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Im Bann der Dämonin

Im Bann der Dämonin

Titel: Im Bann der Dämonin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Chong
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sagen. Aber ich habe einige sehr schlechte Entscheidungen getroffen, was Luciana angeht.“
    Die Geschichte, die Julian ihm nun erzählte, handelte von einem jungen englischen Lord, einem zukünftigen Duke, der auf seiner Kavalierstour nach Venedig gekommen und dortgeblieben war, weil ihn die Schönheit der Stadt und ihrer Bewohner faszinierte. In den Grundzügen war es dieselbe Geschichte, die Brandon vor ein paar Nächten von Luciana am Lido gehört hatte.
    Mit einer Ausnahme: Julian gab nicht ausschließlich sich selbst die Schuld an den Ereignissen.
    „Wir waren zwei junge Menschen, die verrückt nacheinander waren. Aber mein Vater stellte sich vehement gegen die Verbindung. Ich musste Luciana ihrem Schicksal überlassen und kehrte zurück nach England.
    Ich hatte sie zehn Jahre lang nicht gesehen, als wir uns in London über den Weg liefen. Sie erzählte mir von ihrer schwierigen Ehe, von ihrem Mann, der sie schlug, und von ihrer Verzweiflung. Wir nahmen unsere Affäre wieder auf. Bald darauf bat sie mich, ihren Ehemann umzubringen. Also forderte ich diesen Harcourt zum Duell. Weder sie noch ich hatten erwartet, dass der alte Säufer nüchtern auftauchen und so gut schießen würde. Er hatte eine erstaunlich ruhige Hand und verfehlte sein Ziel nicht. Genauso wenig wie ich meins.
    Wir blieben beide getroffen auf dem schneebedeckten Feld liegen und verbluteten.
    Wenn ich heute zurückblicke, kann ich sagen, dass ich mittlerweile die Verantwortung übernehmen kann für das, was ichgetan habe. Ich gebe nicht länger ihr die Schuld für die Entscheidungen, die ich traf.“
    „Vielleicht sollten sie ihr das sagen“, schlug Brandon vor.
    „Wenn Sie meinen, das hilft, will ich das gerne tun. Aber ich bezweifle, dass sie mir überhaupt zuhören wird.“
    „Selbst wenn sie nicht zuhört, muss sie es wissen.“
    Luciana verkroch sich in ihrer Zelle. Sie fühlte sich elend und schmutzig.
    Dafür, dass es sich um himmlische Wesen handelt, haben diese Engel erstaunlich wenig Anstand, dachte sie.
    Wütend warf sie einen Blick auf die Videokamera in der Zim-merecke.
    Schließlich ging sie ins Bad und zog endlich das zerrissene Kleid aus und warf es in den Mülleimer. Sie stellte sich unter die Dusche und spürte, wie das heiße Wasser ihren ermatteten Körper wiederbelebte. Auf dem Bett lag zusammengefaltet ein schlichtes weißes Gewand, das sie an ein Krankenhaushemd erinnerte. Sie zog es über und setzte sich aufs Bett. Wo Brandon wohl sein mochte? Was die Engel wohl mit ihr vorhatten?
    Was erwarten sie von mir? Dass ich mich zusammenrolle wie ein Fötus und aufgebe? dachte sie verbittert. Mir ist es gelungen, seit über zweihundert Jahren zu überleben. Da gebe ich doch jetzt nicht auf .
    Sie kniete sich auf den Boden, um sich den Stuhl näher anzuschauen. Ob sie stark genug war, ihn aus seiner Verankerung zu reißen und aus dem Fenster zu schleudern?
    Plötzlich erklangen die elektronischen Pieptöne, und die Metalltür öffnete sich.
    Der Mann, der vor ihr stand, verstärkte in ihr den Wunsch, den Stuhl aus dem Boden zu reißen.
    Damit sie ihn auf seinem Kopf zertrümmern konnte.
    Julian Ascher.
    Sie hatte gehört, dass er ein anderer geworden war, und esstimmte, wie sie feststellen musste. Man sah den Unterschied an seinem Gesicht und an seinem Körper. Zeit ihres Lebens und sie lebte schon sehr lang – war er immer äußerst selbstgefällig, arrogant und egozentrisch aufgetreten.
    Jetzt erschien er ihr irgendwie leichter, irgendwie fröhlicher. Sie wollte kotzen.
    „Ich glaube es nicht“, sagte sie geradeheraus. Julian setzte sich ungefragt auf die Bettkante. Sie zuckte zurück und hielt Abstand.
    Er hob in einer friedlichen Geste die Hände. „Ich bin nicht hier, um dir wehzutun, Luciana. Ich will dich nur bitten, das Angebot der Kompanie zu überdenken.“
    „Wieso sollte ich?“
    „Zwischen mir und dir ist viel vorgefallen. Ich muss dir etwas sagen.“ Er zögerte. „Ich möchte dich um Vergebung bitten.“
    Erschrocken starrte sie Julian an. Das Wort kam wie ein Schock für sie, traf sie wie ein Schlag ins Gesicht.
    Vergebung.
    Dieses Wort war wie ein Schlag unter die Gürtellinie.
    Sie atmete tief ein, und die Worte, die nun aus ihr herausplatzten, erschienen ihr viel zu schwach und ungeeignet, um die Wut zum Ausdruck zu bringen, die in ihr kochte.
    „Wie kannst du es wagen?“, stieß sie hervor und ging einen Schritt auf ihn zu. „Nach allem, was du mir angetan hast? Mir und meiner

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