Im Bann der Drudel (Auf der Suche nach dem magischen Buch) (German Edition)
jemanden mit durch mein Portal nimmst, kostet das extra.«
Ein hässlicher Greis steckte sein zerfurchtes Gesicht durch einen Perlenvorhang und ging, schwer auf den Stock gestützt, auf sie zu. Seine Augen lagen tief in den umschatteten Höhlen, das Gesicht war mager und der graue Bart heillos verfilzt.
»Keine Angst, der tut nur so griesgrämig, wohnt schon zu lange hier draußen und ist mit der Zeit etwas putzig geworden, so ganz ohne Gesellschaft. Nicht wahr, Kuriat?« Loo klopfte dem Alten freundschaftlich auf die Schulter.
»Darf ich vorstellen? Das ist Timothy von den Liberen. Er wird in den nächsten Domas mein Gast sein. Timothy, der alte Miesepeter da ist Kuriat – ebenfalls von den Liberen. Er ist unser … sagen wir … Apotheker.« Loo grinste breit. »Kuriat hat für jedes Wehwehchen die richtige Tinktur, wie auch für andere Anliegen.«
Der Alte beugte sich nah heran und drehte Timothys Gesicht zu allen Seiten, um ihn genau zu betrachten. »Timothy, ja? Komischer Name … Na ja, ihr Freigeister wart schon immer äußerst merkwürdig. Kommst wohl aus der Kommune, hä?«, fragte er etwas milder gestimmt.
Loo knuffte seinen Freund in die Seite.
»Äh, ja, Sir. Aus der Kommune … von den … Freigeistern?«
»Siehst du, Kuriat, ein Artgenosse«, sagte Loo versöhnlich. »Da kannst du doch mal ein Auge zudrücken und ihn so durchlassen, oder?«
Timothy sah den Greis skeptisch an. Außer dem bestickten Perlengewand hatten sie nichts gemein. Was Freigeister wohl für Typen waren? Zumindest trugen sie augenscheinlich ziemlich abscheulichen Kopfschmuck aus bunten Federn, geflochtenen Perlenbändern und zerrupften Tierfellen.
»Ein Lex zu zwei Ringen«, forderte Kuriat unnachgiebig. »Sonst kommt der Junge nicht durch diesen Vorhang.«
»Aber das ist ja das Doppelte von dem, was ich an dich zahle«, rief Loo entsetzt.
»Ja, du bist ja auch kein Freigeist. « Der alte Mann spie das letzte Wort wie eine Beleidigung aus. Anscheinend verstand er sich nicht gut mit seiner eigenen Gattung.
»Selbst die Liberen haben den alten Stinkstiefel da aus ihrer Kommune geschmissen«, raunte Loo Timothy zu. »Mach dir nichts draus. Keiner kann ihn ausstehen.«
»Meine feinen Artgenossen haben sich seit Annoten nicht mehr hier sehen lassen«, schimpfte Kuriat vor sich hin, als hätte er Loos leise gesprochenen Worte gehört. »Höchstens wenn ihr Vorrat an Schlüsselblumen ausgeht, lässt sich einer von den Pilze-Fressern dazu herab, mal hierher rauszukommen.«
»Mit Schlüsselblumen kann ich auch dienen«, sagte Timothy schüchtern. »Sie wachsen im Grunde an jeder Stra … äh ich meine, im – Ich könnte unsere Haushäl- also wir haben viele davon«, stammelte er unbeholfen und war sich sicher, sich bereits verraten hatte.
Aber Kuriat hörte nur ein Wort. »Schlüsselblumen?« Die Miene des Alten hellte sich augenblicklich auf. Vertrauensvoll legte er den Arm um Timothys Schultern und bugsierte ihn durch den klirrenden Perlenvorhang. »Ein Tässchen Tee gefällig? Oder ein paar Aniswurzeln?«
»Na toll, das fängt ja gut an«, murmelte Loo und folgte ihnen.
Kurze Zeit später verließen die Freunde das Haus des Apothekers mit einer Liste exotischer Pflanzen in der Hand, die Timothy versprochen hatte, bei seinem nächsten Besuch mitzubringen. Aber bereits auf dem Weg nach draußen schnaubte Loo hörbar; ein untrügliches Zeichen seiner Empörung.
»Woher willst du –«
»Beehrte uns bald wieder, junge Herren«, rief ihnen eine quakige Stimme hinterher. »Bei uns ist gegen jeden Schmerz ein Kraut gewachsen. Knöterich gegen schlechte Laune, Liebstöckel gegen Liebeskummer, Bleiwurz gegen Blähungen, Wermut gegen Alpträume, Katzenminze gegen bissige Gobbels …«
»Ist ja gut … Hör auf damit!« Loo kramte aus seiner Tasche ein paar Kuchenkrümel und warf sie der fetten Kröte zu.
Das Tier verschlang sie blitzartig, dann rutschte sie wieder zurück in ihre Mauernische und stierte vor sich hin wie jedes normale Tier seiner Art. Aber irgendwie sah es dabei beleidigt aus.
»D-d-die Kröte hat gerade gesprochen …«, kiekste Timothy entgeistert. Das Pergament glitt ihm aus den Händen und flatterte zielgenau in eine Matschpfütze.
Loo angelte danach und lachte. »Ja, es ziemlich schwer, sie davon abzuhalten. Das sind Wächter. Jedes Haus hat einen. Unserer ist ein Eichhörnchen. Es war mal ganz gut zu gebrauchen, aber meine kleine Schwester füttert ihn allmählich fett, und er wird träge. Häufig
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