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Im Auftrag der Rache

Im Auftrag der Rache

Titel: Im Auftrag der Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Col Buchanan
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entwaffneten Krieger den Speer wieder in die Hand.
    »Ganz ruhig. Ich bin einer von euch.« Er deutete auf sein Gesicht, als wäre dies offenkundig.
    Die Männer sahen den jungen Krieger an. Sie wollten Bull hier und jetzt erledigen, das war deutlich zu erkennen.
    Mit einer anmutigen Bewegung rammte der junge Krieger seinen Speer in die Erde und kniete neben Bull nieder. Vorsichtig nahm er Bulls Gesicht zwischen die Hände und drehte es nach rechts und nach links. Er betrachtete die scharfen Wangenknochen und die dunkle Hautfarbe. Er sah sich die an den Schläfen eintätowierten Hörner genau an und nickte schließlich anerkennend.
    »Willkommen zu Hause, Bruder der Stämme«, sagte der junge Mann in rauer Handelssprache und half ihm auf die Beine.
    *
    Verloren und ziellos wanderte Asch durch den Regen. Er hatte den Eindruck, als wäre ihm der Kopf auf die Füße gesunken, und er gab sich ganz dem Gefühl der abgerundeten Pflastersteine unter den Sohlen seiner Stiefel hin. Er ließ sich von ihnen dorthin tragen, wohin sie gehen wollten.
    Hermes hatte ihm ein Zimmer angeboten, in dem er so lange bleiben konnte, wie er wollte. Benommen hatte Asch ihm für das Angebot gedankt, es aber abgelehnt und den Mann vor seiner Haustür stehen lassen, während die Vögel hinter ihm gekreischt hatten.
    »Ich weiß nicht, was ich jetzt tun soll, Asch. Sind wir am Ende? Ist alles vorbei?«
    Asch hatte ihm nur stumm zum Abschied gewinkt.
    Er begriff erst, dass er nach Süden in Richtung des Schildes unterwegs war, als er den Geruch von Fisch, Seetang und Salzwasser bemerkte. Er schaute unter der Krempe seines tropfenden Hutes hoch und sah die Saragssi-See und das ruhigere Wasser des östlichen Hafens vor sich. Die zahllosen Schiffe, die hier Zuflucht gesucht hatten, schaukelten auf den sanften Wellen, während einsame und hungrige Möwen schrien und durch die Regenschleier flogen. Männer mit Angeln saßen auf Hockern am Kai; sie hatten sich Ponchos mit Kapuzen zum Schutz gegen das Wetter übergeworfen. Ruhig und geduldig kauten sie auf Teerkraut herum oder rauchten Tonpfeifen.
    Auf Asch wirkten sie wie die zufriedensten Menschen der Welt.
    Von hier aus war der Schild über dem Gewirr von Allernarren deutlich sichtbar. Der Lansweg, auf dem er sich erhob, erstreckte sich weit hinaus ins Wasser, bis er in der Ferne verschwamm. Asch bemerkte nur wenig von dem gerade stattfindenden Angriff dort draußen. Rauchwolken stiegen von der äußeren Mauer auf, und gelegentlich war das Aufblitzen von Schüssen zu sehen. Alle Geräusche waren gedämpft; die Meeresbrise trug den Lärm zu anderen Teilen der Stadt.
    Er kämpfte sich weiter voran und kam zu einer lebhaften Kreuzung, die von Tavernen und Lagerhäusern umgeben war. Hier befand sich ein fliegender Straßenmarkt. Teure Kutschen versuchten sich einen Weg durch die Massen zu bahnen, die in der Hauptsache aus Händlern, auffälligen Prostituierten und gelegentlichen Banden von Straßenkindern bestanden. Vor Asch erhob sich ein steiler Fels mit baumbestandenen Straßen und hohen Marmorhäusern hinter stachelbewehrten Mauern. Es war eine Enklave der Michinè und anderer reicher Einwohner. Wenn er sich recht erinnerte, war dort oben der Kongress oder der Rat zu finden.
    Asch sah keinen Sinn darin, sich dorthin zu begeben, und schritt weiter am Hafen entlang. Die Straße machte eine Biegung um den Fuß des Hügels herum. Sie führte an einigen düsteren Spelunken und billigen Absteigen vorbei und wurde schließlich zu einem Kiespfad, der an der linken Seite von Kalkklippen begrenzt wurde.
    Hier lag der Küstenpfad schmal und windumtost zwischen den Klippen und dem Meer. Zwischen Teichen mit brackigem Meerwasser, deren Oberfläche im Regen schimmerte und zitterte, waren etliche Baracken errichtet worden. Asch ging zwischen den Hütten her und trat gelegentlich über eine Krabbe oder ein Bündel Seetang. Die baufälligen Häuser waren auf Haufen aus flachgemeißelten Steinen errichtet, und zwischen etlichen von ihnen verliefen Holzbohlen.
    Bei seinem früheren Besuchen in der Stadt hatte er schon von diesem Viertel gehört, es aber noch nie besucht. Die Stadtbewohner nannten es die Untiefen, denn bei schwerer See wurde es regelmäßig überflutet. Angeblich war es der ärmste Bezirk der Stadt; hier landeten die Menschen, die nicht mehr tiefer fallen konnten. Viele mittellose Seeleute kamen hierher und warteten darauf, dass neu eingelaufene Schiffe eine Mannschaft brauchten. Sie hatten ihren

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