Im Auftrag der Liebe
oder?«
Allerdings. Aber konnten wir es beweisen, um Michaels Namen reinzuwaschen? Das war die große Frage. Na ja, das, und warum Rachel Michaels Ring am Finger trug. Das begriff ich immer noch nicht.
Geistesabwesend blätterte ich in Jennifer Thompsons Mappe herum. Hier gab es nicht viel Neues, mal abgesehen von der Information, dass sie einmal eine einstweilige Verfügung gegen Elena Hart erwirkt hatte. Nach ihrem Abschluss an der Boston University war Jennifer quasi von der Bildfläche verschwunden. Sie war einfach weg. Hatte sich in Luft aufgelöst. Und ihre Eltern und die Schwester hielten dicht.
Das verhieß nichts Gutes für eine Zukunft mit Michael.
Sean reckte sich noch einmal nach hinten, holte eine weitere Mappe vom Rücksitz und wandte sich mir zu. Im Mondlicht sahen seine Augen noch grauer aus als sonst. Leuchtend und verführerisch. »Wie geht es denn deinem Zeh?«, fragte er und legte mir die Mappe auf den Schoß.
Ehrlich gesagt, brannten und schmerzten meine Füße, aber ich wollte lieber nichts dazu sagen. Als ich die Mappe aufschlug, blieb mir angesichts des Phantombilds von mir fast die Luft weg.
Ich ließ den Kopf hängen.
Sean streckte die Hand aus und hob mein Kinn an, sodass ich ihn ansehen musste.
Das wunderbare Gefühl seiner Finger auf meiner Haut stoppte meine aufkommende Panik, als er mit der Hand meine Wange umschloss. Ich lehnte mich dagegen. Die Berührung mit meinem Gesicht löste keine Vision aus, nur wunderschöne Gefühle, die meinetwegen niemals aufhören sollten.
Unter gesenkten Lidern sah ich ihn an. Unsere Verbindung war so stark wie ein unerklärlicher Sog.
Ich lehnte mich in seine Richtung. Als unsere Lippen sich beinahe trafen, ging vor dem Haus, das wir bewachten, plötzlich das Licht auf der Veranda an.
Mein Herz klopfte enttäuscht. Sean suchte nach seiner Kamera.
J-Rod kam aus der Haustür, einen zusammengerollten Teppich über der Schulter. Sean knipste wie verrückt, während der Mann den Teppich hochhievte und in den Container warf, sich die Hände an den Jeans abwischte und zurück ins Haus ging.
»John Roddrick Dominico renoviert jetzt schon seit acht Monaten Häuser«, erklärte Sean.
»Während er gleichzeitig immer noch das Krankengeld bezieht?«
»Genau.« Er hielt die Kamera hoch. »Ich glaube, jetzt habe ich für meinen Kunden genug Beweismaterial zusammen. Bereit für die Heimfahrt?«
»Eigentlich nicht.« Weil ich nicht wusste, ob die Polizei dort schon auf mich warten würde.
»Nicht?«, sagte er mit fragendem Blick.
Ich biss mir auf die Unterlippe, während ich das Phantombild auf meinem Schoß betrachtete. Wenn ich auf Seans Hilfe zählen wollte, musste er die Wahrheit wissen. Es war an der Zeit, den großen Schritt zu wagen.
Ich hoffte nur, er würde mich danach nicht fallen lassen.
◊ 17 ◊
E in Vorteil an IHOP war, dass sie auch spätabends noch geöffnet hatten.
Der andere waren die belgischen Waffeln.
Nichts machte mich glücklicher als belgische Waffeln.
Es war kein Zufall, dass wir hierhergekommen waren. Das war das Lokal, in dem Rachel und Elena gearbeitet hatten.
An einem Tisch ganz hinten saßen zwei Männer, aber außer ihnen und uns war der Laden um diese Uhrzeit, kurz vor Mitternacht, völlig leer. Thoreau schlummerte im Auto selig auf einer Decke.
Wir nahmen gerade Platz, als Seans Handy klingelte. Stirnrunzelnd warf er einen Blick auf das Display und unterdrückte den Anruf.
»Cara?«, fragte ich.
»Ja.« Dabei klang er nicht sehr glücklich.
Ich wollte nicht allzu neugierig sein, also faltete ich sorgfältig meine Serviette auseinander, legte sie mir auf den Schoß und biss mir eben auf die Zunge.
Eine Kellnerin schlurfte mit der Speisekarte herbei, um uns willkommen zu heißen. Sie plapperte über das Wetter und über den kleinen Jungen, den man endlich gefunden hatte.
Als ob man mich daran noch erinnern müsste.
Auf ihrem Namensschildchen stand »Tess«, und sie händigte uns die Karten aus, bevor sie ihre breiten Hüften herumschwang und sich auf den Weg zum anderen besetzten Tisch machte.
»Ein ziemliches Schwatzmaul«, bemerkte Sean.
»Das kommt uns doch bestimmt zugute.«
»Bist du sicher, dass du noch nie als Detektivin gearbeitet hast?«
Ich lächelte. »Das gehört zu den wenigen Berufen, die ich noch nicht ausprobiert habe.«
»Stimmt.«
Ich warf einen Blick auf die Karte, obwohl ich schon wusste, was ich wollte. Dann wurde mir auf einmal klar, was er da gerade gesagt hatte. »Wie jetzt,
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