Im Bann Der Herzen
es ihm, und Lord Duncan schüttelte ein wenig grollend den Kopf und sagte schließlich: »Tja, was passiert ist, ist eben passiert, nehme ich an. Es handelt sich um erwachsene Männer, und wenn sie ihre Frauen in ihrem Irrsinn bestärken wollen, dann ist das ihre Sache.« Er wandte sich zum Gehen. »Vielleicht solltet ihr jetzt mal lieber Ordnung in das Chaos dieses Morgens bringen.«
»Kein Chaos, Vater«, protestierte Chastity, die aufstand, sich streckte und gähnte. »Es ist ja erst Frühstückszeit.«
»Und du bist noch im Nachthemd«, machte ihr Vater sie leicht konsterniert darauf aufmerksam. »Und deine Stieftochter, Prudence, wartet schon sehr ungeduldig auf den Beginn der Feier.«
»Wir kommen gleich«, beruhigte Prudence ihn. »Chas zieht sich vorher an, nicht wahr?«
»Sofort«, zeigte sich ihre jüngere Schwester bereitwillig. »In einer halben Stunde bin ich fertig.«
Lord Duncan, der abermals einen grollenden Ton hören ließ, marschierte hinaus und ließ seine schuldbewusst lachenden Töchter zurück. »Er nimmt seine Pflichten als Gastgeber aber sehr ernst«, bemerkte Chastity.
»Ach, daran ist sicher die Contessa schuld«, folgerte Constance. »Früher hat er sich um die Hauspartys nie gekümmert und war heilfroh, wenn er die Organisation uns und die gesellschaftlichen Pflichten den Tanten überlassen konnte.«
»Na, ich ziehe mich lieber an, ehe er sich noch mehr aufregt«, entschied Chastity und ging zur Tür.
»Was letzte Nacht passierte, kam noch nicht zur Sprache«, hielt Prudence sie auf. »Sollen wir, Chas?«
Chastity setzte sich abrupt auf die Armlehne eines Sofas und schwang einen im Slipper steckenden Fuß. »Er weiß, dass ich kein Geld habe«, sagte sie und sprach die Gedanken aus, die sie auch unbewusst im Schlaf heimgesucht hatten. »Deshalb wird er nur eine kurze leidenschaftliche Affäre suchen. Und dieses Weihnachtsgeschenk kann ich mir doch gönnen, meint ihr nicht?«
»Bist du sicher, dass es nicht komplizierter werden könnte?«, fragte Constance direkt.
Chastity sog an ihrer Unterlippe und überlegte mit so viel Klarsicht, wie sie aufbringen konnte. »Das kann es nicht«, sagte sie nach einer Weile. »Ich kann ihm unmöglich eröffnen, dass ich die Pseudo-Französin in der National Gallery war ... Er darf auch nicht erfahren, dass wir drei hinter dem Vermittlungs-Service stecken. Er wäre so gedemütigt, dass er mir nie verzeihen würde. Deshalb nehme ich diese weihnachtliche Affäre als Geschenk der Götter an, und wenn wir wieder in London sind, suchen wir für ihn eine andere Frau. Letzte Nacht wäre nicht passiert, wenn er Laura als mögliche Braut ins Auge gefasst hätte. Er ist nicht der Typ, der aus der Reihe tanzt und eine Liebschaft anfängt, wenn er ernsthaft um jemanden wirbt.«
»Bist du sicher?« Es war Prudence, die diese Frage stellte und ihre Schwester mit zusammengekniffenen Augen beobachtete.
»Ja«, sagte Chastity, und ihre Schwestern konnten das Seufzen in ihrem Ton fast heraushören. »Er ist offen und zielstrebig. Er weiß, was er will, geht los und holt es sich. Er schämt sich dessen nicht, was er tut oder welcher Mittel er sich zur Erreichung seines Zieles bedient. Aber ich konnte ihm bei seiner Arbeit zusehen.«
Sie musterte ihre Schwestern. In ihren Augen lagen Traurigkeit und Überzeugung . »Ein Mann, der zu so viel selbstloser Hingabe fähig ist, begeht keinen Betrug.« Sie senkte den Blick auf ihren schwingenden Fuß und fing den heruntergleitenden Hausschuh mit den Zehen auf. »Und ich bin sicher, er würde sich betrogen vorkommen, wenn er von meinem Schwindel erfährt. Deshalb darf er es nie erfahren. Und deshalb kann es nie kompliziert werden. Wir werden eine kurze und süße Liaison miteinander haben.« Von der Armlehne gleitend, winkte sie ihnen im Hinausgehen aufmunternd zu.
Constance zog eine Braue hoch, als sich hinter ihrer jüngsten Schwester die Tür schloss. »Die Dame protestiert zu laut...«
»Das scheint mir genauso«, gab Prudence ihr Recht. »Falls Chas sich in Douglas verknallt hat, wird sie leiden müssen, sosehr sie auch vorgibt, dass es nur ein leichter Flirt ist.«
»Chas schläft nicht mit ihren leichten Flirts«, bemerkte Constance. »Im Moment können wir nichts tun. Wenn wir aber wieder in London sind ...«
»Mal sehen«, sagte Prudence. »Ich mache mich jetzt auf die Suche nach Gideon und Sarah. Wir gehen heute mit Sarah und Mary zur Kirche, wenn auch eine doppelte Dosis von Dennis' Weihnachtspredigt
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