Im Auftrag des Tigers
Nachbarstamm der Balangi. Er hieß Sungai, und er war jung, großgebaut und kräftig.
Er sagte: »Tara von den Ipaks will den Bali Saleng aus dem Wald vertreiben und das Lager der Fremden angreifen.«
… Und wieder hoch, Kurve, der Wagen donnert in den Abgrund, die Geschwindigkeit drückt dich gegen den Sitz, dein Herz trommelt und trommelt, und die Leute schreien wie verrückt. Aber das muß so sein – das ist Achterbahn!
Wann immer J.P. Bernier das Fieber erwischte, fuhr er Achterbahn, jagte in die Schleifen, stürzte in die Tiefe. Meist stand die Achterbahn in Muhlhouse, dem Scheiß-Kaff, wo er den Alten beinahe umgebracht hätte, nachdem er ihn im Bett mit seiner neuen Frau erwischt hatte. Oder er fand sich wieder in der Achterbahn von Marseille, das waren die Alptraum-Zeiten beim Troisième Regiment der Legion Etrangère …
Aber jetzt?
Wo steht sie jetzt?
Er fuhr nicht immer nur Achterbahn, manchmal stand er auch wieder im Bunker.
Der Bunker lag in Nong Khai, ein ganzes Stück entfernt von Bangkok, lag neben dem Garagen-Bau der Militärpolizei-Kaserne, und die Thai-MPs waren es gewesen, die ihn und die drei Mädchen aus dem Wagen gezogen hatten. Alles Jungfrauen … Frischfleisch für Singapur. Die Nutten ließen sie laufen. Ihn wollten sie fertigmachen …
Das träumt er immer wieder: Achterbahn oder Bunker. Was anderes gibt's nun mal nicht …
Im Bunker steigt das Dreckwasser bis zu den Knien, und mit einem halben Backstein klopfst du dir aus dem Topfgeschirr einen Dolch zurecht, und das Herz läuft Amok … Bumm-bumm-bumm …
So fertig, das Ding!
Wer ist draußen? Der Thai-MP! Dieser lächerliche Zwerg, seine Fistelstimme, das ist er …
J.P. Bernier stemmte sich aus dem Bett hoch.
Er spürte, wie ihm Bäche von Schweiß über Brust und Rücken strömten. Na und? Er riß die Augen auf. Auf dem Stuhl lagen seine Kleider, Hemd, Hose, sein Beutel …
Diesmal braucht er keinen Backstein. Dieses Mal muß er sich die Waffe nicht aus Blech zusammenklopfen, das Scheißding bog sich ja auch sofort, als er es dem Thai in die Gurgel stieß.
Diesmal ist es ganz einfach. Diesmal …
J.P. Bernier mußte sich am Bett festhalten, sonst wäre er umgekippt. Er schloß die Augen und atmete tief. Er wartete, bis die Kraft zurückkam. Und er hörte die Stimmen dort draußen …
Nun sprach eine Frau … Auch im Long-Khai-Gefängnis waren es die Weiber gewesen, die den Fraß brachten. Ganz ruhig jetzt …
Geht schon wieder.
Seine Hände kramten in den zerrissenen, schmutzstarren Kleidern. Nichts … Der Sack? Hier, da lag sie, da wartete sein Baby. Da hast du sie! Magazin? Steckt … Zieh sie durch. Geladen.
Na also.
Aus der kühlen, glatten Oberfläche der Pistole schien Kraft in seine Hand zu fließen, strömte in den Körper … Er stand wieder. Der Fuß? Für die Schau jetzt brauchte er nicht viel davon. Vorsichtig setzte J.P. Bernier die Ferse auf. Irgend jemand hatte sie ihm eingebunden. Wer? Ist ja nicht wichtig …
Er humpelte die drei Schritte zur Tür, holte noch einmal tief Luft, stieß die Tür auf – und da war er, der Thai, für einen Polizisten ziemlich alt, Uniform trug der auch nicht … Um so besser, Junge, dann brauchst du nicht nach deinem Halfter zu greifen … hättest du ohnehin nicht gekriegt … hast sowieso keine Chance … hättest nie 'ne Chance gehabt …
Bernier schoß.
Schoß in dieses fassungslose Gesicht mit den weit aufgerissenen, schwarzen Augen. Schoß wieder. In den Hals, in die Brust, viermal jetzt. Blut. Wo du hinsiehst, spritzt dem die rote Soße aus dem Leib. Und steht immer noch, nein, jetzt knicken ihm die Knie weg. Na endlich.
Draußen spielten die Vögel verrückt, schlugen einen Höllenkrach, weil er den Schalldämpfer nicht aufgesetzt hatte, als er den Typ fertigmachte, auch seine Ohren sangen, dabei war das hier doch eine Terrasse, aber das Echo von der Hauswand reichte aus, und seine Knie wollten nicht, und so schob er einen Stuhl heran und ließ sich drauf fallen. Da stand dieses Mädchen, glotzte ihn an, sagte nichts, glotzte nur und ihre Arme zitterten. Jung war sie, verdammt jung. Keine von diesen Thai-Weibern.
Nein. Aber die kennst du doch?
Kennst du sie wirklich?
»Putz das auf!« befahl Bernier und seine Stimme kam ihm selbst ganz komisch vor: »Wird's bald. Putz das weg! Da wird einem ja schlecht … Und dann reden wir miteinander …«
Rechts neben dem Dschungelweg steckte ein Botschafts-Stab: ein sauber geschälter, gerader Zweig aus
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