Im Auftrag des Tigers
unterschiedslos und auf kläglichste Weise krepieren mußte.
Und das war noch nicht alles …
Diese ebenso idiotischen wie gefräßigen Vernichtungsvorrichtungen wurden nicht etwa in einem fernen Ozean eingesetzt, nein, sie wüteten im kleinen, längst überfischten Mittelmeer. Die hochmodernen, mit allen technologischen Schikanen ausgestatteten Trawler, die sie zogen, hatten eine wochenlange Anreise zurückzulegen, ehe sie loslegen konnten. Sie kamen aus dem südchinesischen Meer und dem pazifischen Ozean und fischten im Auftrag von taiwanischen, japanischen und koreanischen Gesellschaften.
Und sie kamen in Scharen. Über hundertzwanzig waren gemeldet. Die spanische Küstenwache hatte allein im Raum der Balearen innerhalb weniger Wochen sechsundzwanzig Boote dieser Fischerei-Piraten entdeckt. Sie hatten es auf den Thunfisch abgesehen, auf eine besondere Sorte, den rosafarbenen Thunfisch. Im asiatisch-pazifischen Raum war der ›rosa Atun‹ kaum mehr zu finden und erzielte deshalb Rekordpreise. Mit ihren bordeigenen Hubschraubern versuchten die Asiaten deshalb im Mittelmeer-Raum, zwischen Valencia und Sardinien, die Marschrichtung der Schwärme herauszubekommen. Lang würden die Bestände dieser geballten Attacke nicht standhalten.
Dies alles war schon schlimm genug.
Aber zudem – und das war der Gipfel – begannen sie ausgerechnet während der Schon- und Fortpflanzungszeit im Juni und Juli mit ihren Riesennetzen auch noch die letzten Thunfisch-Schwärme des Mittelmeeres auszuräumen …
Nach ihrer Rückkehr aus den USA lauschte eine sehr schweigsame, in sich gekehrte Maya Nandi Ricks Instruktionen. Drei Tage darauf flog sie ab. Rick machte sich Sorgen. Sie schien eine Art sportlichen Ehrgeiz entwickelt zu haben, die Risikogrenze immer höher zu legen …
Pere Pons war froh, als die schwarzhaarige Göttin die Bar verließ. Sie war einfach zuviel für ihn. Eine, nein, zwei Nummern zu groß …
Er sah den langen Beinen nach, den dunklen, schwingenden Haaren und dem ganzen Rest, der zu ihr gehörte, wandte sich wieder seinem Bier zu und schüttelte den Kopf.
Miguel, der Wirt, den sie in Puerto Colom ›el Conejo‹ nannten, starrte ihn an.
»Wie kommt einer wie du an sowas? Kannst du mir das mal sagen?«
»Komm, laß mich bloß in Frieden.«
»Tu' ich doch … Und neugierig bin ich gar nicht.« Er griff nach einer Flasche und goß den hellen Cognac in ein ziemlich dickes Glas: »Hier! Der geht auf meine Rechnung.«
»Ich will keinen.«
»Vielleicht willst du nicht. Aber brauchen tust du ihn …«
›El Conejo‹ war schmal, klein und hager, hatte einen dürren, faltigen Hals an dem ein enormer Adamsapfel auf und ab hüpfte, wenn er sprach. Es hieß, er sei einmal der beste Dorado-Fänger Porto Coloms gewesen, dann bekam er's mit dem Asthma und gab auf. Aber die Augen unter dem grauen Stahlwollehaar blieben wach und aufmerksam wie eh und je. Seine Kneipe galt als Nachrichtenbörse am Hafen. Manchmal konnte er unangenehm werden, ziemlich unangenehm.
»Was ist mit deiner Klassefrau? Was ist die? Touristin?«
»Was denn sonst?«
»Und wo wohnt sie?«
»Oben an der Punta in einem der Appartementhäuser.«
»Cojonuda!« sagte ›el Conejo‹. Es war so ziemlich das höchste Kompliment, das er zu vergeben hatte. »Und wo kommt die her?«
Pere Pons schwieg.
Er sah über die Köpfe der anderen Fischer hinweg und dann durch die große Glasscheibe des Caracola hinaus auf die Straße. Ein paar Frauen kamen vom Supermarkt. An der Tankstelle sammelten sich wie immer um diese Zeit die Halbwüchsigen, um festzustellen, wo es heute abend hingehen würde. Touristen-Autos fuhren langsam vorüber auf der Suche nach einem Restaurant.
Neun Uhr. Wo blieb Adrover? …
Die Ladung hatte er ziemlich zusammen. Fehlte nur noch Adrover mit den Getränken und dem Frischfleisch. Dann konnte er den ganzen Krempel aus seinem Lieferwagen aufs Boot laden. Nur auslaufen konnte er nicht. Das ging erst, wenn's am Hafen ruhig geworden war. Zwischen ein und zwei Uhr würde das sein. Nicht eher. In diesem Scheiß-Kaff beobachtete jeder den anderen. Die Guardia Civil gab's auch noch. Und ein Typ wie ›el Conejo‹ wollte sowieso alles wissen. Der fing schon wieder an. Woher die denn stamme? Was sie ihm erzählt habe?
Ihr Vater sei Filipino, sagte Pere Pons. Mehr wisse er nicht. Und außerdem sei ihm das scheißegal.
Er trank jetzt doch den Cognac. Und dann einen zweiten, den er selbst bezahlte.
»Scheißegal? Natürlich. Was sonst?
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