Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Auftrag der Liebe

Im Auftrag der Liebe

Titel: Im Auftrag der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Webber
Vom Netzwerk:
nicht.«
    Ich hätte gerne meine Eltern um ihre Meinung gebeten, aber die hatten sich immer noch nicht gemeldet.
    Ich mahlte die Kaffeebohnen und sah dabei zu, wie Sean mit Grendel spielte, der angesichts der ganzen Aufmerksamkeit richtig aufblühte. Wir hatten für den nächsten Tag alles geplant – wir würden uns früh am Morgen auf den Weg zu Marilyns Lagerhaus machen und Rachels Sachen durchgehen. Mit etwas Glück würden wir vielleicht einen Hinweis darauf finden, wer sie umgebracht hatte. Danach würden wir nach Pawtucket zu Elena fahren. Ich war gespannt, was sie wohl zu der Sache mit dem Kästchen und zu Rachels Tod im Allgemeinen zu sagen hatte.
    »Du hast es wirklich schön«, bemerkte Sean und sah sich um.
    »Ich wohne hier unheimlich gerne. Mein Großvater hat das Anwesen damals für Dovie gekauft, als sie heirateten. Vor etwa zehn Jahren hat sie es renovieren und alles wieder in den Originalzustand zurückversetzen lassen. Beeindruckend, nicht?«
    »Wie auf einer Postkarte.«
    Ich sah zu Dovies riesigem Gebäude auf dem Felsvorsprung hinauf. In den oberen Fenstern brannte Licht. »Das Haupthaus ist eigentlich viel zu groß für einen Einzelnen, aber sie liebt es viel zu sehr, um sich zu verkleinern.« Meine Großmutter war in einer Mietwohnung in New York aufgewachsen, als eins von drei Geschwistern, die nichts außer ihrem Namen hatten. Sie hatte keine einfache Kindheit gehabt, und ich denke, dass dieses Haus für sie nicht so sehr einen sentimentalen Wert hatte, sondern ihr vielmehr Sicherheit vermittelte. Obgleich es ein Hochzeitsgeschenk von Grandpa Henry gewesen war, war ihre Ehe noch vor Ende der Flitterwochen in die Brüche gegangen.
    »Und darum wohne ich auch hier, um ihr ein bisschen Gesellschaft zu leisten. Einer der Gründe dafür, dass die Miete so günstig ist.«
    »Miete?«, wiederholte er überrascht.
    Der Duft frischgemahlener Kaffeebohnen erfüllte die Küche. »Ich habe mich vor etwa zehn Jahren von meinem Treuhandfonds losgesagt, weil ich beweisen wollte, dass ich es auch alleine schaffe. Ich habe mir selbst das College finanziert, mir selbst ein Auto gekauft und zahle selbst meine Rechnungen.«
    »Warum?«, fragte er und strich Grendel übers Fell.
    Während die Sonne langsam tiefer sank, wurde der Raum dunkler. Intimer. Und da waren wir beide also, allein bei mir zu Hause. Ich versuchte, das lieber zu verdrängen, konnte mich aber von dem Gedanken nur schwer lösen. Ich holte zwei Becher aus dem Schrank. »Damals fühlte ich mich so schuldig, immerhin konnte ich ja keine …«
    Beinahe hätte ich »keine Auren mehr lesen« gesagt. Es war für mich inzwischen so normal geworden, Sean alles zu erzählen, ich hätte fast vergessen, dass er ja nicht in das große Valentine-Geheimnis eingeweiht war. Ich musste wirklich besser aufpassen.
    »Was konntest du nicht?«
    Meine Gedanken rasten. »›Konnte‹ ist vielleicht nicht der richtige Ausdruck. Ich wollte nur einfach nicht ins Familienunternehmen einsteigen. Und deshalb hatte ich das Gefühl, dass ich all das Geld gar nicht verdiente und mich besser allein durchschlagen sollte.«
    »Wirklich nobel. Aber auch verrückt.«
    Ich lachte. »Glaub mir, ich habe mir selbst deshalb schon tausendmal in den Hintern getreten. Aber ich mag mein Leben – meistens jedenfalls. Ich sorge gerne für mich selbst. Und ich will ganz ehrlich sein – es hilft zu wissen, dass das Geld immer noch da ist und auf mich wartet.«
    »Wirst du je davon Gebrauch machen?«
    Ich zuckte mit den Achseln. »Wer weiß?«
    Er ließ Grendel runter, als ich den Kaffee aufsetzte. Ich sah dabei zu, wie Sean durch mein Wohnzimmer schritt und sich die Fotos auf dem Kaminsims ansah – von mir, meinen Eltern, Raphael, Dovie, Em, Marisol und Grendel. Meiner Familie.
    »Bist du das?«, fragte er und hielt ein Bild von mir hoch, auf dem ich vier war und mit fliegenden Rattenschwänzchen eine Sandburg baute.
    »Ja.«
    »Wie niedlich.«
    »Danke.«
    »Ist das Dovie?«
    »Welches Bild meinst du?«, fragte ich und kam um den Küchentresen herum.
    »Nein.« Er zeigte aus dem Fenster. »Ist das da Dovie, die zu uns rüberkommt?«
    Die Dunkelheit umfing die Silhouette einer Person, die den Hang zum Häuschen herunterschritt.
    »Ja. Die will vermutlich sichergehen, dass ich meine Medikamente genommen habe.«
    »Muss ich mich auf ein Verhör einstellen?«, erkundigte er sich lächelnd.
    »Das hab ich ja ganz vergessen! Sie wird dich in die Mangel nehmen, bis du schließlich schwach wirst.

Weitere Kostenlose Bücher