Im Auftrag der Rache
war. Als ein Blitz die Finsternis durchstieß, sah er, wie sein Gesicht ruhig in den Himmel starrte.
Asch schloss dem Seemann die Augen und überließ ihn dem Meer.
Eine Welle hob Aschs Körper an. Einen Augenblick lang sah er die Szenerie vor ihm: Eine Küste aus weißen Klippen, dunklen Buchten, einigen hellen Stränden, ein Feuer auf einem der Berge – und die Flotte, die vom tobenden Meer durcheinandergewirbelt wurde. Die Schiffe bemühten sich, den Schutz einer Bucht zu erreichen, aber einige waren vom Kurs abgedrängt worden und schienen gegen Felsenriffe zu treiben.
Asch hatte inzwischen all seine Kraft verausgabt und versuchte, zu einem der Strände zu schwimmen, die er gesehen hatte. Aber schon nach wenigen Zügen musste er innehalten und nach Atem ringen. Er war zu müde, um weiterzumachen. Sein Kopf glitt unter Wasser. Er kämpfte sich wieder nach oben.
Trümmer schwammen überall um ihn herum. Er schlang den Arm um einen Stuhl, der mit den Beinen nach oben im Wasser trieb, und hatte kaum mehr die Kraft, sich an ihm festzuhalten. Die Dünung hob ihn abermals an. Er drehte den Kopf und sah, wie die Wellen hereinrollten.
Asch wusste, dass es nur noch eine einzige Möglichkeit für ihn gab.
Er ließ den Stuhl los und schwamm wieder, während die nächste Welle von hinten auf ihn zu brandete. Einen Moment lang glaubte er, er würde sich nicht schnell genug bewegen, um von ihr ergriffen zu werden, doch dann spürte er, wie sein Körper hochgehoben wurde, und mit letzter Kraft machte er noch einen Schwimmzug.
Die Welle packte ihn bei den Beinen und zog sie hinter ihm nach oben. Er streckte die Arme gerade vor sich aus und hob das Kinn aus dem Wasser, als die Welle immer weiter gen Himmel stieg, sich am vorderen Ende einrollte und ihn auf den Strand zu trug.
Asch ritt auf ihr, verzog das Gesicht zu einer Grimasse der Freude, und das Blut in seinen Adern sang vor Erregung.
Die Welle warf ihn auf den feuchten Sand, zog sich zischend zurück ins Meer und ließ ihn keuchend am Ufer liegen. Asch hustete, damit er wieder frei atmen konnte.
Er lebte.
*
Hauptmann Jute, der Kommandant des Küstenforts von Paschereme, spähte von den Zinnen durch den sturmgepeitschten Regen und wartete darauf, dass ein weiterer Blitz das Meer erhellte.
»Bist du sicher?«, fragte er abermals seinen Untergebenen, Sergeant Boson, einen trägen Schurken, dem Jute inzwischen in allen Dingen misstraute, es sei denn, es ging um Bosons eigene Haut.
»So sicher, wie es Tag und Nacht gibt. Sie sind da draußen. Wir sollten schnell von hier verschwinden.«
Über ihnen grollte der Donner, und ein Blitz schlug in der brodelnden Bucht ein. Der Hauptmann beugte sich vor, rieb sich den Regen aus den Augen und spürte einen Stich der Angst im Magen, als er sie sah: Schiffe, Hunderte von Schiffen, die durch die Dünung auf die Strände zuhielten.
»Heiliger, gnädiger Narr«, stammelte er und hielt sich an der steinernen Brustwehr fest. Eine Invasion , dachte er, und ihm wurde schwindlig. Eine verdammte, totale Invasion!
»Hauptmann?«, fragt Bosons Stimme durch den Nebel seines Schocks.
Der Hauptmann nickte und versuchte, klar zu denken. Er wandte sich dem Sergeanten zu und konnte es nicht verhindern, dass seine Stimme ein wenig zitterte, als er sagte: »In Ordnung, zünde das Signalfeuer an und schick einen Vogel los. Wir haben nicht viel Zeit.«
»In diesem Wetter wäre es möglich, dass sie das Feuer nicht sehen, Hauptmann. Ich würde sagen, es ist besser, wenn wir zu Olsons Fort gehen und die Nachricht dort persönlich überbringen.«
»Dann tu das!«, brüllte Hauptmann Jute.
Er drehte sich wieder um und beobachtete die Gewässer der Schnitzbucht, die ein kleiner, geschützter Einschnitt in der Perlbucht war. Die Häuser an den Hängen auf der anderen Seite dieses natürlichen Hafens waren zu dieser späten Stunde vollkommen dunkel. Jute betete darum, dass jemand im Dorf das Signalfeuer sah und die Bewohner rechtzeitig rettete.
Bei einem weiteren Blitz sah der Hauptmann, dass auf dem Strand unter ihm bereits Beiboote gelandet waren, und dunkle Gestalten huschten durch die Dünen zu dem Berg, auf dem das Fort stand.
Barmherzige Güte , dachte er. Es sind zu viele. Immer habe ich um mehr Männer für dieses Fort gebeten, und jetzt ist es zu spät .
»Wir können uns nicht gegen sie verteidigen.« Es war Sergeant Boson, der diese Worte sagte; er war bereits zurückgekehrt, nachdem er den Männern seine Befehle erteilt hatte.
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