Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Bann der Dunkelheit

Im Bann der Dunkelheit

Titel: Im Bann der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
Vom Netzwerk:
die geringste Aussicht, daß er mich nicht entdeckte. Daß er mich nicht schon roch, hatte ich allein dem schrecklichen Gestank in der Küche zu verdanken.
    Der Krampf in meiner linken Wade wand sich wie Stacheldraht durch den Muskel. Ich befürchtete, daß mein Fuß jeden Augenblick unwillkürlich zu zucken anfangen würde.
    Irgendwo anders in der Küche wurde eine Schranktür zugeschlagen.
    Dann quietschten Scharniere, als wieder eine andere geöffnet wurde.
    Das Linoleum knackte unter den Tritten kleiner, schneller Füße.
    Ein Affe spuckte aus, als wollte er sich vom üblen Geschmack der Luft befreien.
    Ich hatte das seltsame Gefühl, daß ich gleich aufwachen und mich sicher verwahrt neben Sasha im Bett wiederfinden würde.
    Mein Herz raste eh schon, aber als Sashas Gesicht vor meinem inneren Auge aufblühte, hämmerte es noch schneller.
    Die Möglichkeit, daß ich nie wieder ihre Stimme hören, sie nie wieder umarmen, nie wieder in ihre freundlichen Augen sehen würde: das war genauso furchterregend wie die Aussicht, daß der Trupp mich in Stücke reißen würde. Und noch entsetzlicher war der Gedanke, daß ich ihr nicht beistehen konnte, sich mit dieser seltsamen und gewalttätigen neuen Welt zu befassen, sie allein lassen mußte, wenn am Ende des nächsten Tages die Nacht erneut nach Moonlight Bay zurückkehrte.
    Bis auf seine leuchtenden Augen blieb der Affe vor mir weiterhin unsichtbar, Augen, die jetzt heller zu strahlen schienen, als er argwöhnisch in den Besenschrank spähte. Seine Aufmerksamkeit wanderte von meinen Füßen über meinen Körper zu meinem Gesicht hinauf.
    Seine Nachtsicht mochte besser sein als die meine, doch war ich davon überzeugt, daß wir in dieser reinen, flüssigen Schwärze, die so wenig aufgehellt wurde wie diejenige fünf Kilometer unter der Meeresoberfläche, gleichermaßen blind waren.
    Und dennoch trafen sich unsere Blicke.
    Wir schienen einander niederstarren zu wollen, wobei ich nicht glaubte, daß meine Phantasie mit mir durchging. Das Geschöpf betrachtete nicht etwa meine Stirn oder den Nasenrücken; es sah mir eindeutig in beide Augen.
    Und es wandte den Blick nicht ab.
    Obwohl ich im Gegensatz zu dem Affen nicht durch den Glanz meiner Augen verraten wurde, dienten sie ihm vielleicht als Spiegel, in denen der strahlende Glanz seiner eigenen schwach reflektiert wurde. Vielleicht entdeckte er winzige funkelnde Stecknadelspitzen aus Licht, mit denen sein prüfender Blick zurückgeworfen wurde. Vielleicht war er sich aber auch nicht sicher, ob er überhaupt etwas sah, und das Geheimnis schlug ihn trotzdem weiterhin in den Bann.
    Ich überlegte, ob ich die Augen schließen sollte, damit der helle Blick des Affen auf meine nicht reflektierenden Lider fiel. Ich befürchtete jedoch, daß ich ein etwaiges Aufblitzen der Erkenntnis bei ihm verpassen würde und nicht zum Schießen käme, bevor er sich auf mich stürzte und mir in die Hand biß oder am Körper hinaufkletterte, um mir die Klauen und Zähne ins Gesicht zu schlagen.
    Während ich seinen Blick aus so geringer Entfernung und mit solcher Intensität erwiderte, machte ich die überraschende Entdeckung, daß meine Furcht und mein gewaltiger Abscheu gemeinsam mit einem Durcheinander an anderen starken Gefühlen existieren konnte: Zorn auf die, die diese neue Spezies ins Leben gerufen hatten; Kummer über den bevorstehenden schrecklichen Zerfall dieser wunderschönen Welt, die Gott uns geschenkt hat; Staunen über die unmenschliche, aber fraglos vorhandene Intelligenz in diesen seltsamen Augen. Und auch über die schiere Verzweiflung darin.
    Und die Einsamkeit. Und auch... eine irrationale, wilde Hoffnung.
    Das Geschöpf stand in meiner Schußlinie, ohne zu ahnen, daß es hilflos einem gefühlsmäßig Schwerbeschädigten mit einer Handfeuerwaffe ausgeliefert war, und gurrte leise, eher wie eine Taube denn wie ein Rhesusaffe. Das Geräusch klang irgendwie fragend.
    Einer der anderen Affen kreischte auf.
    Ich hätte fast aus einem Reflex heraus geschossen.
    Zwei andere Stimmen schimpften die erste aus.
    Der Affe vor mir wandte sich vom Besenschrank ab. Offenbar von dem Aufruhr angelockt, huschte er tiefer in die Küche hinein. Dem Lärm nach hatten sich alle sechs Affen mittlerweile am anderen Ende des Raums versammelt. Ich sah auch keine leuchtenden Augen mehr, die in meine Richtung gewandt waren.
    Sie hatten etwas Interessantes gefunden. Ich konnte mir nur vorstellen, daß es sich dabei um die Quelle des Fäulnisgestanks

Weitere Kostenlose Bücher