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Im Auge der Sonne: Roman (German Edition)

Im Auge der Sonne: Roman (German Edition)

Titel: Im Auge der Sonne: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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während David die beiden ersten mit den Knien festhielt. Blut ergoss sich in den Sand.
    In seinem Versteck schüttelte Nobu den Kopf.
Sie lernen es einfach nicht,
sagte seine göttliche Stimme.
Aber eins steht fest: Von jetzt an werden diese Schurken nicht mehr wagen, sich einem Krieger und Schriftgelehrten in den Weg zu stellen.
    »Du hast mir das Ohr abgeschnitten!«, brüllte der eine, während sich der andere unter Wimmern den Dolch aus der Wade zog. Verängstigt blickten sie erst zu David, dann hinüber zu ihren blutenden Gefährten, tauschten zuletzt einen Blick untereinander. »Du stehst in der Gunst der Götter«, kam es resigniert von beiden, und sie hoben ihre blutigen Hände, um anzuzeigen, dass sie sich ergaben.
    Sie halfen ihren verwundeten Freunden aus dem Lager, schleppten den Toten weg und verschwanden in die Nacht. Als sie außer Reichweite waren, ging David daran, seine Dolche zu reinigen. Nobu kehrte, nachdem er das abgetrennte Ohr mit einem Fußtritt ins Dunkel befördert hatte, zum Feuer zurück. »Von Lagasch bis zum Meer«, sagte er, »in allen besiedelten Gebieten erkennt man einen Schriftgelehrten, der in der Kunst der Selbstverteidigung bewandert ist, an dem Dolch, den er um den Arm trägt, und weil man weiß, dass er sich auf die uralte Kampfsportart Zh’kwan-eth verstehst, belästigt man ihn nicht. Ganz anders diese Flegel, die nicht die geringste Ahnung hatten, mit wem sie sich da einlassen wollten. Hoffentlich bleibt dies der einzige derartige Zwischenfall auf unserer Reise, Meister, und hoffentlich respektieren die Bewohner in Ugarit deine herausragende Stellung. Denn einem solchen Gefecht zuschauen zu müssen«, fügte Nobu noch hinzu und strich sich über den Bauch, »schlägt einem doch gewaltig auf den Magen.«

    »Wir müssen herausfinden, wo es grüne Minze zu kaufen gibt, Rebekka, Liebes«, sagte Rakel, als sie mit Leah durch die belebte Straße ging. »Dein Onkel Yacov leidet an Sodbrennen.«
    Yacov war Rakels Sohn, der vor vielen Jahren bei einer Löwenjagd aus einem Wagen gestürzt und gestorben war. Dennoch blieb Rakel der ehrenvolle Titel Em Yacov erhalten. Leider konnte sie mit diesem Titel niemand mehr ansprechen – ihre Altersgenossen waren samt und sonders bereits zu den Göttern gegangen, und in der Familie war sie die »Tante«. Zur Strafe oder aber zur Belohnung für ein so langes Leben, wie Leah vermutete. Rakel schien sich damit abgefunden zu haben, schien sogar anzunehmen, dass die Verstorbenen alle noch lebten. Leah, die um den Geisteszustand ihrer Tante besorgt war, sah dennoch davon ab, dem Arzt der Familie dieses Problem vorzutragen, weil sie befürchtete, er würde Avigail einweihen, und dann müsste die arme Rakel endlose Untersuchungen über sich ergehen lassen, Priester und Wunderheiler würden hinzugezogen und Rituale abgehalten werden, um die Dämonen auszutreiben, die ihren Geist verschatteten.
    Deshalb hatte Leah vor, mit Rakel heimlich das Haus des Goldes aufzusuchen, in der Hoffnung, dort einen Arzt ausfindig zu machen, der sich darauf verstand, die Tante rasch und schmerzlos zu heilen.
    Vor langer Zeit, als Ugarit noch eine kleine Stadt war, hatte man in die Westmauer des Palastes ein Gewölbe für die Aufbewahrung des königlichen Schatzes gebaut. Über die Jahrhunderte waren weitere Gebäude hinzugekommen: eine Schule des Lebens, ein Dokumentensaal, ein Gerichtshof sowie die Zentrale der Bruderschaft der Schriftgelehrten mit ihrer Bibliothek, die zwanzigtausend Bücher, also Schriftrollen und Tontafeln, umfasste. Die Bezeichnung »Haus des Goldes« wurde für diese inzwischen gewaltige Anlage beibehalten, in deren Zentrum sich ein großer öffentlicher Hof befand, in dem allmorgendlich in Ugarit ansässige Ärzte, Anwälte und Schriftkundige auf Patienten, Mandanten und Auftraggeber warteten. Jeder Bürger konnte hier einen Fachmann aufsuchen, der ihm beim Abfassen von Briefen, bei der Buchführung, bei Rechtsfragen und gesundheitlichen Problemen half.
    Als Leah auf das Tor in den hohen Steinmauern zuging, durch das lärmende Menschen drängten, hatte sie keine Ahnung, an wen sie sich wenden sollte. Einen Arm schützend um Rakels Schultern gelegt, gefolgt von den beiden sie begleitenden Sklaven, ließ sie sich von der Menge, die ins Innere strebte, erst einmal mitziehen. Wie viele Menschen sich bereits hier eingefunden hatten! Und diese schier unendlichen Säulenreihen, diese Ansammlung erlesen gewandeter Männer! Sie diskutierten,

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