Im Bann Der Herzen
ich an.«
»Nein, keine Spur.« Chastity rümpfte die Nase. »Sie gibt sich nur gern italienisch.«
»Ich verstehe«, sagte der Butler.
»Ach, und Lord Duncan versprach, uns mit seiner Anwesenheit zu beehren, will aber keinen Tee.«
»Ich sorge dafür, dass die Whiskeykaraffe bereitsteht, Miss Chas.« Jenkins nickte und ging seiner Wege.
Chastity sah die Briefe durch, während sie hinaufging. Meist Haushaltsrechnungen. Nichts von Bedeutung, nichts, womit man ihren Vater belasten musste. Sie legte sie auf dem Sekretär ab, an dem Prue, nach wie vor das Rechen-und Finanzgenie der Familie, sie prüfen würde, wenn sie am Nachmittag käme. Dann holte sie Mantel und Hut für ihren Weg zum Blumenladen.
Mit einem Arm voller roter und rosa Nelken, in deren farbigen Tiefen eine einzige w e iße Blüte ruhte, kam sie zurück und stieß mit ihren Schwestern, die eben aus einer Droschke ausstiegen, am Fuß der Treppe zusammen. »Wir dachten, wir könnten zum Lunch kommen«, sagte Prudence. »Falls Vater überredet werden muss. Oder hattest du Glück?«
»Er war einverstanden, sein Gesicht zehn Minuten zu zeigen«, sagte Chastity und sperrte die Haustür auf. »Aber äußerst widerwillig. Wenn ihr ihn also bearbeitet, bleibt er vielleicht bei der Stange.«
»Ist er in der Bibliothek?« Constance nahm ihren Hut ab.
»Es sei denn, es ist ein Wunder geschehen, und er ist in seinen Klub gegangen«, sagte ihre jüngste Schwester. »Jenkins, ist Lord Duncan zu Hause?«
Der Butler nahm ihr die Blumen ab. »Er ist eine halbe Stunde spazieren gegangen, kam aber vor ein paar Minuten zurück. Guten Morgen, Miss Con, Miss Prue. Sie bleiben zum Lunch?«
»Wenn es Mrs. Hudson nicht zu viel Mühe macht«, sagte Constance.
»Nein, es ist immer eine Freude, Sie beide zu sehen. Ich stelle die Blumen inzwischen ins Wasser.« Er brachte die Nelken in die Küche.
»Gleich, gehen wir zu Vater.« Constance war schon auf halbem Weg zur Bibliothek. Ihre Schwestern folgten ihr.
Lord Duncan stand am Fenster und blickte versonnen hinaus in den winterlichen Garten. Als seine Töchter eintraten, drehte er sich um. »Was für ein köstlicher Anblick für meine alten Augen, meine Lieben«, sagte er mit dem spürbaren Versuch, jovial zu sein. »Falls ihr jedoch gekommen seid, um mich wegen des Nachmittags unter Druck zu setzen, so könnt ihr euch das sparen. Ich versprach eurer Schwester, ich würde da sein, und dabei bleibt es.«
»Wir sind nicht hier, um dich unter Druck zu setzen, Vater«, wiegelte Prudence vorwurfsvoll ab. »Wir wollten sehen, wie es dir geht.«
»Ganz gut. Wie geht es Gideon?«
»Er verteidigt einen üblen Kerl«, sagte Prudence glucksend.
»Und Max schreibt an einem Informationsbericht für das Unterhaus über die Notwendigkeit von Schotterbelag auf allen aus London hinausführenden Hauptrouten, damit Automobile sie leichter benutzen können«, berichtete Constance. »Er will wissen, ob du zu Weihnachten mit ihm im Wagen nach Romsey fahren möchtest. Wir anderen nehmen den Zug.«
»Ich werde es mir überlegen«, sagte Lord Duncan. »Unzuverlässige Vehikel, diese Automobile.« Seitdem er sich einige Monate zuvor als Autobesitzer versucht hatte und kläglich gescheitert war, hegte er große Abneigung gegen die Motorisierung.
»Maxens Darracq ist nicht unzuverlässig.«
»Auch Gideons Rover nicht«, mischte Prudence sich ein.
»Aber er fährt mit Sarah und Mary und unserem ganzen Gepäck.« Sie lachte. »Sarahs Geschenke und Sachen füllen einen ganzen Eisenbahnwaggon.«
»Nun, ich will es mir überlegen«, wiederholte Lord Duncan. »Gehen wir zu Tisch.«
Die Schwestern schafften es, ihren Vater beim Essen zu unterhalten. Er verbrachte nun schon so lange Zeit ständig nur im Haus, dass es eines ihrer wichtigsten Anliegen geworden war, ihn an die Existenz der Außenwelt zu erinnern. Alle hofften, diese Erzählungen würden ihn früher oder später wieder in die Welt hinauslocken.
Nach dem Essen stand er mit wohlwollendem Lächeln und rosigem Gesicht auf. »Ich glaube, ich gönne mir jetzt ein Glas Port in der Bibliothek. Ihr Mädchen plaudert indessen allein.«
»Vergiss den Besuchsnachmittag nicht«, ermahnte Prudence ihn. »Jenkins wird dir melden, wenn die Contessa della Luca eintrifft. Dann kannst du zu uns stoßen.«
»Ja, ist gut«, sagte er resigniert. »Ich hoffe, sie versteht sich auf vernünftige Konversation.«
»Du wirst feststellen, dass sie eine sehr angenehme Gesprächspartnerin ist«, beruhigte
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