zum Aufbruch drängten. Wir zogen die Sattelgurte an und schwangen uns auf die Pferde.
Unser Weg führte uns immer weiter, und stetig nach oben. Still und stumm zogen wir dahin.
Der Wind verschluckte jedes Geräusch, er heulte klagend durch Felsspalten und riss auf seinem Weg all meine Gefühle und Gedanken mit sich.
Die Minuten gerannen zu Stunden, die Stunden nahmen kein Ende. Erst als die Schatten länger wurden und wir Mühe hatten, uns in dem steinernen Meer zurechtzufinden, hielten wir vor einem großen Felsvorsprung endgültig an.
Steif und durchgefroren ließ ich mich aus dem Sattel rutschen, drückte mich noch kurz an mein warmes Tier, bevor ich mich unbeholfen umdrehte. Johannes kam auf mich zu. Er bewegte sich trotz der Strapazen geschmeidig wie immer. Auch Clement schien gegen die Witterung und die Anstrengungen immun zu sein. Er sprang von seinem Hengst, kam federnd auf und machte sich sogleich daran, sein Tier abzuschirren.
Ich ließ mir zwar nichts anmerken, aber jeder Schritt, jede kleinste Bewegung glichen einer Tortur und bedeuteten eine einzige Überwindung für mich.
Im Handumdrehen lag sämtliches Gepäck am Boden, die Pferde waren versorgt und das bedächtige Mahlen ihrer Zähne bewies, dass sie ihr verdientes Futter erhalten hatten.
Johannes und Clement streiften in der Umgebung umher und brachten reichlich trockenes Brennholz mit. Johannes schichtete es auf und hatte im Nu eine kleine aber starke Flamme entfacht.
Clement stellte eine gusseiserne Kanne in das Feuer, die bald darauf den Duft nach Kaffee verströmte. Ich streckte meine Hände in Richtung der Glut aus. Sie begannen zuerst zu schmerzen, bis ich dann endlich wieder ein normales Gefühl in ihnen bekam.
Johannes setzte sich neben mich auf einen der runden Steine und reichte mir ein Stück von dem kalten Huhn, das uns Manuel eingepackt hatte. Clement kaute bereits an seinem Teil.
„Morgen ist es vorbei mit dem Luxus. Dann gibt es nur noch Bohnen mit Speck und wir müssen kochen“, meinte Johannes zwischen zwei Bissen.
„Das Kochen werde ich übernehmen, es sei denn, Clement meldet sich freiwillig“, sagte ich.
„Nein, nein“, Clement wedelte mit seinem Hühnerbein durch die Luft. „Mir wäre es ganz recht, wenn du dich um das Essen kümmern würdest, Lilith. Dazu habe ich nur bedingt Talent. Und vielleicht läuft uns sogar etwas über den Weg und ich kann einen Braten schießen.“
„Zumindest Hasen müsste es hier geben“, pflichtete ihm Johannes bei.
„Weißt du noch, Johannes? Früher bist du oft mit mir auf die Jagd gegangen. Du bist eigentlich gar kein schlechter Schütze.“ Clement lächelte und verlieh seiner Stimme eine Spur von Wehmut.
Johannes schluckte sein Essen hinunter und trank vom Kaffee. „Meine Erinnerungen beginnen mit der Wüste.“
Clement wandte sich mir zu. „Und wie ist das bei dir, Lilith?“
Ich verzog mein Gesicht. „Mir geht es ähnlich wie Johannes. Zwar sehe ich gelegentlich Fetzen aus der Vergangenheit, doch sie bleiben bedeutungslos, weil ich sie nicht einordnen kann. …Aber“, fügte ich nach einer kleinen Weile hinzu, „vielleicht kannst du uns ja etwas von früher erzählen.“
„Ich?“ Clement schien nachzudenken. Er blickte von mir zu Johannes. „Warum nicht. Was wollt ihr wissen?“
„Wie bin ich in dieser gottlosen Gegend gelandet?“, fragte Johannes.
Clement setzte sich etwas bequemer zurecht. „Eigentlich hast du hier nichts verloren.“
„Ach, sag bloß“, spöttelte Johannes und goss sich Kaffee nach.
Clement grinste. „Uns beiden, dir und mir, gehört eine große Firma. Eigentlich ist es ein Konzern. Aber aus irgendeinem Grund hat mein lieber Bruder beschlossen, dass es seine Pflicht ist, Seelen zu retten. Deswegen hat er sich aufgemacht, um Priester am Ende der Welt zu werden.“
„In Snowhill?“
„Du sagst es.“ Clement nickte.
Johannes atmete hörbar aus.
„Das Ganze ist natürlich etwas komplizierter.“ Clement hatte sein Hühnerbein abgenagt und schleuderte den Knochen nachlässig ins Feuer. „Du warst als
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