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Im Bann der Dämonin

Im Bann der Dämonin

Titel: Im Bann der Dämonin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Chong
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dir schon mal erklärt, dass ich nicht hier bin, um dir etwas anzutun, sondern um dich festzunehmen. Und offensichtlich ist mir nicht einmal das gelungen.“
    „Allerdings hast du jede andere deiner Missionen erfolgreich abgeschlossen, oder etwa nicht? Du hast Hunderte von Menschen gerettet, vielleicht sogar Tausende“, meinte sie und streichelte ihn.
    „Ich würde nicht sagen, dass ich sie gerettet habe. Man kann niemanden retten, der nicht gerettet werden will. Alle meine menschlichen Schutzbefohlenen haben sich selbst gerettet. Ich habe ihnen nur den Weg gewiesen.“
    Man kann niemanden retten, der nicht gerettet werden will . Brandons Worte gingen Luciana nicht mehr aus dem Kopf. Sie wickelte sich in eine Decke und ging nach draußen. Dort setzte sie sich an den Strand und schaute auf die dunkle Adria hinaus. Er kam ihr nach und küsste ihre Schulter.
    „Was ist mit Carlotta passiert?“
    „Corbin hat sie umgebracht. Ich glaube, er wollte mich treffen, und er weiß, wie er das am besten anstellt.“ „Erzähl mir alles von Anfang an!“
    „Du weißt doch schon alles über mich. Oder hat man dir meine Akte etwa nicht gegeben?“
    „Ich möchte deine Seite der Geschichte hören.“ Brandon schaute sie eindringlich an. „Aus deinem eigenen Mund.“ „Es ist eine sehr lange Geschichte. Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll.“
    „Am Anfang“, ermunterte er sie. „Ich will alles wissen. Vor allem interessiert mich, wieso du Julian Ascher so sehr hasst.“
    Sie seufzte. „Am Anfang … Gut, wenn du darauf bestehst.“ „Ich wurde 1756 als Tochter eines vermögenden Seidenhänd-lers geboren, in der Stadt der vergoldeten Lilien. Ich liebte Vergnügungen, Feste und den Karneval, wurde überschüttet mit Gewändern und Juwelen, die mein Vater sich dank seines Vermögens leisten konnte. Meine Schwester Carlotta war fünf Jahre jünger als ich. Ich liebte sie sehr, auch wenn sie sehr ver-wöhnt war und manchmal unerträglich sein konnte.
    Ganz Venedig schien ständig zu feiern in jenen Tagen, doch es ging bergab mit der Stadt. Als sie militärisch und strategisch an Bedeutung verlor, hatte dies auch negative Auswirkungen auf den Handel. Unser Vater investierte sein gesamtes Vermö-gen in eine Schiffsladung Seide aus Fernost, denn er hoffte, da-mit die dezimierten Finanzen der Familie wieder auffüllen zu können. Doch das Schiff ging unter, und wir verloren alles. Un-sere Eltern gerieten in Panik.
    Ich war siebzehn Jahre alt, als unsere Luxuswelt zerbrach. Nach und nach wurde das Haus von seinen Reichtümern geleert. Zuerst waren die Gemälde von Tintoretto und Tiepolo dran, dann das antike Mobiliar. Dann die Silberservice und das Muranoglas. Der Schmuck unserer Mutter, die Bootssammlung meines Vaters.
    Mein Vater befahl mir, so schnell wie möglich zu heiraten. Er sagte: ‚Wir dürfen keine Zeit verlieren.‘
    Der Mann, den meine Eltern für mich auserkoren hatten, war mein schlimmster Albtraum. Ein Mann, der unsere Familie durch die geschäftliche Verbindung zu meinem Vater kannte. Er war alt, fett und degeneriert. Ich kannte ihn seit meinerKindheit – und seit meiner Jugendzeit hatte er mich lüstern angestarrt. Schon als Kinder hatten Carlotta und ich ihm den Spitznamen il vecchio pedofilo verpasst – pädophiler Alter.
    Als ich erfuhr, wen ich heiraten sollte, weinte ich drei Tage lang in meinem Schlafgemach. Meine Mutter versuchte, mich mit besonders tröstenden Worten wieder aufzurichten. ‚Du wirst dir die Augen ruinieren, wenn du weiterweinst, Liebling. Das würde deinem Ehemann sicher nicht gefallen, was meinst du?‘
    Doch genau darauf hoffte ich. Kurz dachte ich darüber nach, mir die Pulsadern aufzuschlitzen oder mein Gesicht zu verunstalten. Doch am Ende war ich viel zu gottesfürchtig, um den Freitod zu wählen oder mir selbst etwas anzutun.
    ‚Entweder du heiratest, oder du kommst ins Arsenal‘, versuchte mein Vater zu scherzen. Das war die berühmte Schiffswerft, in der Venedigs Kriegsflotte gebaut wurde. ‚Oder du wirst Kurtisane.‘ Als mir klar wurde, dass ein Funken Ernst dabei war, weinte ich nur noch mehr.
    Schließlich wurde mir bewusst, dass ich einen anderen Weg gehen musste.
    Ich ging zur Erlöserkirche und zündete eine Kerze an. Ich kniete mich hin und flehte: ‚Lieber Gott, bitte lass mich einen Ausweg aus meiner Lage finden. Gib mir ein Zeichen!‘
    Auf dem Rückweg nach Hause sah ich Julian Ascher am Canal Grande entlangschlendern. Ich glaubte sofort, Gott hätte

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