Im Auftrag der Liebe
den nächsten Bus ins Innere des Parks wartete. Ich stieg ein und setzte mich ans Fenster.
Gerade als der Bus losfuhr, schaute Katherine O’Brien hoch. Sie konnte mich in der Dunkelheit nicht sehen, dennoch hatte ich das Gefühl, dass sie mir direkt in die Seele blickte. Und ich gab ihr stillschweigend das Versprechen, dass ich mein Bestes geben würde, um ihr ihren kleinen Jungen zurückzubringen.
Aber ich wurde das Gefühl nicht los, dass mein Bestes nicht gut genug war.
In meinem Häuschen schien kein Licht, als ich nach Hause kam. Es war schon weit nach drei Uhr morgens.
Sobald ich zur Tür hereintrat, fiel ich vor körperlicher und emotionaler Erschöpfung aufs Sofa.
Ich saß kaum auf der Couch, da sprang Grendel auch schon auf meinen Schoß und spielte mit der Pfote an meinem Reißverschluss herum. Ich machte Licht und war erleichtert, als ich sah, dass Dovie nach ihrer kleinen Dinnerparty bei mir aufgeräumt hatte.
Und ich war wirklich froh, dass sie Butch nicht eingeladen hatte, doch bei mir zu übernachten. Das würde ich meiner Großmutter durchaus zutrauen.
Ich versuchte, Grendel nicht beim Treteln zu stören, während ich mich aus dem Mantel schälte und mir die Schuhe auszog. Ich winkelte die Beine an, rollte mich zusammen und kraulte meinen Kater an den Ohren. Er schnurrte wohlig.
Die Suche nach dem kleinen Max O’Brien hatte keine Fortschritte gemacht. Es gab keine Hinweise, keine Spur. Nichts. Noch hatte man das FBI nicht eingeschaltet, weil es keine Beweise dafür gab, dass er entführt worden war. Es kam mir so vor, als hätten die Ermittlungen einen toten Punkt erreicht.
Die meisten Freiwilligen aus der Umgebung waren um ein Uhr nachts gegangen. Ich war noch länger geblieben, hatte mich mit einer geliehenen Taschenlampe durch den Wald gekämpft und nach Max gerufen, bis ich heiser war.
Als ich mich dann schließlich auf den Heimweg gemacht hatte, war mir aufgefallen, dass in Katherine O’Briens Blick immer noch dieser abwesende Ausdruck lag.
Ich lehnte den Kopf gegen das Sofakissen. In einer perfekten Welt würde ich morgens aufwachen und aus dem Fernsehen erfahren, dass Max gesund und munter aufgefunden worden und inzwischen wieder in der Obhut seiner liebenden Eltern war.
Aber wir wissen ja alle nur zu gut, dass die Welt eben nicht perfekt ist. Es war wesentlich wahrscheinlicher, dass am nächsten Morgen abermals Suchtrupps in den Wald aufbrechen würden, um nach dem verschwundenen Jungen Ausschau zu halten.
Ein Geräusch aus dem Schlafzimmer ließ mich zusammenfahren. Grendel protestierte fauchend, hielt sich aber an mir fest. Er war so ein Angsthase.
Ich hörte das Quietschen wieder und fragte mich, was wohl so einen Laut von sich geben würde. Es klang überhaupt nicht bedrohlich – eher irgendwie mechanisch.
Ich stand auf und wollte Grendel absetzen, aber er fuhr die Krallen aus und klammerte sich an meinen Blazer. Die kurze Panik, dass Butch vielleicht doch über Nacht geblieben war, verpuffte, als ich einen Blick in mein Schlafzimmer warf. Das Bett war leer.
Ich schaltete das Licht an, sah mich um und blinzelte erstaunt, als ich etwas auf meiner Kommode entdeckte – einen Käfig aus Plastik.
Grendel zog die Krallen zurück und sprang auf den Fußboden, den Schwanz in die Luft gereckt. Er war offensichtlich kein großer Fan von Marisols neuestem Geschenk.
Der bunte Käfig stand ohne Nachricht oder Gebrauchsanweisung da. Nur zwei Tüten lehnten daran – Futter und Snacks. Hamsterfutter und Hamstersnacks. In einem Laufrad aus Metall hockte ein winziger schwarz-weißer Hamster, die Pfötchen in der Luft. Ein Auge starrte mich intensiv an. Das andere war zugenäht worden.
Grendel strich mir um die Beine, als ich die Käfigtür öffnete und das Tierchen an meinen Fingern schnüffeln ließ. In einer Ecke entdeckte ich ein Schälchen mit Futter, und ein Tunnel führte zu einer Wasserflasche. Unter Sägespänen verbarg sich ein Häuschen aus Plastik. Nach einer Sekunde fing der Hamster an, sich wieder seinem Lauftraining zu widmen, die kleinen Beinchen sausten.
Ich schloss die Käfigtür und setzte mich aufs Bett. Augenblicklich hopste Grendel wieder auf meinen Schoß.
»Was sollen wir denn mit einem einäugigen Hamster?«, fragte ich ihn.
Er sah mich an, als wollte er sagen, dass er ganz genau wusste, was er mit einem so aufdringlichen Nager anfangen würde – wenn er nicht solche Angst vor ihm hätte.
Morgen würde ich Marisol anrufen und mir die ganze Geschichte
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