Im Auge der Sonne: Roman (German Edition)
Haddad für den Pharao.«
Nachdem er einen Blick auf die Landkarte auf dem Fußboden geworfen und das Symbol der kanaanäischen Kriegsherren im Süden gefunden hatte, nickte Thutmosis kurz und nahm auf seinem Thron Platz. Wachen am Eingang des Pavillons zogen die Leinwand an der Tür beiseite, und die Delegation trat ein – acht Männer sowie ein verschleiertes junges Mädchen.
Als sie näher kamen, glaubte Leah, ihre Augen spielten ihr einen Streich. Entsetzt hielt sie den Atem an. Der Mann an der Spitze der Gruppe, das konnte doch unmöglich Caleb sein!
Während seine Begleiter zurückgehalten wurden, geleitete man den großen Mann, der unter einem schwarzen Umhang eine braune Tunika trug, vor das königliche Paar und forderte ihn auf, sich tief zu verbeugen. Während er das vorschriftsmäßig und unterwürfig tat, beobachtete Leah, wie er verstohlen von Hatschepsut zu Thutmosis und wieder zurück zu Hatschepsut spähte. Und dann glitt sein Blick zu Leah, die zu Füßen der Königin saß. Das Aufblitzen in seinen Augen verriet, dass er sie ebenso erkannte wie sie ihn. Es war tatsächlich Caleb, der Ehemann, der sie damals verlassen hatte.
Sie spürte, wie ihr die Zornesröte ins Gesicht stieg. Wie war es möglich, dass dieser abscheuliche Mensch hier auftauchte? War das ein Zufall? Gesegnete Asherah, mach, dass Calebs Auftritt nichts mit mir zu tun hat. Lass nicht zu, dass er mich als seine Ehefrau beansprucht. Verhindere, dass er mich von meinem geliebten David wegreißt …
Durch den Dolmetscher ließ Caleb den Grund für seine Mission vortragen: Er sei gekommen, um der Strahlenden Herrlichkeit Ägyptens die friedlichen Absichten seines demütigen Herrn, des Fürsten Haddad von Jerusalem, kundzutun. Daraufhin erging er sich in überschwänglichen Lobpreisungen für das königliche Paar, verwies auf das Mädchen, das nun eine Geisel der Majestäten sei, und wiederholte, dass Fürst Haddad hoffe, die Erlauchten Majestäten von Ägypten würden ihn als Freund betrachten. Als es aussah, als wäre er zum Ende seiner Ausführungen gekommen, schickten sich die beiden Wachen auf einen Wink von Thutmosis hin an, ihn wieder hinauszubegleiten.
Caleb jedoch rührte sich nicht vom Fleck. »Wenn ich noch etwas sagen dürfte, Majestät«, hob er an und fuhr, auf Leah deutend, fort: »Diese Frau ist meine Ehefrau. Ich bin gekommen, um Anspruch auf sie zu erheben.«
Thutmosis zog die Stirn in Falten. »Du hast behauptet, sie sei
deine
Ehefrau«, wandte er sich an David. »Ein Mann mit zwei Ehefrauen ist normal, aber eine Frau mit zwei Ehemännern ist verwerflich. Wer von euch beiden spricht die Wahrheit?«
Caleb antwortete sofort: »Ich bin der wahre Ehemann. In Ugarit habe ich zusammen mit dieser Frau die Ehegelübde gesprochen, die
dieser da« –
er deutete auf David, der den Thronbereich verlassen hatte – »bezeugt hat.«
»Stimmt das?«, fragte der Pharao.
»Es stimmt, Majestät, aber dieser Mann verließ …«
Mit einer Handbewegung gebot Thutmosis Schweigen. »Warum trägst du uns das vor?«, sagte er zu Caleb. »Diese Frau ist unsere Geisel. Wie kannst du da Anspruch auf sie erheben? Es dürfte dir doch einleuchten, dass du sie nicht mitnehmen kannst, wenn du zu deinem Fürsten in Jerusalem zurückkehrst.«
»Ich muss nicht nach Jerusalem zurück, Majestät. Meine Begleiter werden Fürst Haddad deine Botschaft überbringen. Ich möchte bei meiner Ehefrau bleiben.«
»Du willst aus freien Stücken unsere Geisel sein?«, mischte sich Hatschepsut ein.
»Wenn das die Bedingung ist, um mit meiner geliebten Ehefrau zusammen zu sein«, erwiderte Caleb. Wie er feststellen konnte, schien Leah gut verpflegt und umsorgt zu werden und war in feines Leinen gekleidet. Die Reisenden in Jerusalem hatten recht gehabt: Die Geiseln des Pharaos wurden gut behandelt.
»Außerdem«, fügte er hinzu, »werde ich alles tun, um zu verhindern, dass sie flieht. Dieser Mann dort« – erneut deutete er auf David – »würde sie König Shalaaman zurückbringen und Ugarit und seine Streitkräfte gegen Eure Majestäten wenden. Ich werde dafür sorgen, dass diese Frau als deine Geisel hierbleibt und sich Shalaaman dadurch deiner Gnade ausliefert.«
»Majestät«, sagte Leah und erhob sich, »ich möchte nicht mit diesem Mann zusammen sein. David von Lagasch ist der von mir erwählte Ehemann.«
Während der Pharao darüber nachdachte, meldete sich Caleb erneut zu Wort. »Ich bin bereit, für meine Rechte zu kämpfen«, sagte er und
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