Im Bann der Dämonin
Erzengel. Seine großen Flügel waren ausgebreitet.
Jetzt hob er ab und flog auf Brandon zu. Er landete direkt vor ihm auf dem Sand.
„Ich vermute, die akute Situation erfordert mehr als eine SMS.“ Michael betrachtete ihn freundlich.
„Ich brauche Hilfe, ganz im Ernst. Aber nicht von dir.“
„Du wirst mich aber nicht los“, erwiderte der Erzengel. „Also, was gibt es?“
„Was mache ich hier?“ Brandon beklagte sich eigentlich nie. Aber er brauchte Antworten, und mittlerweile war er so frustriert, dass er explodieren würde, wenn er nicht bald ein Ventil fand.
„Was meinst du damit?“, fragte Michael leise.
„Ich sollte mit dieser Mission nichts mehr zu tun haben.“
„Du kannst jederzeit gehen. Du hast die Wahl.“
„Ich traue Arielle nicht. Das ist allerdings nicht alles. Heute Nacht hatte ich einen Traum. Nicht denselben wie sonst. Diesmal habe ich etwas erlebt, was ich noch nie erlebt habe.“
„Und was?“
„Es hatte mit Tammy zu tun. Und ihrem Ehemann.“
Michael seufzte mitfühlend. „Es gibt gewisse Umstände, die über dein Verständnis hinausgehen. Es gibt Gründe für manche Dinge, die selbst wir Erzengel nicht verstehen. Aber ich muss dich warnen, Brandon. Versuch, diese Begegnung vollkommen zu vergessen. Überlass die Entscheidungen Gottes Gerechtigkeit. Wirf nicht alles weg, was du dir erarbeitet hast. Dieser Traum ist, wie alles andere, nur ein Test. Du hast die Wahl. Die beste Option ist, die Sache auf sich beruhen zu lassen.“
„Ich mache mir Sorgen um Tammy“, stieß er hervor.
„Machst du dir Sorgen um sie, oder bist du wütend auf sie? Brandon, lass es gut sein“, warnte Michael ihn noch einmal. „Du hast deine Instruktionen erhalten. In all den Jahren warst du ein guter Schutzengel.“
„Genau deshalb finde ich, habe ich ein Recht darauf, die Wahrheit zu erfahren. Wie lange sind Tammy und Jude schon zusammen? Schon seit meinem Tod?“
Michael antwortete: „Ja.“
„Waren sie schon vor meinem Tod zusammen?“
Die Frage blieb unbeantwortet im Raum stehen.
Brandon war ganz sicher, dass Erzengel nicht in der Lage dazu waren, unehrlich zu sein. Michaels Mund zog sich zusammen, und er verneinte die Frage nicht. „Wir können die Handlungen von niemand anderem außer uns selbst kontrollieren.“
In Brandon brannte plötzlich Wut. Schmerz. Traurigkeit.
Er rief sich alle Ereignisse aus seinem menschlichen Leben in Erinnerung. Jude, sein Partner und sein bester Freund. Älter und weiser als er. Sein Ratgeber. Wie er Tammy umarmte. Wie er sie küsste.
„Lass gut sein“, sagte Michael noch einmal. „Du solltest nicht im Leben deiner Lieben herumschnüffeln.“
Lass gut sein! Dasselbe hatte Brandon zu Luciana gesagt. Erst jetzt erkannte er, wie schwierig, wie schmerzhaft das war. „Und wie?“
„Du wirst einen Weg finden.“
„Und die Dämonin? Was soll ich mit ihr machen?“ „Töte den Drachen!“
„Warte! Was soll das bedeuten?“
„Es ist an dir selbst, das herauszufinden.“
Als Luciana vor dem ersten Morgengrauen erwachte, stand Arielle neben ihrem Bett.
„Wo ist Brandon?“, fragte die Dämonin.
„Er macht einen kleinen Ausflug. Das gibt Ihnen und mir die Gelegenheit, uns zu unterhalten.“ Arielle lächelte sie an. „Und uns näher kennenzulernen.“
Luciana schnaubte verächtlich. „Meine Art lernt Ihre Art nicht kennen, so wie Schlangen nicht die Ratten kennenlernen,die sie verschlingen. Nicht einmal, wenn die Ratten sich zusammenrotten und die Schlange totbeißen.“
„Diese Bemerkung werde ich ignorieren, weil ich weiß, dass Sie unter Stress stehen. Übrigens, ich habe Ihnen Frühstück mitgebracht.“
Auf einem Tablett war eine Auswahl an Speisen angerichtet.
Frühstücksflocken, Rührei und Schinken. Eine Tasse Kaffee. „Amerikanisches Essen.“ Luciana machte eine abwertende Handbewegung. „Das soll wohl Teil meiner Folter sein, was? Die Wahl zwischen Pappkarton und einem Herzinfarkt? Nein danke!“
„Hören Sie auf damit, Luciana! Hier geht es nicht um la dolce vita .“
„Ach wirklich? Ihnen würde es jedenfalls guttun, mal das dolce far niente kennenzulernen, die süße Art des Nichtstuns. Das könnte helfen, oder Sie lassen sich ab und zu mal flachlegen“, schlug Luciana mit ihrem liebreizendsten und fröhlichsten Lächeln vor. „Dann müssten Sie sich nicht immer an Mitglieder Ihrer Kompanie heranmachen.“
Vollkommen unempfindlich für Beleidigungen griff Arielle einfach nur nach ihrer Kaffeetasse, die
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