Im Auftrag der Liebe
kratzten mich am Mund, als ich ihn mit einem raschen Kuss begrüßte – wenn mein Vater nicht in der Stadt war, rasierte sich sein Chauffeur nicht.
Als wir endlich im Wagen saßen, fragte Raphael: »Warum hast du es denn so eilig, zur Arbeit zu kommen?« Er zog sich den Sicherheitsgurt über die Brust.
Auch ich schnallte mich an und stellte meine Tasche auf den Boden. Ich hatte die Mappen eingepackt, die ich gestern mit nach Hause genommen hatte, und Klamotten für meine Verabredung am Abend. »Ich will nicht zu spät zu meinem ersten Termin kommen.«
»Hm-hm.«
Eine strahlende Morgensonne vertrieb die Wolken am Himmel. Die Temperaturen stiegen langsam an, und warmes Wetter war gut für den kleinen Max – wenn er sich denn wirklich in dem riesigen Park verirrt hatte. »Okay, spuck es aus«, knurrte ich.
»Was denn?«
»Wenn du mir mit ›hm-hm‹ kommst, heißt das normalerweise, dass du mir damit irgendetwas sagen willst und ich einfach zu blöd bin, um das selbst zu sehen.«
Er lächelte, und seine dunklen Augen strahlten warm. »›Blöd‹ ist jetzt nicht gerade ein Wort, das ich benutzen würde, um dich zu beschreiben.«
»Du weichst mir aus.«
»Hattest du schon Gelegenheit, nach jemandem für mich zu suchen?«, fragte er.
»Jetzt weichst du mir erst recht aus.«
»Ich bin eben einsam, Uva.«
Ich hatte ganz stark das Gefühl, dass er mich gerade aufs Glatteis führte, aber in seinen Worten schwang auch Wahrheit mit. Und darüber konnte ich mich nun wirklich nicht lustig machen. »Ich kümmere mich heute noch darum.«
Der Verkehr kroch voran. Die Sonne stand tief am Horizont und stieg langsam auf, Stückchen für Stückchen, über die Wolkenkratzer, hinauf in den tiefblauen Himmel. Ich klappte die Sonnenblende herunter, um meine Augen vor den Strahlen zu schützen. Der Wagen roch immer noch angenehm neu, und dieser Duft vermischte sich mit dem des luxuriösen Leders. Meinem Vater war es wichtig, sich alle neun Monate ein neues Auto zuzulegen.
»Was ist denn so dein Typ?« Die Vorstellung, für Raphael eine Partnerin finden zu müssen, versetzte mich in Angst und Schrecken, obwohl ich mich seltsamerweise auch darauf freute.
»Sag du es mir.« Er stellte gleichzeitig Radio und Heizung neu ein. Dann legten sich seine langen Finger um das Lenkrad und klopften den Takt der Musik mit – ein uralter Song von Men at Work.
Ich kannte Raphael bereits mein ganzes Leben, hatte ihn aber noch nie zusammen mit einer Frau gesehen. Ihn noch nicht einmal dabei erwischt, dass er auf der Straße einer hinterherschaute. Falls ihm ein bestimmter Typ zusagte – groß, klein, schlank, mit Kurven, blond, brünett oder rothaarig –, dann hatte er mir das nie verraten.
Und das sagte ich ihm auch.
»Hm-hm.«
»Nicht schon wieder!«
Er lachte, ein warmes, tiefes Lachen, das seine Brust erbeben ließ. »Du kennst mich doch besser als jeder andere, Uva. Du hast alle Informationen, die du brauchst.«
Mir dämmerte langsam, dass das Zusammenführen von Paaren wesentlich schwieriger war, als es aussah.
Ich schaute aus dem Fenster, betrachtete das Gedränge auf den Bürgersteigen und dachte über Raphael nach, über seine Ticks, seinen Charakter, über das, was ihm gut gefiel und was er nicht mochte.
Wir hielten an einer roten Ampel, und er trommelte mit den Fingern auf dem Lenkrad weiterhin den Takt, während er geduldig darauf wartete, dass ich ihm erzählte, auf welchen Typ er stand.
Das war wirklich typisch.
»Okay.« Ich zählte meine Punkte an den Fingern ab: »Sie muss Humor haben, loyal und treu sein und hart arbeiten. Sie muss so selbstständig sein, dass es ihr nichts ausmacht, wenn du Überstunden machst … allerdings«, ich sah ihn an, »muss sie dazu bereit sein, sich von Zeit zu Zeit von dir verwöhnen zu lassen. Und so wie du sollte sie sich auch für gutes Essen erwärmen können sowie ein gutes Buch, Musik aus den Achtzigern und das Meer mögen. Sie muss auf jeden Fall ein Fan der Red Sox sein. Sie sollte gerne reisen und kein Problem damit haben, dass du dir gelegentlich eine Zigarre ansteckst. Und ich würde mich für jemanden entscheiden, der gerne redet, weil du viel zu ruhig bist. In einer Beziehung sollte keine Stille herrschen.«
Das brachte ihn zum Lächeln.
»Außerdem sollte sie dir eine wahre Freundin sein.« Ich lehnte mich im Sitz zurück, als wir vor Valentine Inc. hielten.
»Wie hört sich das an?«
Er nickte. »Ein guter Anfang.«
Ich lachte. »Jetzt muss ich diese Frau nur noch
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