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Im Auftrag der Rache

Im Auftrag der Rache

Titel: Im Auftrag der Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Col Buchanan
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sich zu rasieren.
    Das Zimmer war kaum größer als das Innere eines Schrankes und hatte eine dreieckige Decke, unter deren Balken man kaum aufrecht stehen konnte. Es roch nach Feuchtigkeit, nach Sex und dem würzigen Duft eines Räuchergefäßes, das vor dem offenen Fenster stand. Diese Art von Dachkammer nannte man in Bar-Khos Hochsitz ; sie war die Domäne der Prostituierten und Gauner sowie aller, die sich vor dem Gesetz versteckten.
    Bahm schaute hinunter auf das Mädchen, das sich gegen seine Seite rollte und ihm einen Arm über den Bauch legte.
    Ihre weiße Haut war so glatt wie Papier. Die kleinen Brüste waren genauso gerötet wie ihr Gesicht, und er lag einfach nur da und genoss das Gefühl, wie sie sich platt gegen seinen Brustkorb drückten, während die weiche Stimme der jungen Frau in seinen Ohren spielte. »Das heißt, du machst zu viel Lärm«, sagte sie mit ihrem lagosischen Akzent. Dabei fuhr sie mit der Hand an seinem Bauch herunter und strich mit ihren lackierten Fingernägeln über seine flaumigen Haare.
    »Du warst aber auch nicht gerade still«, keuchte er und spürte, wie sich seine Hoden spannten, als ihre Nägel ihn weiter erforschten. Gute Güte, er reagierte schon wieder. Von diesem Mädchen konnte er einfach nicht genug bekommen.
    Bahm fragte sich, ob er in den letzten Tagen und Wochen von einem Schatten besessen war – von einem jener Geister des Wahnsinns, die sich der Lebenden bemächtigten und sie mit ihrem unersättlichem Verlangen in eine Tragödie stürzten.
    Wenn ich bloß an so etwas glauben könnte , dachte Bahm auf seine übliche rationale Weise. Er wusste, dass er allein für diese Schwäche verantwortlich war. Er dachte an seine Frau Marlee und spürte das übliche erste Flattern der Schuldgefühle im Bauch, die ihn für den Rest des Tages nicht mehr verlassen würden. Er seufzte schwer.
    Das Mädchen neben ihm kannte dieses Geräusch inzwischen. Sie zog die Hand weg und ließ ihn in Ruhe. Dann legte sie den Kopf gegen seine Schulter und richtete den Blick ihrer blauen Augen auf die niedrigen, durchhängenden Deckenbalken über ihnen. Er betrachtete die Spitzen ihres honigfarbenen Haares, als es auf seiner Haut kitzelte.
    »Ich habe dich kaum erkannt, als ich zum ersten Mal hergekommen bin«, sagte er zu ihr.
    Sie schaute zu ihm auf. Er fand ihre Augen noch immer so bezaubernd.
    »Deine Frisur«, erklärte er und deutete mit dem Kopf auf den Kamm aus hochstehenden Haaren, der auf der Schädelmitte saß und an das Balzgehabe eines Urwaldvogels erinnerte. Er roch das Wachs, das die Haare steif machte und in Form hielt. »Damit siehst du aus wie diese reisenden Tuchoni.«
    »Gefällt es dir nicht? Meqa hat das für mich gemacht. Sie ist selbst zur Hälfte eine Tuchoni, jedenfalls behauptet sie das.«
    »Doch, ich mag es. Es ist so … exotisch.« Bahm musste an das erste Mal denken, als er sie gesehen hatte. Sie hatte mit den anderen Straßenmädchen an einer Ecke im Barbierviertel gestanden, und der leichte Regen hatte ihr die kurzen Haare in Locken um den Kopf gelegt. »Ich meine nur, dass sie so, wie sie früher waren, besser zu deinem Namen gepasst haben.«
    »Ich habe noch immer meine Locken«, schnurrte sie und wickelte sich eine davon um den Finger. Dabei blinzelte sie ihm durch ihre Wimpern zu.
    »Es reicht«, drängte er.
    »Was?«
    Für eine Weile sagte er nichts. »Ich möchte gern noch eine Weile mit dir hier liegen. Zwei Menschen zusammen in einem Zimmer. Ich bezahle dir deine Zeit.«
    Sie lächelte; es war das erste ehrliche und echte Lächeln, das sie ihm je geschenkt hatte. »Gern.«
    Das Mädchen lehnte sich gegen seinen Arm. Sie schürzte die Lippen und blies gegen ein leuchtendes Stäubchen, das sie auf diese Weise von ihrem Gesicht ablenkte. Ihre Blicke folgten ihm, und Bahm bemerkte, dass er dasselbe tat und den Bewegungen des einzelnen Stäubchens durch die Wolke der anderen folgte, die das Zimmer erfüllte.
    Das Stäubchen trieb über einen Stapel gefalteter Kleidungsstücke zwischen dem Bett und der Wand. Schließlich verschwand es zwischen den Blättern einer Jubbapflanze in einem schartigen Holzkübel, an der eine einzelne späte Blüte klebte. Es war die Art der Lagosier, Pflanzen in Kübel oder Töpfe zu stecken und nach drinnen zu bringen. Seit dem ständigen Zustrom der lagosischen Flüchtlinge war es in der Stadt zu einer regelrechten Mode geworden; sogar Marlee hatte damit angefangen.
    Draußen flatterte eine Krähe am Fenster vorbei und stieß

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