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Im Augenblick der Angst

Im Augenblick der Angst

Titel: Im Augenblick der Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Sarkey
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sich sicher fühlen. Mir macht vor allem Angst, dass wir gleichzeitig Andre benachrichtigen müssen. Wenn wir eins über Jack wissen, dann dass er intelligent ist. Er wird aufpassen wie ein Schießhund und verdammt schnell misstrauisch werden.«
    »Aber er weiß nichts von Malachi, oder?«
    »Nein. Er wird nichts in der Art erwarten. Wenn er überhaupt was erwartet, dann die Polizei. Also wird er nach Cops Ausschau halten.«
    »Das ist ein Vorteil für uns. Auf Gangster ist er nicht eingestellt.«
    »Gangster! Mein Gott.« Tom seufzte. »Was tun wir hier eigentlich?«
    Anna blickte zu ihm hinüber. Toms Hände hatten sich um das Lenkrad verkrampft, die Knöchel waren weiß angelaufen, er saß stocksteif da. Fast konnte sie hören, wie seine Gedanken ratterten und kollidierten. »Kann ich dich was fragen?«
    »Was?«
    »Warum wolltest du wissen, was mit Jack passieren wird?«
    Tom schwieg eine Weile. »Ich weiß nicht. Wahrscheinlich, damit es realer wirkt.«
    »Glaubst du, es wird ein Problem für dich sein?«
    Er schüttelte den Kopf. »Ich hab mich gefragt, ob es eins sein würde. Ob wir zu weit gehen, wenn wir so was im Voraus planen. Aber als Malachi geantwortet hat, habe ich gar nichts gefühlt. Die Wahrheit ist: Es geht mir völlig am Arsch vorbei, was mit Jack geschieht. Nach allem, was er uns angetan hat …« Tom zuckte die Schultern. »Scheiß auf Jack.«
    »Also ziehen wir’s durch?«
    »Ich sehe keine andere Möglichkeit. Du vielleicht?«
    Sie verneinte stumm. Stille kehrte ein. Anna blickte aus dem Fenster des fahrenden Autos auf die vertraute Welt, die ihr plötzlich so fremd vorkam. Ein Mann auf einem Fahrrad, eine Frau mit ein paar Hunden, ein Junge an einer Bushaltestelle, in einem T-Shirt mit der Aufschrift: »Auf MySpace sahst du besser aus.« Sie fühlte sich wie auf einer Ameisenfarm – als würde ihr die Glasscheibe Einblick in eine verborgene Welt gewähren. Nur dass die Welt ganz normal war; ihr Blick war es, der sich verändert hatte. »Sollen wir das Geld wirklich ins Lager bringen?«
    »Ja.« Tom sprach mit fester Stimme. »Wir waren viel zu unvorsichtig bisher. Was, wenn das Auto gestohlen oder abgeschleppt worden wäre? Was, wenn Jack darüber gestolpert wäre? So schutzlos, wie wir gleich sein werden, könnte das Geld unser letzter Rettungsanker sein. Wir müssen es in Sicherheit bringen.«
    »Aber es könnte doch auch sein, dass alles gutgeht.« Anna sah ihn an. »Vergiss das nicht. Wenn alles klappt, haben wir es geschafft. Malachi hat kein Interesse mehr an uns, und Jack gibt’s nicht mehr. Und niemand weiß von dem Geld. Wir können in unser altes Leben zurückkehren – nur besser.«
    Tom nickte, ohne etwas zu erwidern.
    Vor Jahren hatten sie einen Raum in einem Lager an der Belmont Avenue gemietet. Früher, in Washington, hatten sie getrennt gelebt, und als sie dann zusammenzogen, besaßen sie doppelt so viele Möbel wie Platz. Bei Toms Zeug handelte es sich ausnahmslos um Flohmarktschrott, aber er hing daran – oder wollte er sich absichern, hatte Anna sich damals gefragt, falls es mit dem Zusammenwohnen doch nicht klappte? Jedenfalls mieteten sie damals einen neun Quadratmeter großen Lagerraum und stopften ihn bis unter die Decke mit allem möglichen Kram voll. Irgendwann schafften sie den Großteil davon zum Müll und kündigten den Mietvertrag – aber als Tom jetzt beim Verlassen des Restaurants vorgeschlagen hatte, das Geld an einem sicheren Ort zu deponieren, war Anna sofort dieses Lager eingefallen.
    Während Tom im Büro der Lagerfirma einen Raum buchte, ging Anna zum Zeitungsautomaten, warf einige Münzen in den Schlitz, klappte die Vorderseite auf – und holte den kompletten Stapel Sun-Times heraus, einschließlich des Exemplars hinter der Plexiglasscheibe. Als sie wieder beim Auto war, wartete Tom schon auf sie, in der einen Hand die Sporttasche, in der anderen sein Handy, das er gerade zuk lappte. »Schon wieder Detective Halden.«
    »Hast du die Nachricht abgehört?«
    »Nein, ich bin so schon nervös genug. Komm, bringen wir’s hinter uns.«
    Tom hatte die kleinste Größe gemietet, eins fünfzig auf eins fünfzig, im dritten Stock. Fluoreszierendes Licht beleuchtete die kahlen Betonwände des Flurs mit ihren zahllosen Rolltüren. Ihre Schritte hallten in der Leere wider. Tom musste sich bücken, um den Schlüssel ins Schloss zu stecken und die rasselnde Tür nach oben zu schieben.
    Ein kleiner, leerer, blitzsauberer Raum lag vor ihnen. Anna und Tom

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