Im Bann der Dämonin
Familie?“
„Ich bereue zutiefst, was ich getan habe. Im Rückblick würde ich viele Dinge anders machen, wenn ich noch einmal die Chance dazu hätte. Wenn ich es noch mal ändern könnte, indem ich die Zeit zurückdrehe und …“ Julian zögerte. „Doch das geht nun mal leider nicht. Deshalb würde ich mir wünschen, dass du meine Entschuldigung akzeptieren kannst.“
„ Complimenti! Meine Hochachtung an die Kompanie, dass ihnen das Brainwashing bei dir so außergewöhnlich gut gelungen ist. Serena St. Clair muss Gold zwischen ihren Schenkelnhaben. Denn Satan selbst weiß, dass du Wörter wie Entschuldigung oder Vergebung früher niemals in den Mund genommen hättest. Zumindest nicht in den über zweihundert Jahren unserer Bekanntschaft.“
„Luciana, ich habe ehrlich …“
„Vaffanculo“ , zischte sie, bevor sie sich auf ihn stürzte. „Und für den Fall, dass du vergessen hast, was das heißt: Es bedeutet ‚Leck mich am Arsch!‘“
Als Julian mit drei Kratzern in seinem sonst so makellosen Gesicht vor ihm stand, war Brandon nicht gerade überrascht. „Es gibt einen Grund dafür, warum sie alljährlich diese Opfergabe bringen muss und wieso ihr Hass jedes Jahr größer wird. Hören Sie sich ihre Seite der Geschichte an! Bringen Sie sie dazu, Ihnen alles zu sagen! Sie muss auf unsere Seite wechseln – das ist die einzige Möglichkeit, all das zu beenden. Denn wenn Ihnen das nicht gelingt, wird Arielle mit ihr verfahren, wie sie es für angemessen hält. Luciana hat in der Vergangenheit unverzeihliche Dinge getan, aber ich glaube, sie trägt noch das Gute in sich. Auch Sie haben es gesehen, das weiß ich.“
Brandon wusste nur eins ganz sicher.
Julian Ascher sagte ihm nicht die volle Wahrheit.
Trotzdem hatte er recht. Es musste einen Grund dafür geben, warum Luciana glaubte, sie müsse für immer eine Dämonin bleiben.
Dieses Geheimnis hielt sie tief in ihrem Inneren verborgen.
Und Brandon wollte ihr das Geheimnis entlocken.
Als er ihre Zelle betrat, war es bereits Nacht. Sie saß am Kopfende des Bettes und sah aus dem Fenster hinaus in die Dunkelheit, aufs Meer. Mond und Sterne strahlten so hell, dass ihr bleiches Gesicht beleuchtet wurde.
Und dieser Anblick entsprach genau dem Bildnis, das sich in seiner Erinnerung von ihr eingebrannt hatte.
Überirdisch schön, aber ungeheuer traurig.
In der schlichten Leere ihres Zimmers kam ihre Schönheit noch viel stärker zur Geltung als sonst.
„Geh weg“, sagte sie, ohne sich zu ihm umzudrehen. „Du hättest gehen sollen, als du die Gelegenheit dazu hattest. Oder hat dir jemand befohlen zu bleiben?“
Er gab keine Antwort.
„Vielleicht diese herrische Zicke.“ Luciana sah weiter aus dem Fenster. Im Mondlicht erschien ihm ihr Profil noch feiner, lieblicher. Unvereinbar mit der Frau, die noch vor zwölf Stunden versucht hatte, ihn zu vergiften. „War die Tante immer so eine Eisprinzessin? Auch, als du mit ihr geschlafen hast?“
„Wie kommst du denn darauf?“
„Versuch es gar nicht erst! Ihr Engel seid einfach unfähig, wenn es darum geht, überzeugend zu lügen.“
„Ich wollte nach dir sehen. Ich dachte, du brauchst vielleicht einen Freund.“
Luciana verdrehte die Augen, und dann drehte sie sich zu ihm um. Ihre grünen Augen hatten ihren Glanz verloren. „Weder bist du mein Freund, noch brauche ich dein Mitleid.“
„Es gibt einen Unterschied zwischen Mitleid und Mitgefühl.“ „Lass gut sein, ich brauche keine Unterrichtsstunde. Was sollte jemand wie du schon über Mitleid wissen? Du bist so selbstgefällig und perfekt wie der Rest von diesen Engeln. Verkleidet wie ein Bösewicht mit deinen vielen Tattoos. Aber unter deiner rauen Schale hast du ein reines, weiches Herz. Dasselbe gilt für euch alle. Ich wette, vor deinem Tod hast du wie ein Mönch gelebt. Das ist es doch, was es fürs Engeldasein braucht, oder?“
Er antwortete ihr nicht, ließ sich nicht provozieren.
Er wollte ihr sagen, dass er den Unterschied zwischen Mitleid und Mitgefühl kannte, weil er beides erfahren hatte.
Ehrlich gesagt, wusste er selbst nicht, wie er ihr helfen sollte.
Er wusste ja nicht einmal, wie er sich selbst helfen sollte.
Trotzdem fragte er sie. Doch seine Frage klang nicht so, wiesie hatte klingen sollen – vielleicht, weil er so müde war. Vielleicht, weil ihre Wut etwas in ihm anrührte, das noch frisch war.
Jedenfalls bereute er seine Worte, kaum, dass er sie ausge-sprochen hatte.
„Was willst du so dringend besitzen, dass
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