Im Bann der Dämonin
Holz und Hohlraum trennten ihn von ihr, als er in seinem gemütlichen Bett lag. Doch die wahren Barrieren zwischen ihnen, die psychologischen, emotionalen und spirituellen, waren so dünn geworden, dass sie schon fast nicht mehr existierten.
Geh! Steh auf und geh, riet ihm sein Verstand. Das ist nicht länger deine Mission. Überlass Luciana Arielle. Die Dämonin ist nicht mehr dein Problem .
Doch was ihn hier hielt, war das Wissen darum, dass hinter alldem das Schicksal einer jungen Frau steckte, deren Leben im Alter von siebzehn Jahren völlig aus den Fugen geraten war.
Er schloss die Augen und schlief ein.
Und schon war sie da, nahm ihn am Arm und zerrte ihn mit sich.
„Ich habe schon nach einem Tag genug davon, ständig mit meiner Vergangenheit konfrontiert zu werden. Wie wäre es zur Abwechslung mit deiner Vergangenheit?“
Luciana brachte ihn zu seiner Frau, Tammy.
„Besuch nicht die, die du geliebt hast“, hatte einer von Michaels Befehlen gelautet.
Nicht jeder Schutzengel bekam dieses Verbot zu hören.
Viele von ihnen gingen zurück, sahen nach dem Rechten und nahmen Anteil am Leben ihrer Lieben.
Warum man es ihm ausdrücklich verboten hatte, war Brandon schleierhaft. Trotzdem hatte er gehorcht. Und jetzt, als Luciana neben ihm stand, hatte er ein vages Schuldgefühl, weil er sich über das Verbot hinwegsetzte – auch wenn er im Traum keinerlei Kontrolle darüber hatte, wohin sie ihn führte.
Außerdem, sagte er sich, ist das nur ein Traum.
Tammy lebte noch immer in dem Haus, das Brandon für sie beide gekauft hatte, wenige Jahre, nachdem er bei der Polizei in Detroit anfing. Er stand mit Luciana auf der gegenüberliegenden Straßenseite und sah, wie Tammy mit zwei kleinen Jungs sprach, die im Vorgarten spielten. Brandon lächelte. Er war glücklich, weil sie glücklich war.
„Gehen wir“, forderte er Luciana auf. „Ich will nicht, dass sie mich sieht.“
„Es ist doch nur ein Traum.“
„Trotzdem. Sie könnte sich an mich erinnern.“
„Warte noch. Ich denke, das wird dich interessieren.“
Er sah, wie ein Wagen die Einfahrt hochfuhr.
Aus dem Wagen stieg ein Mann und küsste Tammy.
Ein bittersüßes Gefühl durchströmte Brandon, als er die Szene beobachtete.
„Wer ist das?“, fragte Luciana. „Das ist meine Frau Tammy.“
„Der Mann natürlich.“
„Mein bester Freund und ehemaliger Partner, Jude.“ Brandon stockte der Atem.
„Wusstest du das?“, fragte Luciana scheinheilig. „Dass die beiden zusammen sind?“
„Ich hatte keine Ahnung. Man hatte mir gesagt, ich soll mich von ihr fernhalten. Das habe ich getan.“
In Lucianas Augen funkelte das pure Böse. „Na bitte. Jetzt hast du auch eine Lektion in Sachen Vergebung zu lernen. Ich fordere dich heraus.“
19. KAPITEL
B randon erwachte, schweißgebadet und in dem Wissen, dass es doch mehr war als diese Wand, was ihn und Luciana trennte. Mehr als Holz und Gipskarton. Es war ihr unterschiedliches Wesen. Ihr grundsätzlicher Wesenskern.
Engel und Dämon.
Sie ist das pure Böse. Ich hätte ihr nie so etwas angetan. Oder doch?
Er lag mit klopfendem Herzen im Bett und dachte nach.
Was hat sie denn getan, außer dir die Wahrheit zu enthüllen? beschwichtigte er sich selbst.
Doch dann sprang er auf, zog sich an und trat hinaus auf den Flur.
Durch den Lärm wurde Arielle aufgeweckt, die in einem Zimmer auf der anderen Seite des Ganges schlief.
Sie öffnete ihre Zimmertür und stand plötzlich im Nacht-hemd vor ihm, eine weiße, himmlische Gestalt.
„Stimmt etwas nicht, Brandon?“
Nichts stimmte. Er musste sich jetzt sofort ins Auto setzen und fahren, weit weg von diesem irren Zentrum voll mit unsterblichen Wesen. Seine Handflächen verlangten nach einem Steuerrad. Sein Fuß sehnte sich nach einem Gaspedal. Er musste durch die Gegend rasen, damit er nicht aus der Haut fuhr. Bevor seine Wut ihm den Verstand raubte.
Arielle kannte ihn gut genug, um das zu wissen.
„Moment“, sagte sie einfach nur und verschwand in ihrem Zimmer. Als sie kurz darauf wiederkam, drückte sie ihm einen Autoschlüssel in die Hand. „Er steht in der Einfahrt.“
Als Brandon endlich diesen Hochsicherheitstrakt verlassen hatte, lenkte er Arielles Wagen über den Pacific Coast Highway, bis er nach Zuma Beach, Malibu, kam. Er hielt an einem Sandstrand und blickte hinaus aufs dunkle Meer. Lauschte dem Geräusch der Wellen. Bat um Orientierung und Führung. Undfand – Michael. Hoch oben auf einer Klippe über dem Meer wartete der
Weitere Kostenlose Bücher