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Im Auftrag der Liebe

Im Auftrag der Liebe

Titel: Im Auftrag der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Webber
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fit war, immerhin hatte sie gestern Abend vermutlich ihren Anteil an drei Flaschen Wein getrunken.
    »Suzannah hat mich angerufen. Sie hat sich heute frei genommen, um weiter nach dem kleinen Jungen zu suchen.«
    »Und warum hat sie sich nicht bei mir gemeldet?«
    »Sie hat es ja versucht, aber bei dir zu Hause war besetzt und dein Handy war aus.«
    Besetzt? Auf einmal fiel der Groschen – Grendel. Es war eines seiner Lieblingsspiele, den Hörer vom Telefon herunterzuwerfen. Ich sah auf mein Handy. Tatsächlich, ich hatte es noch nicht eingeschaltet. Abgesehen von Suzannahs Anruf war mir ebenfalls einer meiner Mutter entgangen. Sie hatte mir eine kurze Nachricht hinterlassen, in der sie erklärte, dass sie das Hotel wechselten, nicht aber, warum.
    »Suz hat mich danach angerufen.« Dovie suchte in einem Stapel Papiere herum. »Und darüber bin ich wirklich froh. So eine Gelegenheit lasse ich mir doch nicht entgehen.«
    Ich hatte überhaupt keine Zweifel, dass Dovie mich bei meinem Vater anschwärzen würde, weil ich spät dran war. Immerhin war sie hinter meinem Job her. Einen Moment lang fragte ich mich, warum sie mich denn nicht geweckt hatte, um mich in die Stadt mitzunehmen. Aber die Antwort darauf kannte ich bereits – ich hätte etwas dagegen gehabt, dass sie einfach so Suzannahs Aufgaben übernahm. Und auf diese Art und Weise hatte sie eben ihren Willen durchgesetzt.
    Sie grinste mich an und pickte eine Fluse von ihrer dunkelblauen Bundfaltenhose, die sie vom Schneider an ihre zarte Figur hatte anpassen lassen. Sie hatte die Ärmel ihres weißen Hemdes hochgekrempelt, es fiel locker über die Hose. Die obersten vier Knöpfe waren offen und ließen ein weißes Spitzenunterhemd hervorblitzen. An den Handgelenken tummelten sich die üblichen Armreifen. Sie hatte ihre Haare mit zwei Essstäbchen hochgesteckt, ihre grünen Augen leuchteten vor Aufregung, und ich wollte ihr nun wirklich nicht den Spaß verderben.
    »Ist Dad darüber informiert, dass du hier einspringst?«
    Bei dem Wort »einspringen« zuckte sie zusammen, schob meine Bedenken jedoch mit einer Handbewegung beiseite. »So ein Unsinn. Ich habe deinen Vater zur Welt gebracht. Ich habe in dieser Familie das Sagen.«
    Ich lächelte. Ich fand es toll, wenn Dovie sich behauptete. Obwohl mein Vater womöglich den nächsten Herzinfarkt erleiden würde, wenn er herausfand, dass sie sich im Büro eingeschlichen hatte. Dovie neigte dazu, die Dinge … zu verkomplizieren.
    »Und du brauchst schließlich Hilfe. Gib es zu, ohne Suz bist du hier doch völlig aufgeschmissen.«
    Ich befürchtete, dass ich mich mit Dovie an der Rezeption noch viel aufgeschmissener fühlen würde.
    Das sagte ich ihr aber nicht, manches bleibt besser unausgesprochen. Vor allem, wenn die Person, gegen die es sich richtet, die eigene Vermieterin ist.
    »Jetzt schau nicht so besorgt drein«, bat sie. »Ich werde doch nur hier am Empfangstisch sitzen, ans Telefon gehen, mit den Kunden sprechen, toll aussehen – ist das Hemd nicht fantastisch? – und mich um meinen eigenen Kram kümmern.«
    Ich würde wirklich Ärger bekommen, wenn mein Vater das herausfand.
    »Das Hemd ist super. Chanel?«
    »Dior.«
    Ich hatte leider wenig Geld für Designerklamotten, obwohl ich gerne in klassische Stücke investierte. Die waren zwar teurer, man brauchte aber nicht jedes Jahr etwas Neues. Heute trug ich eine cremefarbene Hose, einen braunen Kaschmirpullover und braune Schuhe mit Pfennigabsatz, die ich bei Macy’s im Schlussverkauf ergattert hatte. Nicht schlecht, allerdings nicht auf Augenhöhe mit Dior oder Chanel. Aber für dieses Leben hatte ich mich eben entschieden, als ich mich von meinem Treuhandfonds losgesagt hatte.
    Ich schloss die Tür und bemerkte, dass Dovie bereits das Feuer im Kamin entzündet hatte. Die Flammen züngelten an den falschen Scheiten aus Keramik empor. Die Kissen auf der Couch waren aufgeschüttelt worden und erwarteten die ersten Kunden des Tages.
    Panik überkam mich. Konnte ich das wirklich durchziehen? Man musste sich doch nur einmal ansehen, wie mein erster Tag ausgesehen hatte. Klar, ein paar meiner Treffen waren ganz gut verlaufen. Aber dann hatte es da noch die Sache mit Michael Lafferty und dem Skelett gegeben.
    Früher oder später würde ich mich um die Tote kümmern müssen, und ich wollte mir gar nicht ausmalen, was das für unser Geschäft und den Ruf der Familie bedeuten konnte. Ich musste die Polizei dazu kriegen, den Leichnam zu »entdecken«, ohne dass ich

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