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Im Auge des Feuers

Im Auge des Feuers

Titel: Im Auge des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jorun Thoerring
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hatte ganz schön gebechert,und ich trag ja nicht grad Anzug, so wie die.« Seine Hand griff nach der Flasche und er nahm einen kräftigen Schluck, als sei es Quellwasser. »In jenen Tagen war das Wetter verdammt schön. Aber nicht so schön, dass im Vernehmungsraum alle Fenster hätten weit offen stehen müssen. Sie taten so, als hätte ich die Pest. Es hat auch nicht sonderlich lange gedauert, bis wir fertig waren. Eine gute Lösung, kann ich dir sagen, richtig abgefüllt zu sein und sich an nicht mehr als unbedingt nötig zu erinnern. Da hat man weniger Ärger.«
    »Aber wollten Sie denn nicht, dass alles getan wurde, um Ihren Bruder zu finden?«
    Die matten, rot geränderten Augen richteten sich mit einer Art entgeisterter Verwunderung auf Eira. »Hätten diese Typen etwa dabei helfen können? Was schiefgeht, geht schief. Und wenn einer draufgeht, hilft diese Schnüffelei von den Bullen auch nichts mehr.« Er kaute auf einer mikroskopisch kleinen Kippe herum, warf sie mit einem traurigen Blick weg und fuhr fort: »Weißt du, keiner hat Frank vermisst. Er war ein verflixter Krawallmacher. Er hat gebettelt und herumgestritten. Sogar gestohlen. Es gab ständig Streit, wenn er auftauchte. Deshalb ist er ja in der Nacht, als es brannte, von uns weggegangen. Wir waren ehrlich gesagt froh darüber.«
    »Ist er nicht als vermisst gemeldet worden?«
    Jens rieb sich mit den rotlila Händen über die Knie und schaukelte etwas vor und zurück. »Naja …« Dann schwieg er wieder.
    »Wer hat Frank vermisst? Außer Ihnen?« Eira merkte, dass Jens sich verschloss, aber er gab nicht auf.
    »Hör zu, es war nicht das erste Mal, dass Frank sich aus dem Staub gemacht hat. Einmal ist er, ohne was zu sagen, mit einem alten Kumpel, der Fernfahrer war, abgehauen. Ist bis nach Hamburg mitgefahren. Wir hatten eine Hütte verkauft, die wir geerbt hatten, und das Geld war schnell weg. Ich habe zwei Monate keinWort von ihm gehört. Dann kam er zurück, total abgebrannt.« Jens sank in sich zusammen und legte den Kopf schief, als denke er nach. »Ach, dieser verdammte Brand damals. Wir waren ja noch so jung. Das hat mich alles schon ziemlich mitgenommen. Bin wohl in den Brandruinen herumgelaufen und hab nach Frank gesucht, glaub ich …«
    »Haben Sie ihn als vermisst gemeldet?«
    »Ich nicht. Die Polizei hat es getan, als er nicht zur Vernehmung erschienen ist. Sie fragten sich, ob er umgekommen war. Aber weil ich erzählt hatte, dass er an dem Abend seiner Wege gegangen war, bevor der Brand ausbrach, glaubte man, dass er die Stadt verlassen hatte.« Jens zögerte. »Ich hatte den Eindruck, dass sie ihn eine Weile für den Brandstifter gehalten haben, weil einige Jungs eine zerlumpte Person in der Nähe der Stelle, wo der Brand ausgebrochen war, gesehen hatten.«
    Die Antwort versetzte Eira einen Stoß, aber bevor er den Mund öffnen konnte, war Jens auf den Beinen. Dieser Mann musste von einer bizarren Form von Humor am Leben gehalten worden sein, denn wieder entblößte er das Zahnfleisch mit einem heiseren, gurgelnden Lachen und stampfte in einer Art Tanz herum. Er stimmte ein Trinklied an: »Oh jolly good whiskey for everyone, oh jolly good …«
    Dann lehnte er sich vertraulich zu Eira hinüber und senkte die Stimme. »Weißt du, ich war in dieser Brandnacht wirklich ganz entsetzlich mitgenommen. Ich muss fürchterlich ausgesehen haben … Na ja, wir hatten eben ’ne kleine Party …« Jens nahm einen kräftigen Schluck aus der Flasche und ließ sich wieder neben Eira auf die Bank fallen.
    »Haben Sie etwas bemerkt, als Sie zurückgekommen sind, um nachzusehen, ob Ihr Bruder sich hingelegt hatte?«
    Einer der beiden anderen mischte sich neugierig ein. »Was treibt ihr zwei da eigentlich? Was geht hier ab? Bist du Pastor?«
    Brüllendes Gelächter. Eira war plötzlich in die Gruppe aufgenommen und man bot ihm Bier und Schnaps an.
    Er spürte, dass er innerlich ein wenig erstarrte. Er musste hier weg. In Gesellschaft dieser Leute kochten allzu viele Erinnerungen hoch. Der Geruch, die Stimmungsschwankungen des Trinkenden. Eiras Vater hätte zu Lebzeiten gut in diese Runde gepasst. Nach dem Tod von Eiras Mutter hatte sich der Vater völlig dem Alkohol ergeben. Der kleine Aslak war tief verunsichert gewesen.
    »Ich muss los.« Eira war bereits auf den Beinen.
    »Jetzt schon? Das Fest hat ja gerade erst angefangen!«
    »Dann sagen wir, morgen. Ich komm zu Ihnen. Wo wohnen Sie?«
    »Wohnen? Tja, ich trinke gewöhnlich einen Kaffee bei der

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