Im Bann Der Herzen
verzogen, das ein Grübchen in seinem Kinn erscheinen ließ, was sie ein wenig absurd fand. Ihr wurde klar, dass sie ihn noch nicht lächeln gesehen hatte.
»Lord Buckingham pflegt unsere Mittwochnachmittage meist wahrzunehmen«, sagte sie, um einen neutralen Ton bemüht. »Zum jetzigen Zeitpunkt ist er allerdings noch nicht da. Trinken Sie doch eine Tasse Tee.« Sie drehte sich wieder zum Sideboard um.
»Dr. Farell, ich bin Miss Duncans Schwester Constance Ensor ... und das ist meine zweite Schwester, Lady Malvern.«
Douglas drehte den Kopf und sah sich einer hoch gewachsenen, sehr eleganten Frau gegenüber, die wie die eckigere Dame an ihrer Seite auffallende Familienähnlichkeit mit Miss Duncan aufwies. Das Haar ein wenig gedämpfter rot, die Augen eher grün als die braunen Miss Duncans. Und doch war die Familienähnlichkeit unverkennbar.
Er schüttelte Hände und erklärte, dass er Lord Buckingham sprechen wolle, eine Erklärung, die sie mit derselben zwanglosen Unbefangenheit akzeptierten wie ihre Schwester, die nun mit einer Tasse Tee neben ihm erschien.
»Ein Sandwich, Dr. Farrell? Oder möchten Sie lieber Teekuchen?«
»Weder noch, danke«, sagte er. »Es tut mir Leid, dass ich einfach so eindringe.«
»Ich habe heute einen offenen Besuchsnachmittag, Dr. Farrell«, sagte sie mit kühlem Lächeln. »Ich bin für jeden zu Hause, der kommen möchte. Sie sind wahrscheinlich nicht aus London.«
»Nein, aus Edinburgh.«
»Ach so.« Sie nickte. »Dort oben hat man wohl andere gesellige Gepflogenheiten.«
Als käme ich von der Insel Samoa, dachte Douglas mit einem Anflug von Ärger. Aus irgendeinem Grund spürte er, dass die Ehrenwerte Miss Duncan ihm feindselig gesinnt war, doch konnte er sich den Grund beim besten Willen nicht denken.
»Die Contessa della Luca, Miss della Luca«, kündigte Jenkins an.
»Entschuldigen Sie mich«, sagte Chastity, ließ den jungen Arzt stehen und eilte davon, um ihre Gäste zu begrüßen. »Contessa, Signorina, wie schön, dass Sie kommen konnten. Sie gestatten, dass ich Sie vorstelle, ehe Sie sich zum Tee setzen. Kennen Sie Lady Bainbridge schon?« Sie zog die zwei Neuankömmlinge in einen Kreis von Damen, die alle Teetassen auf dem Schoß balancierten. »Meine Schwestern, Constance und Prudence kennen Sie natürlich. Und das ist Lady Winthrop und ihre Tochter Hester. Hester wird in ein paar Wochen heiraten.«
Ein höflicher Begrüßungschor erhob sich als Echo auf die Vorstellung. Laura setzte sich neben Hester, richtete den Blick ihrer auffallend vorstehenden Augen auf sie und begann: »Wo werden Sie Ihre Flitterwochen verbringen, Miss Winthrop? Sie sollten unbedingt nach Italien fahren. Ohne einen Besuch von Firenze und Roma kann man sich nicht gebildet nennen.«
»Ist es dort zu Weihnachten nicht zu kalt?«, wagte Hester, von dem autoritären Ton und dem unverwandten Blick ein wenig eingeschüchtert, eine Gegenfrage.
»Nein, nein, gar nicht. Firenze befindet sich im Süden«, erklärte Laura mit einer wegwerfenden Handbewegung unter Nichtbeachtung geografischer Gegebenheiten.
»Neapel oder Sorrent liegen viel weiter südlich«, wagte nun Prudence einen Vorstoß, wobei ihre Augen blitzten.
»Ach, dort gibt es doch nichts zu sehen«, erwiderte Laura.
»Pompeji«, murmelte Chastity. »Ich hatte den Eindruck, dass die Ausgrabungen unbedingt sehenswert wären.«
»Sie wären es in noch größerem Maße, wenn man Frauen die Besichtigung der erotischen Wandmalereien gestatten würde«, warf nun Constance ein. »Als wir vor einigen Jahren mit unserer Mutter dort waren, durften wir sie nicht sehen, während man die Männer mit offenen Armen und anzüglichem Augenzwinkern empfing.«
»Ich glaube kaum, dass diese Abbildungen für weibliche Augen geeignet sind«, verkündete Laura, ihre Lippen geziert mit ihrem Taschentuch betupfend. »Mich schaudert bei dem Gedanken.«
»Meiner Meinung nach sollte man Michelangelos David mit einem Lendenschurz verhüllen«, schlug Chastity in zuckersüßem Ton vor, als sie der Dame eine Teetasse reichte. »Ich musste den Blick abwenden.« Sie wandte sich an den Arzt, der sich dem plaudernden Kreis genähert hatte und die weiße Nelke an Miss della Lucas Aufschlag nicht aus den Augen ließ. »Was meinen Sie, Dr. Farrell? Sollen Frauen die männliche Anatomie als Teil eines Kunstwerks betrachten dürfen?«
Er hatte das untrügliche Gefühl, ihm würde eine Falle gestellt. War er mit der Dame, die die weiße Nelke trug, nicht einer
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