Im Bann der Dämonin
meine Gebete erhört.
Doch wie sich herausstellen sollte, war dem nicht so.
Ich verliebte mich in Julian. Obwohl ich mich in einer verzweifelten Lage befand, war mein Herz rein. Doch Julian benutzte mich nur. Er raubte mir meine Jungfräulichkeit. Dann warf er mich weg wie ein zerbrochenes Glas, wie ein wertloses Schmuckstück, das nicht mehr neu und daher nicht mehr interessant war. Das letzte Mal, als ich ihn sah, bevor er zurück nach England fuhr, weinte ich und flehte ihn an, mich mitzunehmen.Er weigerte sich und überließ mich meinem Schicksal.
Obwohl Julian die Stadt bereits verlassen hatte, verbreitete sich das Gerücht rasend schnell. Venedig ist eine kleine Stadt, damals war sie sogar noch kleiner. Schon bald sprach die ganze Stadt über meine Schande, und schließlich fand auch il vecchio pedofilo heraus, dass ich ein gefallenes Mädchen war.
Nur einige Ausländer wussten nichts von dem Skandal. Ich lernte einen Engländer namens Thomas Harcourt kennen, der mir ein vielversprechender Heiratskandidat zu sein schien, obgleich ich nichts über ihn wusste. Ich spielte ihm vor, ich sei verliebt in ihn, und es gelang mir auch, ihm vorzumachen, ich sei noch Jungfrau. Das ging leicht: ein kleiner Schnitt in meine Hand, ein paar Blutstropfen auf dem Laken. Harcourt tat, was man von einem Gentleman erwartete: Er heiratete mich.
Ich ging mit ihm nach England, und dort entpuppte er sich als ein ganz anderer Mann als der, den ich kennengelernt hatte. Harcourt war alles andere als sanftmütig, er war grausam und pervers, vor allem, wenn er getrunken hatte. Er schlug mich, bis ich blutete. Doch damals konnte ein Mann mit seiner Frau machen, was er wollte, ohne dass sie oder irgendjemand sonst etwas dagegen ausrichten konnte.
Es war alles umsonst gewesen.
Kaum hatte ich nämlich Venedig verlassen, wurde Carlotta mit dem widerlichen pädophilen Alten verheiratet. Il vecchio pedofilo bekam also am Ende eine wunderbare Braut, die sogar noch jünger war. Meine Schwester war damals gerade mal zwölf.
Ich suchte verzweifelt nach einer Möglichkeit, ihr zu helfen. Doch die Zeit lief mir davon, wie man so schön sagt.
In Venedig war es zu jener Zeit üblich, erst mit über zwanzig Jahren zu heiraten. Das war anders als in den Jahrhunderten zuvor. Die Hochzeit meiner Schwester war zwar nicht illegal. Aber nach meinem Empfinden begingen meine Eltern mit dieser Eheschließung einen monströsen Akt. Im Rückblick war eseher ein Akt der Verzweiflung.
Der pädophile Alte war genauso schlimm, wie ich es befürchtet hatte. Mit den Jahren verlor meine Schwester ihre kindliche Unschuld und wurde erwachsen. Sie reifte heran und war nicht länger die Kindsbraut, die der alte Perversling sich wünschte. Also begann er, zu Huren zu gehen, je jünger, desto besser. Dabei fing er sich die Syphilis ein und steckte Carlotta damit an. Aufgrund der Krankheit erlitt sie mehrere Fehlgeburten. Sie schrieb mir einen Brief, in dem sie mir ihr Elend schilderte, aber ich konnte nichts tun. Ich war hilflos, ein Opfer von Harcourts kleinkarierter Tyrannei.
Zehn Jahre nachdem ich nach England gekommen war, traf ich zufällig in einem Ballsaal in London Julian Ascher wieder. Ich hasste ihn, aber Harcourt hasste ich noch mehr. Ich lieferte mich Julian aus und bat ihn darum, Harcourt in einem Duell zu töten. Ich hielt es für eine todsichere Sache. Mein Trunkenbold von Ehemann war normalerweise nicht einmal in der Lage, geradeaus zu gehen, geschweige denn gerade zu schießen. Doch das Duell verlief nicht wie geplant – und beide Männer kamen um.
Ich begrub Harcourt und gab bei der Beerdigung die trauernde Witwe, wie man es von mir erwartete. Doch in Wirklichkeit trauerte ich nicht um ihn. Und auch um Julian tat es mir nicht leid. Ich bereute weder, wie er gestorben war, noch freute ich mich darüber, dass durch seinen Tod mein größtes Problem gelöst war.
Ich eilte nach Venedig, um endlich Carlotta zu helfen. Sie war wieder schwanger und hoffte, dieses Kind würde überleben. Doch ich kam zu spät.
Sie starb bei der Geburt und auch ihr Kind, kurz nachdem es seinen ersten Atemzug getan hatte.
Ein Jahr lang lebte ich noch, endlich als freie Frau … Und dann kam Harcourt aus der Hölle wieder zum Vorschein und erdrosselte mich.“
Die Sonne begann, über den Horizont zu kriechen. Ihre Strahlen fielen auf Brandons Gesicht, und Luciana sah an seinen Augen, wie müde er war. Auch sie war müde. Zu müde, um weiterzuerzählen. Es war einfach zu
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