Im Bann der Dämonin
du bereit bist, deine Seele dem Teufel zu verkaufen? Bist du so machtgeil? Macht es dir wirklich solchen Spaß, zu töten? Das glaube ich keine Sekunde. Was fehlt dir zu deinem Glück? Was willst du?“
Du. Du bist es, was ich nicht habe, antwortete sie ihm in Gedanken. Das und Rache .
„Julian hat mir seine Version der Wahrheit erzählt. Über das, was zwischen euch beiden war.“
„Julian ist überhaupt nicht geeignet dazu, die Wahrheit über unsere Beziehung zu sagen.“
„Was immer du mir mitteilen möchtest, ich höre es mir gern an.“
Doch da kam nichts.
Ihr fiel nichts ein, was sie Brandon hätte erzählen wollen. Nichts, was sie über Julian sagen konnte, ohne sofort in Verbitterung und Bedauern zu verfallen. Was sollte sie schon sagen? Dass Julian ein siebzehnjähriges Mädchen rücksichtslos weggeworfen hatte, ihm erst seine Jungfräulichkeit geraubt und es dann seinem Schicksal überlassen hatte? Und dass er im Lauf der Jahrhunderte immer wieder mit ihren Gefühlen gespielt und ihr vorgegaukelt hatte, er wäre an mehr als nur ihrem Körper interessiert oder an der Macht, zu der sie ihm in der Dämonenwelt verhelfen konnte?
„Nichts“, sagte sie deshalb. „Es gibt nichts, was ich dir sagen möchte.“
Nichts, dass du verstehen würdest .
„Wie du willst“, meinte Brandon. Unter seinem prüfenden Blick kam sie sich vor, als wäre sie auf Erbsengröße geschrumpft. „Aber ich hoffe, dass du es dir noch anders überlegst – zu deinem eigenen Besten. Denn hier steht mehr aufdem Spiel, als du meinst.“
Dann sollen sie mich doch holen, dachte sie und schloss die Augen. Vielleicht wäre das sogar eine Erleichterung für mich. „Dass du Julian vergeben sollst, ist nebensächlich. Ich denke, darum geht es in Wirklichkeit nicht. Die Frage ist vielmehr, ob du dir selbst vergeben kannst, dass du so viel Unheil und Leid verursacht hast. Wenn man dir die Gelegenheit gäbe, wärst du dann in der Lage, deine Schuld loszulassen und von vorn zu beginnen?“
„Nur funktioniert die Welt nicht so.“ Luciana sah ihn an. „Ich weiß, dass Julian erlöst wurde. Dass die Kompanie ihn gerettet hat. Jetzt darf er es jede Nacht mit seinem Engel machen und unbehelligt schlafen. Schön für ihn. Ich weiß nicht, wie Julian seine Schuldgefühle losgeworden ist, aber ich weiß, dass das bei mir nicht funktionieren wird. Erlösung ist für mich keine Alternative.“
„Du irrst dich. Wenn du es mir erlaubst, zeige ich dir gern, wie falsch du liegst.“
„Unmöglich.“
„Warum bist du immer so schnell bei der Hand, zu glauben, dass immer das Schlechte siegt?“
Die Antwort darauf war einfach.
Weil ihr ganzes Leben eine einzige Tragödie gewesen war.
Das bisschen Freude, das sie während ihres grausam kurzen Menschenlebens erlebt hatte, war ihr entrissen und in einem Massengrab verscharrt worden. Alles und alle, die sie jemals geliebt hatte, waren zerstört worden oder hatten sich gegen sie gewandt. Seitdem war viel Zeit vergangen, und in dieser Zeit war ihr nicht ein einziges Mal etwas widerfahren, das sie vom Gegenteil hätte überzeugen können.
Über Erlösung hatte sie immer nur gelacht und diejenigen verspottet, die sich damit auseinandersetzten.
Und schließlich gab es auch eine Trilliarde Gründe, wieso sie überhaupt nicht erlöst werden konnte. Doch wie sollte siedas Brandon klarmachen, der offensichtlich diese unendliche Fähigkeit zur Vergebung hatte – auch wenn es ihm nicht wirklich gelang? Nacht für Nacht wurde er von den schrecklichen Bildern des schlimmsten Akts heimgesucht, den ein Mensch einem anderen antun konnte. Doch er ertrug diesen grausamen Albtraum einfach, stand am nächsten Morgen wieder auf und ging seinem Tagwerk nach.
Sie hatte einfach nicht die Kraft, ihm das alles zu erklären. Nicht jetzt. Nicht heute Nacht.
„Ich weiß nicht, wieso du noch hier bist“, sagte sie stattdessen. „Jetzt hängst du mit diesen bekloppten, fanatischen Gutes-Tuern rum. Ich weiß, dass du sie nicht magst. Nicht in dem Maße, wie ich sie hasse, aber immerhin.“
„Das stimmt. Aber ich hänge auch nicht ihretwegen, sondern deinetwegen hier rum. Gute Nacht, principessa .“
Damit ging er und schloss leise die Tür hinter sich.
Brandon begann langsam, an seiner geistigen Verfassung und an seinen Motiven zu zweifeln.
In dieser Nacht lag er wach in dem Zimmer neben ihrem, das glücklicherweise nicht zu einer Gefängniszelle umgestaltet worden war. Nur ein paar Zentimeter Trockenbauwand,
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