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Im Auftrag des Tigers

Im Auftrag des Tigers

Titel: Im Auftrag des Tigers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Hände zum Gruß. Er lächelte.
    »Selamat Pagi«, sagte Maya. »Guten Morgen. Bist du nicht Tara aus Urai?«
    Sie hatte ihn auf basamalai angesprochen, die Verständigungssprache, die viele der Wald-Nomaden beherrschten. Er antwortete englisch.
    »Ja. Und ich kenne dich.«
    »Ich war ein junges Mädchen, als wir deine Frau …«
    »Oh ja, Mam.«
    Er hatte wunderschöne, warme, lebendige Augen, doch sein Blick brachte sie zum Verstummen. Reden wir nicht davon, bedeutete er. Und sie verstand ihn …
    »Du hast Hunger, nicht wahr?«
    Wieder das Lächeln. Und keine Antwort.
    »Du mußt müde sein.«
    »Nicht schlimm, Mam. Gar nicht schlimm …«
    Urai lag etwa fünfzehn Meilen westlich der Station. Und nur wer die Dschungel-Pfade kannte und die geheimnisvollen Zeichen, mit denen sie markiert wurden, konnte dort hinfinden. Es war ihr Vater gewesen, der die Ipak davon überzeugt hatte, ein Lagerhaus zu bauen, ein paar Hühner und Ziegen zu züchten und sich Reisfelder anzulegen. Zuvor hatten sie nur von der Jagd gelebt. Wenn Tara um diese Zeit hier auftauchte, bedeutete das, daß er die ganze Nacht unterwegs gewesen sein mußte. Gut, vielleicht hatte er einige Stunden geschlafen, aber dennoch hatte er den größten Teil der Strecke in der Dunkelheit, auf diesen nackten, mit einer geradezu eisenharten Hornhaut ausgestatteten Füßen zurückgelegt. Ein unvorstellbarer Vorgang, eine geradezu wahnsinnige Leistung, aber außer einigen Kratzern an den Schultern deutete nichts darauf hin. Er schien vollkommen frisch und ausgeruht. Er lächelte schon wieder: »Du bist die Tochter des großen Tuans, die Tochter unseres Herrn Tiger-Schrei …« Er legte die Hand aufs Herz: »Ich freue mich. Ich freue mich sehr …«
    »Ich mich auch …«
    Dann wandte sie sich hastig ab. »Und jetzt werfen wir den Tuan Dan aus dem Bett.«
    »Oh nein. Er soll schlafen. Er braucht Kraft. Wir alle brauchen viel, viel Kraft. Es sind schlechte Tage …«
    Sie nickte. Was sollte sie sonst tun?
    »Me ke medai … Du brauchst keine Sorgen zu haben, Mam … Hier nicht … Auch bei uns ist alles in Ordnung. Everything okay«, bekräftigte er. »Der Bali Saleng ist gekommen. Es ist seine Zeit. Aber er ist weiter unten am Fluß … Bei den Fremden.«
    »Der Bali Saleng?«
    »Yes«, sagte er.
    Sie sah die Amuletts an seinem Hals. Und die beiden anderen kunstvoll gefärbten Tierknochen am rechten Handgelenk. Bali Saleng … Das Wort Bali kannte sie. Bali Tana war der Geist der Erde, der gute Geist der Erde, dem man Opfer bringen mußte, Früchte, Blütenkränze, einen Hahn, ehe man ein wichtiges Unternehmen begann.
    Aber Bali Saleng? …
    »Eine Frage, Dan …«, sagte Maya, während Tan, Taras Schwester, den Frühstückstisch abräumte, wobei sie immer wieder an ihrem Bruder vorbeistrich, ihm die Hand auf die Schulter legte und ihn verklärt anstrahlte. »Kennst du den Begriff Bali Saleng ?«
    Tara wandte ihr den Kopf zu. Sein Gesicht wurde aufmerksam. Und Dan Carpenter setzte seine Teetasse ab.
    »Natürlich. Wie kommst du darauf?«
    Sie blickte zu Tara hinüber. Steif und unbehaglich saß er nun auf seinem Stuhl.
    »Er hat vorhin davon gesprochen. Er meinte wohl, dies sei jetzt die Zeit des Bali Saleng oder so etwas Ähnliches …«
    Und Tara nickte.
    Dan Carpenter drehte ihm den Kopf zu, dann sah er wieder Maya an: »Für die Ipak und die anderen Stämme ist Bali Saleng der böse Geist des Waldes. Bali Saleng tut, was ihm gefällt. Er bringt Unheil oder tötet, wo er will. Aber das Üble an ihm ist: Er ist unverwundbar. Zumindest kann kein menschliches Leben ihn verletzen oder ihn selbst töten.«
    »Und als was tritt er auf?«
    »Oh, er kennt alle Erscheinungsformen. Manchmal als gefährliche Hexe. Oder er kommt als junger Mann von einem anderen Stamm. Das habe ich übrigens schon mal erlebt … Als der Dayung herausgefunden hatte, daß es sich bei dem Jungen um einen Bali Saleng handelte, wurden Hühner und Ziegen geschlachtet und das ganze Dorf lag auf den Knien vor Furcht.«
    »Der Dayung sagt, er ist im Camp … Bei den Fremden. Er hat die Maschinen erfaßte«, sagte Tara.
    »Was ist ein Dayung, Dan?«
    »Ein Schamane, der Medizinmann.«
    »Aber wieso Maschinen?«
    »Wieso? Das ist ziemlich einfach, Maya. Bali Saleng kann die Form eines Menschen oder eines Buschs, eines Baums, eines Tiers, einer giftigen Liane, eines Felsens, eines Hornissen-Schwarms oder weiß der Teufel was annehmen. Wieso nicht zum Beispiel auch die Gestalt eines Bulldozers?«
    Er

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