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Im Bann der Dunkelheit

Im Bann der Dunkelheit

Titel: Im Bann der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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hätten es sich genausogut auf die Stirn einprägen lassen können.«
    Ich beobachtete im Seitenspiegel die Rücklichter des Chevys. »Scheinen aber nicht hinter uns her gewesen zu sein. Wonach sie wohl suchen?«
    »Vielleicht nach Elvis.«
    »Also wirst du Pia erzählen«, sagte ich, nachdem der Chevy nicht umdrehte und uns folgte, »daß sie in deinem Traum über ein paar Wellen schwebt und Papa he.e nalu sagt.«
    »Genau. Und in dem Traum sagt sie mir, ich soll mir ein Tandembrett besorgen, damit wir zusammen reiten können. Ich hab gedacht, das ist eine Prophezeiung, also hab ich mir das Brett besorgt, und jetzt bin ich bereit.«
    »Was für ein Scheiß«, sagte ich, um freundliche Kritik zu üben.
    »Es ist wahr. Ich hatte so einen Traum.«
    »Unmöglich.«
    »Na ja. Eigentlich hatte ich ihn sogar drei Nächte hintereinander, was mir schon ein bißchen unheimlich war. Ich werde ihr das alles sagen, und dann kann sie es interpretieren, wie sie Lust und Laune hat.«
    »Während du ganz geheimnisvoll machst, nicht eingestehst, daß du Kahuna bist, aber ein gottähnliches Charisma zur Schau stellst.«
    Er schaute besorgt drein. »Genau«, sagte er, während er an einem Stoppschild bremste, nachdem er alle anderen zuvor ignoriert hatte. »Du glaubst nicht, daß ich es durchziehen kann?«
    Wenn es um Charisma geht, kenne ich keinen, der es mit Bobby aufnehmen kann. Das Zeug fließt so reichhaltig aus ihm heraus, daß er buchstäblich darin watet.
    »Bruder«, sagte ich, »wolltest du bei deinem Charisma einen Selbstmord-Kult bilden, würden die Leute zu Tausenden unterschreiben, nur um mit dir von der Klippe springen zu dürfen.«
    Er wirkte zufrieden. »Wirklich? Du verarschst mich nicht?«
    »Keine Verarsche«, versicherte ich ihn.
    »Mahalo.«
    »Gern geschehen. Eine Frage noch.«
    »Frag«, sagte er. Er beschleunigte, und wir ließen das Stoppschild hinter uns.
    »Warum sagst du Pia nicht einfach, daß du zu dem Schluß gekommen bist, du wärst Kahuna?«
    »Ich kann sie nicht belügen. Ich liebe sie.«
    »Es wäre doch nur eine harmlose Lüge.«
    »Belügst du Sasha?«
    »Nie.«
    »Belügt sie dich?«
    »Sie belügt niemanden«, sagte ich.
    »Zwischen einem Mann und einer Frau, die sich lieben, ist keine Lüge klein und harmlos.«
    »Du überraschst mich immer wieder.«
    »Meine Weisheit?«
    »Dein gefühlsduseliges kleines Teddybärherz.«
    »Drück mich, und ich träller .Feelings..«
    »Ein andermal. Aber ich nehme dich beim Wort.«
    Wir waren nur noch ein paar Straßen von Lilly Wings Haus entfernt.
    »Fahr hinten herum, durch die Gasse«, sagte ich.
    Es hätte mich nicht überrascht, wenn dort ein Streifenwagen oder eine nicht gekennzeichnete Limousine voller granitäugiger Männer auf uns gewartet hätte, aber die Gasse war menschenleer. Sasha Goodalls Ford Explorer stand vor Lillys Garagentür. Bobby stellte den Wagen dahinter ab.
    Hinter dem Windschutz riesiger Eukalyptusbäume lag der wilde Canyon im Osten unter einer Dunkelheit, die auch nicht von dem winzigsten Licht aufgehellt wurde. Ohne die Lampe des Mondes konnte man einfach alles dort draußen vermuten: einen bodenlosen Abgrund statt einer bloßen Schlucht, ein großes, dunkles Meer, das Ende der Erde und eine klaffende Unendlichkeit.
    Als ich ausstieg, mußte ich daran denken, wie der tapfere Orson das Gestrüpp am Rand der Schlucht in dem Bemühen, Jimmy zu finden, untersucht hatte. Sein aufgeregtes Bellen, als er die Witterung aufnahm. Seine sofortige und selbstlose Hingabe an die Verfolgung.
    Das war nur ein paar Stunden her. Und doch Ewigkeiten.
    Die Zeit schien sogar hier, weit jenseits der Mauern des Ovalen Raums, aus den Fugen geraten zu sein.
    Bei dem Gedanken an Orson schloß sich Kälte um mein Herz, und einen Moment lang blieb mir die Luft weg.
    Ich erinnerte mich daran, wie ich bei Kerzenschein zusammen mit meinem Vater im Kühlraum des Mercy Hospital gewesen war, als wir im Januar vor zwei Jahren mit dem Leichnam meiner Mutter darauf gewartet hatten, daß der Leichenwagen sie zu Kirks Beerdigungsinstitut bringen würde, und ich mich gefühlt hatte, als wäre aufgrund des Verlusts mein eigener Körper irreparabel zerbrochen. Ich hatte mich damals fast gefürchtet, mich zu bewegen oder auch nur zu sprechen, als könnte ich wie eine hohle Keramikfigur, die von einem Hammer getroffen wird, einfach auseinanderfliegen. Und dann das Krankenhauszimmer meines Vaters, erst vor einem Monat. Die schreckliche Nacht, in der er starb. Ich hielt

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