Im Anhang mein Herz
allen, mir sei so fad und sie konnten es überhaupt nicht verstehen, nahmen mich nicht ernst.
Ich musste dauernd telefonieren, denn ich hatte mehr und mehr das Gefühl, dass es mir hier den Boden unter den Füßen wegzog. Ich bekam Angst. Ich konnte nicht anders, als zu denken: Das ist hier mein Ende. Hier werde ich sterben. Es ist mein Schicksal.
Dann blieb auch noch meine Armbanduhr stehen. Ich erschrak darüber. Und dann fiel mir auch noch das Datum auf. Es war der 20.!
Es war an einem 20., als der alte Boss sterben musste , dachte ich und begann zu zittern. Sogleich war es mir, als ob er neben mir stünde und sagte: Genau. Und jetzt bist du dran.
Nein, gehört habe ich es nicht wirklich, ich bin ja nicht verrückt! Ich habe mich nur unglaublich davor gefürchtet, es in der nächsten Sekunde zu hören.
Das kam immer wieder, das Gefühl, gleich wird er sagen: Jetzt bist du dran. – Jetzt bist du dran.
Zu Hause sah ich übrigens nach und merkte, dass das Datum ein Irrtum von mir war.
Schließlich dachte ich, eine gute Lösung! E s ist ja alles so idyllisch hier, Palmen, Meer, was kann man sich denn Schöneres wünschen. Ich machte hundert Fotos vom Strand, weil er so schön war.
Die Kollegen witzelten am Telefon: Lass mir den weißen Hai grüßen! Trink ein Krügel auf mich! Für mich auch eins! Sie haben mir über Programmierfehler, Gerüchte und eine heftige Feier im Nebenzimmer berichtet.
Eine Hotelgästin fragte, ob ich o. k. sei. Ich antwortete ziemlich unhöflich, da zog sie beleidigt ab.
Dann habe ich einen Ausflug mit dem Bus mitgemacht, die ganze Zeit die Kopfhörer drauf, mit niemandem geredet. Ich sah den Touristen zu.
Meine Leere.
Nachmittags telefonierte ich wieder mit Kollegen über alltägliche Dinge. Diese Gespräche halfen schließlich.
I ch hatte wegen der Idylle den Boden verlassen. Sie war so unwirklich.
Diese Telefonrechnung.
D ann haben wir beide wieder telefoniert. Meine Uhr stand still, wie ich dir berichtet habe. Ich hatte die Uhr an dem Tag, als wir uns kennengelernt haben, gekauft. Sie stand still, bis wir telefonierten. Dann fing sie wieder an zu gehen.
A lles nur ein lustiger Zufall, klar. Doch ich konnte nicht lachen.
Die Uhr ist jetzt ein Andenken. Ich habe mir dort eine neue Uhr gekauft. Sie hat römische Ziffern. Jedoch ist die Vier falsch geschrieben: IIII.
Geschwommen bin ich trotz allem viel. Mir tut das rechte Knie weh, ich schwimme nämlich ganz falsch, das weiß ich. Zuletzt waren ziemlich hohe Wellen. Da schwamm ich weit hinaus, bis dorthin, wo sie sich noch nicht brachen.
Gegen Ende des Urlaubs hörten die Schwierigkeiten langsam auf. Am Freitagabend schaute ich mir einen lustigen Film an. Dann kaufte ich noch ein paar Andenken.
Am Samstag trank ich zwei Mal Cappuccino auf der herrlichen Terrasse direkt am Strand, blickte übers Wasser bis zum Horizont und fand das so schön. Die Kellner waren coole Typen, besonders der Oberkellner.
Abends wurde die Halle wieder für eine Hochzeit geschmückt. Wie anders die Dekoration war. Diesmal waren es bunte Blumen mit bunten Glasperlenketten. Und ich dachte wieder, wie schön es doch gewesen wäre, mir dir hier unsere Hochzeit feiern zu können. Genau, wie ich es auch eine Woche zuvor gedacht hatte. Doch diesmal tat es nicht weh.
Der Blick auf etwas kann sich stark verändern. Das ist Lernen.
Am letzten Tag schließlich war das Meer ruhig wie nie zuvor. Ich musste beim Schwimmen endlich kein Salzwasser mehr schlucken. Ein Glasbodenboot trieb in der Bucht und ein Fischschwarm wich in Richtung Ufer aus. Ich schwamm inmitten silbriger Fischchen wie eines von ihnen.
Die allerletzte Runde vor dem Einp acken schwamm ich für Marlene .
Beim allerletzten Kaffee lächelte mir ein Kellner zu, s o sonnig und freundlich, dass ich richtig froh wurde.
Am Flughafen kaufte ich eine CD für dich. Den Kollegen musste ich unbedingt zwei Flaschen Ouzo mitnehmen. Ich hoffe, dass ich sie nicht selbst austrinke. Auch für meine Mädchen, für deine Kinder, deinen Mann und für Oma habe ich etwas gekauft.
Hier zu Hause sieht es jetzt aus wie in einem Gemischtwarenladen.
Vom Rückflug habe ich dir bereits erzählt.
Und dann noch zu – nein, ich bin jetzt doch schon zu müde. Morgen.
Du hast wirklich einen sehr lieben Mann und ich wüsste mir keinen besseren für dich, meine beste Freundin. Ich bin sicher, dass dein Mann viele gute Eigenschaften hat. Ich kenne sie nicht, um sie dir jetzt aufzählen zu können. Aber du
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