Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Bann der Dämonin

Im Bann der Dämonin

Titel: Im Bann der Dämonin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Chong
Vom Netzwerk:
eine Mauer rund um die Insel errichtet, sodass sie von außen nicht einsehbar war.
    Als sie über den unebenen Boden lief, konnte Luciana die energetischen Spuren Tausender Menschen spüren, die gelebt hatten und gestorben waren und deren Gebeine nun zerbröckeltherumlagen. Etwas von ihnen war übrig geblieben. Etwas, das nicht einmal geisterhaft war. Nur ihre bloße Essenz war noch da, eine feine Art Erinnerung, die in der Luft hing.
    Die Dämonin lief weiter, bis sie zu einem kleinen, verfallenen Gebäude kam. Das Dach war schon lange verschwunden, stattdessen bildeten jetzt tief hängende Äste eine Art natürliches Dach, durch dessen Lücken das Mondlicht schien. Spinnen hatten sich hier eingenistet, deren Netze an Lucianas Fingern und Haaren kleben blieben.
    Widerlich, dachte sie, als sie sich dem kleinen Haus näherte. Was für eine absurde Idee, sich hier niederzulassen!
    „Zitella?“
    Vielleicht gab es die alte Schrulle gar nicht mehr. Schließlich war es – im wahrsten Sinne des Wortes – Ewigkeiten her, seit sie zum letzten Mal hier gewesen war und die Hilfe der alten Frau in Anspruch genommen hatte. Vielleicht lebte sie gar nicht mehr hier.
    Doch zwischen den verrottenden Mauern entdeckte sie ihre Mentorin.
    Die Meister-Alchemistin. Die Meister-Giftmischerin.
    Sie saß in einem Sessel, wie damals vor über zweihundert Jahren schon. Ihr weißes Haar hatte sie im Nacken zu einem Knoten gebunden, und auch ihre schwarze Witwenkleidung war dieselbe wie damals, formlos hing sie an ihrem gebrechlichen Körper herunter. Hinfällig. Sie zeigte mit ihren knochigen Fingern, die im Mondlicht besonders dürr und spirrelig wirkten, auf Luciana und bedeutete ihr, näher zu kommen.
    Zitellas Alter konnte man unmöglich schätzen. Selbst vor über zweihundert Jahren hatte die Alte schon so hinfällig auf sie gewirkt. Vor langer Zeit, als Luciana sie als junge Frau um Hilfe gebeten hatte, um sich aus einer schrecklichen Situation befreien zu können.
    Damals hatte Zitella menschliche Knochen zu feinem Mehl zermahlen, das sie zum Raffinieren von Zucker verkaufte. Wassie jetzt machte, wusste Luciana nicht. Als was sie jetzt existierte, war ihr ebenfalls ein Rätsel. Ob Dämon oder Geist oder irgendetwas dazwischen – lebendig war Zitella jedenfalls nicht. Die Alte hörte auf zu summen und sah auf. „Luciana Rossetti? Bist du das, Kind?“
    Luciana trat vor.
    „Komm näher, mein Kind. Wie lange ist das her? Jahrhunderte …“
    Luciana legte Zitella die Rosen auf den Schoß.
    Die Alte hob sie hoch, schnupperte kurz an ihnen und warf sie dann hinter sich in die Dunkelheit. „Versuch nicht, mich mit derart geringfügigen Geschenken zu bestechen.“
    „Ich habe noch etwas für Euch, Zitella“, beeilte sich Luciana zu sagen. „Noch ein anderes Geschenk.“
    Sie legte der alten Frau die Phiole in die Hand.
    Zitella umschloss sie mit ihren knochigen Fingern. Im fahlen Licht hielt sie die Phiole hoch, entkorkte sie und roch daran. Dann sagte sie: „Ja, das ist schon besser. Das Blut einer Unschuldigen, die Essenz einer Frischverstorbenen. Ja, ich bin erfreut. Wogegen möchtest du das eintauschen?“
    „Was immer Ihr mir geben möchtet, Ma’am.“ Luciana wusste, dass es besser war, keine Forderungen zu stellen.
    Vorsichtig stöpselte Zitella die Phiole wieder zu und steckte sie in eine Falte ihres schwarzen Kleides. Dann fischte sie aus den Tiefen ihrer Gewänder etwas hervor und reichte Luciana ein kleines Fläschchen aus braunem Glas, mit einem unauffällig wirkenden Pulver darin. Luciana hatte sich nicht bei der Alten angemeldet, und doch wusste sie, was die Dämonin benötigte. Sie war offensichtlich besser über Lucianas Leben informiert, als der Dämonin recht war. „Das ist es, wonach du suchst. Die gemahlenen Knochen der bösartigsten Wesen, die jemals durch die Straßen von Venedig wandelten. Die Knochen von Mördern und Vergewaltigern, von Kinderhändlern und Seelenhändlern, zu feinem Pulver zermahlen. Bereite einenGrundstock aus Gift zu, aus Schierling und Zyanid. Dann gib das Blut der Unschuldigen dazu und zuletzt dieses Pulver. Damit wirst du erreichen, wonach du suchst – die Formel, die Körper und Seele töten kann.“
    Luciana nahm das Fläschchen entgegen und bedankte sich – aus Gewohnheit – mit einem Knicks. „Danke, Zitella.“
    „Mach alles genau so, wie ich es dir vor so vielen Jahren beigebracht habe. Dann wirst du jeden Dämon auf der Erde töten können.“
    Und wenn ich damit einen

Weitere Kostenlose Bücher