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Im Auftrag des Tigers

Im Auftrag des Tigers

Titel: Im Auftrag des Tigers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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den Drehbleistift in die Brusttasche, mit der er zuvor die Schautafeln erklärt hatte, die neben ihm am Pult angebracht waren, nahm den Kopf nach vorne und flüsterte dicht am Mikrophon:
    »So gesehen ist der Kampf unserer Organisation um die letzten Tiger dieser Erde nichts als ein weiterer Versuch, ein Warnsignal am Rand der Geleise aufzustellen, am Rand dieser Strecke, auf der wir alle in immer wahnwitzigerem Tempo dem kollektiven Selbstmord zurasen …«
    Es waren gute Sätze. Es waren Hämmer. Er hoffte es wenigstens … Und er sah seine Hoffnung bestätigt, als er das nervöse Mundwinkelzucken Andy Cleavers beobachtete, der ihm im Monitorraum die Hand auf die Schulter legte.
    »Saftig, saftig, Rick! War ja richtiggehend alttestamentarisch, was du da gebracht hast.«
    »Na, morgen bringt Bill Croft die Welt ja für euch wieder in Ordnung.«
    Bill Croft war Unter-Staatssekretär im Industrie-Ministerium und hatte in Cleavers BBC-Serie ›Der Mensch zwischen Natur und Technik‹ den Industrie-Standpunkt zu vertreten.
    »Na komm, du kennst ihn doch. Croft ist langweilig wie Schuhleder. Mit deiner Weltuntergang-Ballade hast du ihn glatt überspielt. Und mehr: Du hast dir heute hundert neue Mitglieder für die EIA zusammengebaggert. Mindestens hundert …«
    »Auf dich muß ich wohl noch weiter warten.«
    »Weiter warten, weiter warten«, zappelte Cleaver. »Weißt du das? Vielleicht hast du mich schon soweit.«
    Rick hatte gründlich genug. Von Cleaver und seiner kaltschnäuzigen Medien-Überheblichkeit, von den Kameras, den Monitoren, den Leuten, der Atmosphäre.
    »Wie ist das, trinken wir noch einen Whisky zusammen? Oder ein Bier?«
    »Ich muß leider zurück ins Büro, Andy. Ich habe noch eine Menge dort rumliegen. Außerdem …«
    Er sprach den Satz nicht zu Ende, sondern öffnete die Tür. Außerdem hatte Liz für diesen Abend eine ihrer unbarmherzig langweiligen Kunst-Parties arrangiert.
    »Mr. Martin?«
    »Ja.«
    Einer von Cleavers Assistenten hielt ihm den Stock hin.
    »Danke«, sagte Rick und fühlte die Ohren heiß werden. Wenn Armstrong sich weiter so ranhielt, würde er das Ding bald nicht mehr brauchen. Und dann – dann, dachte er, schmeißt du ihn zum Fenster irgendeines Büros raus, das genauso aussieht, wie das hier … Aber was kannst du machen? Du brauchst sie nun mal, die Cleavers dieser Welt.
    Er hinkte in die Halle und betrat einen der beiden Aufzüge. Gerade, als sich die Tür schließen wollte, vernahm er schnelle Schritte.
    Ein Fuß schob sich zwischen die zugleitenden Aluminiumflächen der Tür, ein sehr energischer Fuß in dunkelblauen Boxcalf-Pumps mit halbhohen Absätzen.
    »Rick! Moment mal, Rick.«
    Er drückte den Knopf der Automatik, und die Tür öffnete sich wieder.
    »Na, Gott sei Dank.« Viele kleine, wirre Mahagoni-Locken über einem erleichtert-nervösen Lachen. Sie hieß Judy Campell, stammte aus irgendeinem Nest in Sussex und hatte sich in London mit ihrem Talent, in dreißig Tagen ein Taschenbuch-Manuskript über jedes beliebige Thema vorzulegen, den Beinamen ›die schnelle Judy‹ erkämpft. »Peng! Ich schieße aus der Hüfte.«
    Auch Rick hatte Judy schon Themen und Material geliefert. In manchen Dingen paßte sie ihm ganz gut ins Konzept. Sie hatte Augen, die sie rollen lassen konnte wie eine Kinderpuppe, und ihre Stimme mußte sie ständig bändigen, damit sich die Worte nicht überschlugen.
    »Mensch, Rick, weißt du, wir sind doch wegen dir hier … Aber glaubst du, die Ärsche hätten mich reingelassen. Noch nicht mal Roger, dieser Wichser von Assistent. Dabei habe ich dem gerade vorgestern noch …«
    »Ist ja gut, Judy. Also, was ist los?«
    »Was los ist? Wir blieben in der Halle. Wir wollten unbedingt mit dir sprechen. Na, und dann wollten wir uns mal die Nase pudern … Und ausgerechnet in dem Augenblick versuchst du hier abzuhauen.«
    »Wir? Wer wir?«
    »Na, meine Freundin und ich. Sie kam gestern aus Los Angeles. Wir haben die ganze Nacht zusammen gequatscht, dann habe ich dich gesucht und in deinem Büro erfahren, daß sie hier mit dir die Sendung machen. Wie ist das, willst du eigentlich in diesem blöden Lift überwintern, Rick?«
    Widerstrebend verließ Rick Martin die Kabine. Er wandte den Kopf.
    »Dort drüben«, sagte Judy.
    »Oh …«
    »Oh ja.« Judy ließ all ihre Sommersprossen tanzen. Und das waren viele. »Oh – machen sie alle, die Jungs, wenn sie sie sehen. Sie sagen ›oh‹ und kriegen diese Augen …«
    »Los Angeles, Judy? Ehrlich? …«

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