Im Bann Der Herzen
Meinung, verdarb er sich womöglich alle Chancen bei einer möglichen Braut. Stimmte er ihr aber zu, lieferte er sich dem Spott dieses etwas beängstigenden Schwesterntrios aus. Miss Duncans in schmeichelndem Ton vorgetragener und mit unüberhörbarer Ironie befrachteter Vorschlag hatte ihn nicht täuschen können.
Er entschied sich für eine diplomatische Antwort. »Ich glaube, es handelt sich um eine Sache persönlicher Vorliebe, Miss Duncan. Sie kennen Italien sehr gut, Miss della Luca?«
»Es ist meine Heimat, Dottore. Die wahre Heimat meines Herzens.« Während die Dame sich in ihr Lieblingsthema stürzte, entfernten sich die Schwestern insgeheim erleichtert.
»Nun, das war einfach«, murmelte Constance und griff nach einer Sandwichplatte. »Jetzt brauchen wir nur noch Vater.«
Kaum ausgesprochen, wurde ihr Wunsch erfüllt. Lord Duncan, stattlich und gepflegt wie immer, das üppige weiße Haar sorgsam aus der breiten Stirn gekämmt, betrat den Salon mit geübtem Lächeln. Er begrüßte die Gäste seiner Tochter mit untadeliger Höflichkeit, küsste je nach dem Grad der Vertrautheit weibliche Hände und Wangen, schlug den Männern auf die Schultern, tauschte leutselige Bemerkungen. Für seine Töchter, die ihn beobachteten, war sein lockeres, geselliges Auftreten mit dem Einsiedler, zu dem er geworden war, nur schwer in Einklang zu bringen.
»Es muss wohl wie das Fahrradfahren sein«, flüsterte Chastity. »Einmal gelernt, nie verlernt.« Sie trat vor. »Vater, ich möchte dich Contessa della Luca vorstellen.«
»Ich bin entzückt, meine, Liebe«, sagte er lächelnd mit einer Verbeugung. »Neue Gesichter sind uns stets willkommen. Hoffentlich bietet London im trüben Dezember einen gewissen Ausgleich.«
»Ach, ich finde es herrlich«, erwiderte die Dame laut. »Ob Sie mir wohl die Geschichte des Gemäldes über der Vitrine erklären könnten? Mir fiel es schon auf, als ich eintrat, und jetzt rätsele ich, ob es nicht zufällig ein Fragonard sein könnte?«
Lord Duncan strahlte. »Gut geraten, Madam. Es ist tatsächlich einer. Aber nicht im gewohnten Stil. Nur wenige erkennen es. Kommen Sie, und sehen Sie sich das Bild aus der Nähe an.« Er bot ihr seinen Arm. »In der Bibliothek hängt ein ähnliches. Meine verstorbene Frau hatte einen guten Blick dafür.« Er entführte die Contessa an seinem Arm.
»Haben Sie in London eine Praxis, Dottore ?«, säuselte Laura, die nun dem Mann, der auf einem vergoldeten Stuhl neben ihr saß, ihre ganze Aufmerksamkeit zuwendete.
Chastity bangte um den Stuhl, der ihr zu fragil für das Format dessen, der auf ihm saß, erschien. Doch bemerkte sie, wie geschickt und zart seine Handbewegungen waren, und dass seine Finger, die die Tasse hielten, trotz der Größe seiner Hände lang und elegant waren. Er ist Arzt, rief sie sich in Erinnerung. Vermutlich musste er auch operieren oder hatte es während seiner Ausbildung getan. Kein Wunder, dass seine Hände so sicher waren.
»In der Harley Street, Miss della Luca«, gab er zurück.
»Ach, und haben Sie sich spezialisiert, Dottore ?« Laura beugte sich vor und faltete die in langen Handschuhen mit Halbfingern steckenden Hände im Schoß ihres Taftkleides, während ihre Zunge sich so liebevoll um das italienische Wort schlang, als koste sie feinsten Beluga-Kaviar.
»Ich behandle alle Krankheiten«, sagte er, »habe mich aber auf Herzleiden spezialisiert.«
»Ach, wundervoll«, gurrte sie. »Und so unendlich wichtig. Natürlich haben Sie eine erfolgreiche Praxis.«
»Sie wurde erst kürzlich eröffnet«, widersprach er. Nicht zum ersten Mal wurde sein Blick von Miss Duncan angezogen, die ihm gegenüber mit Lady Winthrop in ein Gespräch vertieft war. Er fand es lästig, dass seine Aufmerksamkeit immer wieder von der Dame mit der weißen Nelke abgelenkt wurde. Nachdrücklich wandte er sich Miss della Luca zu und schenkte ihr das warm-aufmerksame, versierte Lächeln, das seine Patienten stets seines Interesses und Mitgefühls versicherte. »Ich bin erst vor kurzem aus Edinburgh, wo ich eine gut gehende Praxis hatte, nach London gekommen. Natürlich hoffe ich in der Harley Street auf ebensolchen Erfolg.«
»Sie können ganz sicher sein«, sagte Laura. »Ein so edler Beruf ... als Jünger des Hippokrates. Ich beglückwünsche Sie, Dottore.« Sie tätschelte seine Hand. »Es gibt nichts Vornehmeres, als seinen Mitmenschen zu helfen - besonders für uns, die wir vom Schicksal begünstigt wurden.«
Douglas pflichtete ihr mit
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