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Im Auftrag des Tigers

Im Auftrag des Tigers

Titel: Im Auftrag des Tigers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Geist hinter dem Versammlungshaus einen Altar gebaut. Dort, zwischen den Götter-Masken, legte Tara das Gewehr ab. Die beiden Kinder wohnten bei seinem Bruder. Er brachte dem Bruder Geschenke, Kleider, Gummisandalen, ein kleines Radio. Er zeigte ihm das Foto, worauf man sah, wie er im Führerstand des ›großen gelben Tieres‹ saß, während John in die Kamera lachte.
    Tara säuberte sein Haus, und die Frauen halfen ihm dabei. Sie scheuchten kichernd die Hühner hinaus, die es sich zwischen den Wänden gemütlich gemacht hatten, sie bereiteten ihm sein Bett. Sie brachten ihm zu essen. Und er ließ das neue Radio spielen. Es war größer als das seines Bruders. Und schöner. Die Frauen verdrehten die Augen zu der sonderbaren Musik, die aus den Lautsprechern kam.
    Dann erschien Dia Lavai bei ihm, Anas Nachfolger. Er war unter den Alten im Dorf zwar der klügste, doch an Ana reichte er nicht heran. Dia hinkte. Als er ein junger Mann gewesen war, hatte ihm bei der Jagd ein Wildschwein die Wade weggebissen.
    Dia scheuchte die Frauen hinaus und setzte sich Tara gegenüber.
    »Du wirst mir alles erzählen … Doch nun muß ich mit dir reden.«
    »Ja, Vater.«
    »Der D.O. war wieder hier …«
    »Und?«
    »Und? Er kam wieder durch die Luft. Mit diesem Ding, das aussieht wie eine Libelle. Und Krach macht. Und er brachte noch mehr Männer mit als das letzte Mal.«
    Tara schwieg. Ehe er zur Company gegangen war, war der District Officer im Kampong gewesen. Der District Officer war ein wichtiger Datuk, der in Moong wohnte. Er bewegte sich wie ein kleiner, aufgeregter Affe.
    »Er hat gefragt, ob jemand von uns lesen und schreiben kann. Ich habe gesagt – nein … Du, der du so weit weg gewesen bist, kannst du nun lesen und schreiben?«
    Tara zuckte mit den Schultern. »Lesen schon. Englisch. Ein bißchen. Schreiben, nein.«
    »Aber du kennst ihre Sitten. Du weißt, wie sie sind und wie sie denken. Und du kannst sogar Englisch. Der D.O. sagt, der Stammeshäuptling müsse bei ihm erscheinen, damit er einen Vertrag aushandeln kann. Ich habe ihm gesagt, wir haben keinen Stammeshäuptling. Da hat er gesagt, dann der Bürgermeister. Ich habe ihm gesagt, wir haben keinen Bürgermeister. Er hat gesagt, dann müßt ihr einen wählen.« Dia sah ihn an: »Ich habe nachgedacht. Du bist unser Bürgermeister …«
    Tara schwieg.
    Dann sagte er langsam: »Niemand geht nach Moong. Niemand von uns geht zum D.O.«
    »Aber er hat es befohlen. Und er ist der größte Datuk von allen.«
    »Es gibt noch größere«, sagte Tara. »Doch daß wir etwas unterschreiben, von dem sie sagen, es sei ein Vertrag, das tun wir nicht. Ein Vertrag ist für sie nichts anderes als ein Mittel, um zu betrügen.«
    Die Zeit verging …
    Eines Morgens, der Regen hörte gerade auf, vernahm Tara im Westen ein sonderbares Geräusch, ein fauchendes Brummen, einen Himmelstakt, der klang, als schlage jemand mit einem starken Zweig an einen hohlen Kürbis.
    Sie alle wußten, was das Geräusch bedeutete. Und da tauchte der Helikopter schon über den Baumwipfeln auf, wie ein schwarzes, bösartiges, riesiges Insekt.
    Er machte eine Kurve und setzte auf der Rodung neben dem Kampong auf. Der Krach verstummte. Aus dem Bauch der Maschine hüpften Männer ins Gras. Fünf Männer waren es. Zwei trugen Uniform und Gewehre. Polizisten … Der eine war klein, glatzköpfig und hatte ein Batikhemd an: der District Officer. Bei den anderen handelte es sich um Chinesen.
    Der D.O. umarmte Dia, als begrüße er einen langersehnten Verwandten oder gar seinen Vater.
    Das Dorf versammelte sich. Der D.O. schüttelte auch Tara die Hand. Er sprach ein wenig die Sprache der Senoi, aber dann redete er malaiisch. Im Dorf kannte man viele malaiische Worte. Man verstand sie seit die Alten und auch die Mädchen hinaufgingen nach Moong, um Tontöpfe, Pfeilköcher und die kunstvollen Rattanmatten zu verkaufen, die die Frauen fertigten. Im Bazar von Moong nahmen sie auch geschnitzte Löffel und kleine, kunstvoll gefertigte Grabstöcke. Ja, man sprach malaiisch. Und vieles, was man noch nicht kannte, hatte das Radio gebracht.
    Der D.O. aber staunte: »Du sprichst nicht nur unsere Sprache, du sprichst sogar Englisch, sagst du?«
    Tara hatte genickt.
    »Endlich ein vernünftiger Mann.« Er sagte es sogleich auf Englisch. »Endlich einer, mit dem man verhandeln kann.«
    Er winkte einem der Soldaten, und der brachte einen Korb mit Coca-Cola-Büchsen und Chiclet-Beutelchen. Er verteilte die Geschenke. Dazu

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