Im Auftrag der Liebe
verändert.
Mein Handy klingelte und schreckte mich auf. Ich warf einen Blick auf das Display. Schon wieder Dovie.
Für meine Großmutter und ihre Kuppelei hatte ich jetzt keinen Nerv.
Ich startete den Wagen und folgte der Route, die meine Vision mir vorgegeben hatte. Ein paar Minuten später erhellten die Autoscheinwerfer die beiden Metalltore zum dunklen Parkplatz des Great Esker Park.
Ich blieb im Wagen sitzen und starrte auf die Stelle, wo der Fußpfad begann, stieg aber nicht aus. Dazu konnte ich mich nicht überwinden. Es war zu dunkel. Zu kalt. Zu unheimlich.
Mein Handy klingelte schon wieder und erschreckte mich zu Tode. Ich kannte die Nummer auf dem Display nicht und ging nicht ran, weil ich befürchtete, es könnte ein Reporter sein, oder, schlimmer noch – Butch, der Metzger.
Eine Sekunde später piepte das Telefon. Ich checkte die Mailbox. Als ich Sean Donahues Stimme vernahm, überwältigte mich ein sehr ursprüngliches, primitives Verlangen.
So viel also zu meinem Plan, nicht mehr an ihn zu denken.
»Lucy, ich wollte Ihnen nur Bescheid sagen, dass ich inzwischen an Ihrem Auftrag arbeite. Ich muss noch ein paar Dinge überprüfen und rufe Sie dann so in einer Stunde zurück.«
Er hatte grußlos aufgelegt.
So langsam wurde es im Auto empfindlich kalt. Ich fummelte an der Heizung herum, konnte mich jedoch nach wie vor nicht dazu überwinden, auszusteigen und mich ein wenig umzusehen.
Eine Frage schoss mir immer wieder durch den Kopf, während ich dasaß und mir Mut zuredete.
War Jennifer tot?
Ich blickte zu den Bäumen, die an einem steilen Abhang aufragten. Hatte sonst noch jemand Zugang zu dem Ring gehabt? Michael hatte schließlich erklärt, dass er Jennifer schon seit Jahren nicht mehr gesehen hatte … sie quasi von der Bildfläche verschwunden war.
Und aus irgendeinem Grund drängte sich mir der Gedanke auf, dass Michael hier schließlich ganz in der Nähe wohnte.
Wie nahe eigentlich?
Diese Frage brachte mich dazu, zurück zum Dunkin’ Donuts zu fahren und mir endlich diesen Latte zu holen. Ich reichte dem müde wirkenden Kassierer das Geld und fragte nach dem Weg zu Michaels Adresse, die ich aus seiner Mappe ablas.
Nach etwa fünf Meilen erreichte ich seine Straße, eine Sackgasse, und rollte auf der Suche nach der richtigen Nummer langsam weiter. Nur zehn Häuser gab es hier, und Michael wohnte in dem an der Ecke. Am Ende der Sackgasse erhoben sich dunkle Bäume, und das trübe Licht der uralten Straßenlaterne reichte nicht aus, um den gesamten Bereich zu erleuchten.
Vor dem kleinen Häuschen mit Mansardendach befand sich ein bescheidenes, aber sauber und ordentlich gehaltenes Grundstück. Weit und breit kein Gartenzaun zu sehen.
Das beantwortete meine Frage – er wohnte nun wirklich nicht in der Nähe des Parks.
Ich entspannte mich ein wenig und gab mir selbst gegenüber endlich zu, was ich die ganze Zeit nicht zu denken gewagt hatte. Dass Michael womöglich etwas mit dem Skelett in dem Wäldchen zu tun haben konnte.
Jetzt war es an der Zeit, hier zu verschwinden. Ich wollte nun wirklich nicht dabei erwischt werden, wie ich vor seinem Haus herumschnüffelte.
Als ich vorwärtsrollte, um zu wenden, trat plötzlich wie ein Geist eine Gestalt aus dem Wald am Ende der Straße. Ein Hund sprang um die Füße des groß gewachsenen Mannes herum. Die Scheinwerfer meines Wagens erleuchteten sein Gesicht. Es war Michael.
Mist.
Aus der Nummer kam ich nicht mehr raus. Langsam öffnete ich das Fenster.
»Ms Valentine?«, fragte er und kniff die Augen zusammen. »Was machen Sie denn hier?«
Ja, was machte ich eigentlich hier? »Hm, ich, äh, ich schaue mir gerne an, wo meine Kunden so leben. Damit ich mir ein besseres Bild von ihnen machen kann. Und nennen Sie mich doch bitte Lucy.«
Er nickte anerkennend. »Sie sind ja wirklich gründlich.«
Gründlich. Genau. Damit konnte ich leben.
»Lucy, das ist Little Rabbit Foo Foo. Ich nenne sie einfach Foo«, erklärte er und strich dem Golden Retriever über den Kopf.
»War sie denn so ungezogen?«, fragte ich und betrachtete den Hund, der sein Herrchen anhimmelte.
»Sie kennen das Buch?«, entgegnete Michael mit tiefer und seltsam wohltuender Stimme.
»Ich hab mal in einer Kindertagesstätte gearbeitet.«
Er lachte. »Als Welpe war sie ganz schön anstrengend. Und hier wohne ich also.« Er zeigte auf das Haus. »Es ist nichts Besonderes, aber mein Zuhause.« Sein Atem bildete in der kalten Luft weiße Wölkchen. »Soll ich Sie
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