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Im Auge des Feuers

Im Auge des Feuers

Titel: Im Auge des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jorun Thoerring
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sie wissen, wer der Boss ist.« Der Hund schien das Lob verstanden zu haben und sah treu ergeben zu Sverre auf.
    Eira nutzte die Gelegenheit, um sich wieder zu bewegen, und wurde zu einem Sessel im Wohnzimmer gewiesen. Ein Raum, der noch spartanischer eingerichtet war als Sverres Büro. Der Hund stoppte an der Tür. Er machte keine Anstalten, sich hinzulegen.
    Jetzt blieb Eira bei dem Sessel stehen. Der Dobermann ließ ihn nicht aus den Augen. Eira versuchte, so entspannt wie möglich zu klingen. »Es geht um Gunhild. Haben Sie sie gesehen?«
    »Hören Sie, die Wege meiner Mutter sind unergründlich.« Sverre schaltete das Licht an und verschwand in der Küche. Man hörte, wie Wasser in einen Kessel gefüllt wurde. Dann rief er in Richtung Wohnzimmer: »Keine Ahnung, was sie vorhat. Oft weiß man ja nicht mal, ob sie nur einen kleinen Spaziergang macht oder ganz weit weg will. Sie entscheidet sich immer recht spontan. Also,alles ist denkbar – egal ob Flugzeug, Auto, Schiff oder Bus.« Er sprach lauter, um das Wasserrauschen zu übertönen. »Haben Sie das alles schon überprüft?«
    »Wir arbeiten daran.« Eira klang unwillig. Er wusste nur zu gut, wie viele Möglichkeiten sich boten, wenn jemand schnell verschwinden wollte. »Wir haben uns bereits in der Pension erkundigt. Ihre Mutter hat nicht ausgecheckt.« Berger hatte sich Zugang zu Gunhild Wikans Pensionszimmer verschafft. Der Koffer und alle ihre Sachen waren noch dort.
    Eira bewegte sich vorsichtig, wobei er den Blick unruhig umherschweifen ließ. Als er eine Hand auf Sverres Schreibtisch legte, stieß er gegen ein paar Umschläge und lose Blätter. Damit brachte er Sverres akribisch geordnete Sachen in Unordnung.
    Sverre räusperte sich in der Küche. »Vielleicht möchte sie ihre Pläne auch gar nicht bekannt werden lassen? Sie waren in letzter Zeit ja recht aufdringlich.«
    Tassen klapperten und eine Schranktür knallte. Der Geruch von Kaffee stieg Eira in die Nase. Er schob einen der Umschläge zurecht, der besonders alt und vergilbt aussah. Andreas Fjeld stand darauf, geschrieben mit einer alten Kugelkopfschreibmaschine.
    Eira ließ zwei Finger in den Umschlag gleiten und fischte einige Blätter heraus. Alte Briefe von Gunhild an Andreas Fjeld. Ein ärztliches Attest, ein Ehevertrag. Ein Testamentsentwurf. Eiras Herz klopfte schneller. In der Eile konnte er die Texte lediglich überfliegen, aber er war so verblüfft, dass er die Blätter fast nicht wieder in den Umschlag bekommen hätte. Diese Papiere hätte Gunhild sicherlich ungern in falschen Händen gesehen.
    Sverre Wikan kam aus der Küche zurück. Er balancierte zwei Tassen, die Kaffeekanne sowie eine Packung Kekse. »Eira, Sie haben ja keine Ahnung, wie ungern ich über diese Dinge spekuliere.« Ihm entwich ein resignierter Seufzer. »Aber habe ich eigentlich eine andere Wahl?«
    Eira setzte sich besser zurecht, während Sverre seiner Frustration noch deutlicher Luft machte. »Nein.«
    »Glauben Sie wirklich, dass meine Mutter hierhergekommen ist, weil sie diesen Ort vermisst hätte? Das ist sie ganz sicher nicht. Sie wusste ganz bestimmt, dass Karl Fjeld einen Besuch in der Stadt plante.«
    Eira blickte nach draußen in die Dunkelheit. »Von wem haben Sie das? Von Gunhild? Rita Fjelds Version klingt nämlich ein bisschen anders.«
    »Ach ja?« Sverre biss sich auf die Lippen und schwieg lange. »Ich würde Rita Fjelds Worten keinen großen Wert beimessen.«
    Eira fragte sich, ob Sverre wohl versuchte, seine Mutter zu verteidigen, obwohl er doch stets betonte, sie sei ihm egal. »Sie glauben, Gunhild hatte erfahren, dass Karl hierherkommen wollte? Dass sie auf irgendeine Weise zu Karls Tod beigetragen haben könnte?«
    »Also, Eira. Verzwickter hätte man diese Frage kaum stellen können. Sie meinen, ob sie Karl getötet hat?« Sverre Wikan wirkte gequält und hob beide Arme. »Mein Gott. Wie soll ausgerechnet ich darauf antworten können? Wir sprechen hier schließlich von meiner Mutter, einer Person, die wohl kein Mensch jemals wirklich begreifen kann. Ersparen Sie mir Ihre weiteren Fragen und erledigen Sie Ihren Job doch bitte selbst!«
    Eira war soeben losgefahren. Sverre Wikan wollte gerade die Wohnungstür hinter sich schließen, als Gunhild plötzlich im Flur auftauchte.
    »Wie bist du hereingekommen?« Seine Bewegungen wurden hölzern, er ließ den Schlüsselbund fallen.
    »Die liebenswürdige Dame aus der dritten Etage ging gerade raus. So musste ich nicht klingeln.« Sie legte eine

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