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Im Auge des Feuers

Im Auge des Feuers

Titel: Im Auge des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jorun Thoerring
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späten Nachmittag wurden die Fenster im Konferenzraum weit aufgerissen. Eiskalte Luft fegte herein und die Gänsehaut, die sie verursachte, fühlte sich herrlich an. Im Raum hielten sich viele Leute auf, Kaffeetassen wurden auf Stapeln von Papieren und Notizen balanciert. Die Stimmung war gehoben und optimistisch. Alle Indizien deuteten klar in Richtung eines Verbrechens, das innerhalb der Familie des Opfers begangen worden war.
    Johan Fjeld war der Hauptverdächtige. Er hatte versucht, geheimzuhalten, dass sein Bruder Karl im gemeinsamen Elternhaus gestorben war, hatte die Leiche abtransportiert und die unzusammenhängende Geschichte über die abgeschlossene Kellertür verbreitet. Außerdem war der abgetrennte Kopf in Johans Safe aufgefundenworden und er hatte Kleidung im Kamin verbrannt. Das alles waren Belastungsmomente gegen Johan. Man hatte nachgewiesen, dass Johans DNA im Blut auf dem Kellerboden enthalten war. Und nicht zuletzt schien Johan psychisch immer mehr schlappzumachen.
    Eira überlegte, wie sich wohl alles zugetragen haben mochte. Johan hatte Karl sein Auto geliehen und war möglicherweise selbst in der Nähe der elterlichen Hütte gesehen worden. Karls Vergiftung musste wohl anders geplant gewesen sein. Hier hatte es offensichtlich eine Panne gegeben. Johan hatte vermutlich damit gerechnet, dass Karl den Whiskey mitnehmen, ihn in der Hütte trinken und dort zu Bett gehen würde.
    Eira verlor den Faden, als die Tür aufging und Polizeidirektor Hagen hereinkam. Er wirkte angespannt. Es wurde augenblicklich still im Raum.
    Berger stand auf und schloss die Fenster.
    Eira griff widerwillig nach der Zeitung, die sein Chef ihm reichte. Von der Titelseite sprang ihn das Wort »Familientragödie« an. Der Text enthielt eine Menge haltloser Spekulationen, aber auch einige Informationen, die über das hinausgingen, was die Polizei für die Presse freigegeben hatte.
    »Woher haben die das?« Eira zitierte eine Passage über Funde im Wohnhaus der Familie, die darauf hindeuten, dass eine Person aus dem engsten Familienkreis verdächtigt werde.
    »Das ist eine Schlussfolgerung, die wir erst hier und jetzt gezogen haben. Niemand hat das offiziell an die Presse gegeben!« Eira überflog den Rest des Artikels, faltete die Zeitung mit festem Griff wieder zusammen und ließ den Blick über die Versammelten schweifen. »Wer zum Teufel gibt hier unerlaubterweise Informationen an die Presse weiter?«
    Berger setzte sich aufrecht hin. »Schaust du etwa einen Bestimmten von uns an, Eira?« Sie errötete vor Entrüstung. »Vielleichtwäre es eine gute Idee, auch in diesem Fall in Fjelds engsten Familienkreisen zu suchen!«
    Eira wusste, auf wen Berger anspielte. Auch er hatte sogleich an Nancy gedacht. An diese loyale, leicht nervöse Frau, die sich stets im Hintergrund hielt und nie ein Wort sagte. Aber wenn sie mal in die Gänge kam, redete sie wie ein Staubsaugervertreter – vor allem, wenn man sie ein wenig unter Druck setzte.
    »Rita Fjeld behauptet, dass sie zurzeit keine Zeitungen liest. Darüber können wir froh sein.« Eira stand auf. »Berger, es wird dir gleich wieder viel besser gehen, wenn du dir schon mal bequeme Joggingschuhe anziehst. Aber wir kommen wahrscheinlich trotzdem zu spät zur Pressekonferenz.«
    Polizeidirektor Hagen nickte hochkonzentriert und blickte in die Runde. Wie so häufig erwies sich dieser sehnige Mann, dessen Haut so zerfurcht und gegerbt war wie die eines Lofotfischers, auch in dieser Situation als verantwortungsbewusster Chef. »Ich glaube, heute sollte vielleicht besser ich den Kontakt zu den Medien übernehmen«, sagte er schließlich. »Wir müssen jetzt versuchen zu mauern. Ich beherrsche die Kunst, viel zu reden, ohne irgendetwas zu sagen, weitaus besser als du, Eira.« Hagen klopfte Eira kurz auf die Schulter und verließ den Raum.
    Eira war bereits wieder in Gedanken versunken und starrte nachdenklich vor sich hin.
    »Solche alten Villen wie die der Fjelds haben eine echte Seele«, sagte er langsam, »und sind oft unergründlich. Ich denke da vor allem an dunkle Dachböden, weit verzweigte Kellerflure, diverse Schächte mit Luken zum Ein- und Aussteigen. Meistens gibt es mehr als einen Hinterausgang, und diese Türen tragen häufig noch die Originalschlösser. Also, wenn ihr mich fragt, da müssen noch weitere Schlüssel in Umlauf sein. Und außerdem fällt mir jetzt gerade etwas ein: Nancy hat bei der Vernehmung eingeräumt,dass Johan sich aufgeregt hat, weil Karl sich mitten

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