Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Auge der Sonne: Roman (German Edition)

Im Auge der Sonne: Roman (German Edition)

Titel: Im Auge der Sonne: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
Vom Netzwerk:
Wasser zu trinken, aber kein Essen zu sich zu nehmen, ehe sie wieder in einen Schlaf fiel, der kein Schlaf war.
    Und Hannah … Seit man Tamars Leiche im Olivenhain gefunden hatte, war die Ehefrau von Elias in sich gekehrt; auf ihre Mithilfe beim Flicken, Weben oder Brotbacken konnte man sich nicht mehr verlassen. Ganze Nachmittage lang saß sie einfach da und starrte ins Leere.
    So vieles, um das man sich kümmern musste!
    Jetzt kam noch das Gerücht hinzu, dass der König von Ugarit sehr krank sei, dass man ranghohe Priester gerufen habe, dass Schriftgelehrte Tag und Nacht bereitstünden, um seine letzten Worte schriftlich festzuhalten. Der Palast hüllte sich in Schweigen. Die Minister des Königs schwiegen sich über seine Krankheit aus, weil befürchtet wurde, jemand könnte daraus Nutzen ziehen und schwarze Magie gegen ihn verwenden.
    »Die Ahnen haben nicht ohne Grund Regeln aufgestellt«, sagte sie jetzt zu Leah. »Wo kämen wir denn hin, wenn es uns einfiele, sie zu missachten …«
    »Großmutter! Großmutter!«, rief Esther aufgeregt an der Tür. »Tante Rakel ist aufgewacht!«
     
    Es wurde nach einem Sterbepriester geschickt und auch nach David. Er hatte sich im Hause des Goldes den rituellen Vorbereitungen für den Eintritt ins Noviziat unterzogen, aber darum gebeten, ihn zu rufen, sobald Rakel aufwachte.
    Leah empfing ihn an der Haustür. »Plötzlich wachte sie auf und verlangte nach ihrem Tonikum. Sie glaubt, wieder in Jericho zu sein und den Besuch ihres Verlobten zu erwarten. Gehen wir.«
    David legte die Hand auf ihren Arm, und nach einem Blick in die Halle und zu den Korridoren sagte er leise: »Du hast mir gefehlt.«
    »Und du mir.«
    Er nahm ihre Hand und drückte etwas hinein. »Nein, David, das kann ich nicht annehmen«, wehrte sie ab, als sie die silbernen Ringe sah.
    »Das ist das Honorar für ein rechtskräftiges Dokument, das ich ausgestellt habe. Einen Teil davon habe ich bereits an die Bruderschaft abgeführt. Ich brauche die Ringe nicht.«
    Tränen stiegen ihr in die Augen. Mit dem Silber konnten sie dringend benötigtes Brot und Salz kaufen. »Danke«, sagte sie, und im Stillen fügte sie hinzu: Ich liebe dich.
    In Rakels Bettkammer entzündete Avigail die Lampen und Kohlebecken und ließ zusätzliche Weihrauchschalen hereinbringen, deren parfümierter Rauch alsbald ein Stechen in den Augen verursachte. Alle versammelten sich um das Bett, um Rakels Erzählungen aus der Vergangenheit zu lauschen. Nur Saloma, deren Füße infolge der Schwangerschaft geschwollen waren, saß auf einem Stuhl in der Ecke, in ihren Armen hielt sie den kleinen Baruch.
    Leah beobachtete, wie Davids Hand über die Tontafel huschte, mit dem Stift einmal so, dann wieder so in den Ton ritzte. Er trug an diesem Abend eine andere Kleidung als sonst. Nachdem der alte Rab Yehuda als Nachfolger benannt hatte, war David der Bruderschaft als Novize beigetreten, weshalb er nicht mehr die einärmeligen Tuniken aus Lagasch trug, sondern das eng anliegende braune Hemd aus weicher Wolle und den knielangen weißen Rock der Schriftgelehrten von Ugarit. Man hatte ihm gestattet, weiterhin den symbolischen Degen des Zh’kwan-eth am linken Arm zu tragen, und weil er sich auch nicht das Haar hatte stutzen lassen müssen, fielen ihm die langen schwarzen Locken noch immer über die Schultern und machten ihn für Leah zum bestaussehenden Mann der Stadt.
    »Mein Ehemann hatte die Lust an sinnlichen Freuden verloren«, merkte Rakel gerade an. Sie saß aufrecht im Bett, nippte an ihrem Tonikum aus Selleriesaft, vermischt mit Wacholderbeeren, Petersilie und Karotten, Mohn und Kreuzkümmel. Sie schien weder den Priester zur Kenntnis zu nehmen, der mit einer Rassel klapperte und leise sang, noch den jungen Schriftgelehrten, der jedes ihrer Worte aufzeichnete. Sie lächelte Avigail und Leah, Esther und Hannah zu, sprach sie mit allen möglichen Namen aus der Vergangenheit an. »Derart lustlos war er, dass er sagte, er würde es mir nicht übelnehmen, wenn ich mich scheiden ließe. Dabei liebte ich ihn doch! Deshalb nahm ich mir vor, seiner Sinnlichkeit wieder auf die Beine zu helfen. Ein Weiser auf dem Markt wusste von einer stimulierenden Pflanze, die nur auf der Insel Minos inmitten des Großen Meers wachse – eine Minze mit purpurfarbenen Blüten, Diptam genannt. Sie sei schwer zu finden und deshalb sehr teuer, meinte er, aber das konnte mich nicht abschrecken. Sobald ich im Besitz dieses Diptams war, brühte ich es als Tee auf und

Weitere Kostenlose Bücher