Im Auftrag des Tigers
Hack in den Reis mischte.
Sie wusch den Eimer im Wasserbottich und sah sich nach Poh-Pan um. Wo steckte er? Er konnte ihr beim Gemüseputzen helfen … Doch dann erinnerte sie sich, daß Dan ihm befohlen hatte, die Pfähle des Drahtzauns, der die Station umschloß, durch neue Hartholzpfähle zu ersetzen.
Sie nahm den Eimer, ging die Treppe zum Haus hoch und setzte ihn wieder ab. Drüben, wo die beiden großen Sago-Palmen standen und die Piste auf den Parkplatz mündete, hatte sie ein Geräusch vernommen, nicht den üblichen Vogellärm, auch nicht das Flattern des Tukans, der dort immer herumhüpfte und auf Abfälle wartete, es war ein Geräusch, das anders klang. Anders und fremd.
Sie konnte nichts entdecken.
Auf den Flußkieseln rostete nur der alte Ford-Pritschenwagen vor sich hin, den Dan im Frühjahr aufgebockt hatte. Aus seinen Sitzen wuchs bereits das Gras.
Sie wollte gerade in die Küche gehen, da sah sie ihn …
Ein Mensch, ein Mann. Es mußte ein Mann sein … Kein Ipak oder sonst jemand, der zum Wald gehörte, sondern ein Weißer. Aber das, was sich dort bewegte, auf allen vieren, an einen Stock geklammert, ein Bein nachschleifend, sah eher aus wie ein riesiger Frosch, nein, wie eine braune, schreckliche Kröte …
Jetzt hob die Kröte den rechten Arm mit dem Stock. Dabei kippte sie um und rollte auf die Seite.
Tan warf den Eimer weg und rannte …
Ein Haus, ein Haus, ein Haus …
Nein, am Arsch bist du nicht … Noch immer nicht. Ganz am Arsch ist man selten …
Bernier atmete immer schneller, und während er vor sich hin hechelte und spürte, wie ihn die Hitze wieder hoch- und forttragen wollte, breitete sich Zufriedenheit in ihm aus: eine Chance … eine Chance … Da ist das Haus … Und das Haus hat ein Dach wie jedes andere beschissene Haus … Und es ist ein solides Haus … Es ist die Station!
Er hustete, besser: mobilisierte seine letzten Kräfte, um überhaupt husten zu können, um den ganzen von winzigen, toten Mücken versetzten Schleim loszuwerden, der seine Luftröhre quälte, doch er brachte nur ein schwaches Röcheln zustande. Scheißzeug … Selbst in den Nasenlöchern … Und sein verfluchter Fuß … schien in einem Eimer voll glühendem Blei zu stecken …
Und dann der Rücken …
Aber es geht immer weiter …
Dort steht das Haus …
Er wollte den Kopf heben. Er war zu schwach dazu. Aber das Geräusch registrierte er doch. Da rennt jemand … kommt zu dir … die Nandi kann's nicht sein … ist nicht da … der Wildhüter-Fritze auch nicht … weg … vorbeigerauscht … waren beide im Jeep … den Jeep gibt's nicht … ist nicht da …
Er hustete wieder, öffnete nun das linke Auge, hob die Hand. Sie zitterte. Verdammte Hitze … Fieber … Aber da kommt jemand … Sarong … Langes Haar … Ein Weib … ein junges Weib. Eines von diesen Waldratten-Weibern. Und hübsch …
»Tuan?«
Oh ja … bin der große Tuan … was sonst?
»You sick, Tuan?«
Spricht auch noch englisch …
Bernier stöhnte. Wieder kam die Schwäche zurück, wieder wollten die Gedanken entgleiten und strebten dem großen, schwarzen Loch zu, das sie verschlingen wollte … die ganze Zeit verschlingen …
Sick …
Er atmete, atmete immer schneller.
»Durst«, kam es mühsam aus seinen heißen, sperrigen Lippen. »I'm thirsty …«
Sie lief fort und kam gleich darauf mit einem Trinkbecher zurück. Sie hob seinen Kopf an und setzte ihm den Becher an den Mund. »Das tut gut, Tuan.«
Das Zeug war kühl und höllenbitter. Aber half tatsächlich … Er konnte klarer denken.
»Kannst du mir helfen?«
Sie nickte.
Braves Mädchen … wie ein Kind und war doch schon kräftig …
»Gib mir den Stock und hilf mir auf.«
Sie schob ihn hoch, und er brüllte seinen Schmerz hinaus. Mit seiner linken Hand umklammerte er ihre Schultern. Kräftige Schultern …
Bernier auf dem Marsch … das Super-As … erledigt jeden Auftrag … ist immer für eine Überraschung gut …
Aber die Treppe schaffst du nicht …
Er schaffte sie. Vor Schmerzen brüllend. Und dann war da ein Bett, und wieder Tee und Hände, die sich an seinem rechten Bein zu schaffen machten …
Sie alle waren dem Ruf des jungen Ipak -Boten gefolgt, doch unter denen, die aufbrachen, um das Ipak -Langhaus zu erreichen, hatten Tida und Apa Jogeh den weitesten Weg. Tida und Apa Jogeh besprachen sich und wurden sich einig, daß die Reise nicht länger als drei Tage dauern würde.
Tida bereitete den leichtesten der Einbäume des Stammes vor.
Weitere Kostenlose Bücher