Im Auftrag der Liebe
herausfinden, ob sie die begrabene Leiche war, das war eigentlich das Wichtigste. Immerhin trug das Skelett Michaels Verlobungsring. Und sie war die Letzte, die den Ring gehabt hatte.
Und zweitens wollte ich, falls Jennifer nicht auf geheimnisvolle Art und Weise verschwunden war, meinen Plan in die Tat umsetzen, die beiden wieder zusammenzuführen, Skelett hin oder her. Ich hoffte auch, dass sie uns darüber aufklären konnte, bei wem Michaels Familienerbstück gelandet war.
»Wie heißt die Dame?«
»Jennifer Thompson.«
Sean zog einen Block aus seiner Schreibtischschublade und machte sich Notizen. »Ist sie krankenversichert?«
Ich zuckte mit den Achseln.
»Warum suchen Sie sie denn?«
»Das ist für einen Kunden«, erklärte ich ausweichend. »Sie können doch sicher herausfinden, ob sie verheiratet … oder vielleicht tot ist, oder?«
»Tot?«
»Rein theoretisch.«
»Das ist ja eine tolle Theorie.«
Darauf erwiderte ich nichts. Über das Skelett brauchte ich ihm nun wirklich nichts zu erzählen.
»Na gut«, fasste er zusammen, »eine junge Frau namens Jennifer Thompson. Ein Kinderspiel. Es gibt ja auch mit Sicherheit nur etwa ein paar Tausend Jennifer Thompsons in der Gegend.«
Ich rutschte auf meinem Stuhl hin und her. »Ihren Spott können Sie sich sparen.«
Sein Mundwinkel verzog sich zu einem kleinen Grinsen. »Dabei ist der doch meine Spezialität. Haben Sie noch andere Informationen über die Gesuchte?«
»Sie war auf der Boston University und hat vor etwa sechs oder sieben Jahren ihren Abschluss gemacht. Ihre Familie wohnte früher in Weymouth Landing, und sie hat am 11. Mai Geburtstag.«
Er schrieb mit. »Das hilft uns schon weiter.«
Mein Handy ließ eine jazzige Jingle-Bells -Version erklingen. Ich fischte das Telefon aus meiner Tasche, schaute auf die Nummer und stöhnte. Es war Dovie. Ich unterdrückte den Anruf und ließ das Handy wieder in den Tiefen versinken, aus denen ich es hervorgeholt hatte.
»Entschuldigung«, murmelte ich.
» Jingle Bells? Es ist doch gerade mal November.«
»Für weihnachtliche Stimmung ist es nie zu früh.«
Er lächelte, was bei mir so wildes Herzklopfen auslöste, dass ich eine Sekunde lang schon dachte, ich würde denselben Ausflug ins Krankenhaus unternehmen wie mein Vater.
»Ich kümmere mich darum, mal sehen, was dabei so herauskommt. Ich melde mich schnellstmöglich mit neuen Erkenntnissen.«
»Ich weiß ja, dass Sie viel zu tun haben«, sagte ich und dachte daran, wie er am Telefon über die Akten gesprochen hatte, die sich auf seinem Schreibtisch stapelten.
Allerdings war sein Schreibtisch völlig leer, mal abgesehen von dem Block und einem Stift, dem Telefon und einem Foto von zwei zauberhaften kleinen Mädchen – Sams Töchtern, Seans Nichten.
Offensichtlich wollte Mr Donahue nicht nach Hause und hatte sie angelogen, seine – ich suchte nach einem Ehering – Freundin?
Sein Blick forderte mich auf, doch nachzufragen.
Nein. Das konnte er vergessen.
Aus irgendeinem Grund hatte ich das Gefühl, dass es besser wäre, mich von Sean fernzuhalten. Ich stand auf und griff nach meinen Unterlagen. »Danke für Ihre Hilfe.«
»Danken Sie mir nicht zu früh.«
Ich machte eine Kopfbewegung in Richtung Tür. »Ich finde schon allein raus.«
Ich ging langsam die Treppe hinunter. Mein Herz fühlte sich immer noch komisch an, als hätte es ein paar Schläge ausgesetzt, abgesehen vom Herzklopfen vorhin.
Draußen hatte es die Reporterin endlich aufgegeben. Ich wartete auf Raphael, der vermutlich eine Runde um den Block drehte, da auf der Beacon Street keine Parklücke frei war.
Derweil zog ich mein Handy hervor, sah, dass Dovie eine Nachricht hinterlassen hatte, und hörte die Mailbox ab.
»LucyD, ich habe endlich einen Mann für dich gefunden! Den habe ich heute auf dem Hingham Market kennen gelernt, er arbeitet da als Metzger. Ein Schatz. Ein richtiger Schatz. Oh, und er heißt Butch. Der Typ ist einfach perfekt für dich. Ich muss dann mal los. Ciao!«
»Nein, nein, nein, nein«, murmelte ich.
Raphael hupte.
Ich öffnete die Tür, kletterte ins Innere des Wagens und sank auf dem Sitz zusammen.
Nach einem prüfenden Blick fragte Raphael: »Soll ich dich nach Hause fahren?«
»Nein danke, die Fähre ist schon okay.« Die halbstündige Überfahrt würde mir helfen, einen klaren Kopf zu kriegen.
»Kein guter Tag, Uva?«, hakte er nach.
Mal sehen. Meine Eltern hatten die Stadt verlassen und mir die Verantwortung für eine Firma übertragen,
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