Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Bann Der Herzen

Im Bann Der Herzen

Titel: Im Bann Der Herzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Feather
Vom Netzwerk:
zarte Pflanze wie Sie.«
    »Und Sie sind dagegen immun?«, fragte sie zunehmend schärfer. Sein schroffes und feindseliges Gebaren war ihr unbegreiflich. Ein gewisses Ausmaß an Unmut billigte sie ihm zu, doch dies ging zu weit, und sie war nicht gewillt, es ihm durchgehen zu lassen. »Sie bedenken wohl nicht, dass Sie diese Krankheiten auf Menschen übertragen könnten, mit denen Sie in Ihrem anderen Leben zu tun haben, Dr. Farrell?«
    »Seien Sie versichert, Miss Duncan, dass ich mich gründlich desinfiziere«, entgegnete er unverändert verächtlich.
    Chastity ging ins Wartezimmer und fand einen leeren Sitz. Kinder heulten und schnieften; die Mütter teilten Schläge und Liebkosungen ohne Unterschied mit leeren Blicken aus. Alle bibberten vor Kälte. Chastity verteilte ihre letzten Pfefferminzdrops und wünschte, sie hätte mehr bei sich gehabt. Angesichts dieses großen Elends waren sie nur ein karger Trost. Doch vermittelten sie ihr wenigstens das Gefühl, ein wenig helfen zu können. Sie hüllte sich bei diesen Gedanken enger in ihren Mantel, während Douglas sich zwischen seinen Patienten bewegte und leise mit jedem im Warteraum sprach, ehe er ihn ins Sprechzimmer führte.
    Dieser Arzt war ein ganz anderer Mensch als der weltgewandte Mediziner aus der Wimpole und Harley Street ... und ganz anders als der Mann, der Musik liebte und ein charmanter und geistreicher Tischpartner sein konnte, ganz zu schweigen von dem Mitpassagier in der Droschke, der sich reichlich dreiste Freiheiten herausnahm.
    Er war ganz entschieden Jekyll und Hyde. Aber warum arbeitete er hier? Waren dies die einzigen Patienten, die ihn aufsuchten? Oder war es einfach so, dass seine Praxis in der noblen Harley Street noch nicht gut lief und er diese hier aufgeben konnte? Konnten diese Leute ihn überhaupt bezahlen? Gewiss nicht viel.
    Oder war es seine freie Entscheidung ?, dachte sie plötzlich und beobachtete, wie er auf dem schmutzigen Boden vor einer älteren Frau niederkniete, deren arg geschwollene Füße in Lumpen gehüllt waren. Er wickelte die Lumpen ab, hielt die verformten Füße in den Händen und tastete sacht die Fesseln ab. Chastity kam blitzartig zu der Erkenntnis, dass er diese armen Leute mit einem Gefühl behandelte, dem der Begriff Liebe entsprach. Sie hingen an seinen Lippen, und ihre Blicke folgten ihm, während er zwischen ihnen hin und her ging. Aber wie um alles in der Welt war diese Szene mit der eleganten Praxis in der Harley Street in Einklang zu bringen?
    Warum benahm er sich so verächtlich, so feindselig, wenn er mit Liebe tat, was er tat? Wenn er stolz auf seine Arbeit war? Es war ja, als sei es ihm peinlich, als hätte man ihn bei etwas ertappt, dessen er sich schämte.
    Fast zwei Stunden lang saß Chastity an der Wand und versuchte sich unsichtbar zu machen. Zumindest war nun die Antwort auf Lakritze und Bonbons gefunden, dachte sie, wobei ihr auffiel, dass die meisten Patienten beim Weggehen eine Arznei mitnahmen und die Kinder ausnahmslos mit einer Hand voll Süßigkeiten die Praxis verließen. Schließlich rief er den letzten Patienten auf, und sie saß allein im Wartezimmer. Sie erhob sich von dem wackligen Stuhl, steif und fast erfroren vom langen Stillsitzen, ging an den Kamin und streckte die Hände dem spärlichen Feuer entgegen.
    Sie hörte, wie die Tür des Sprechzimmers geöffnet wurde, und er sagte: »Bringen Sie Maddie in zwei Tagen wieder, Mrs. Garth. Es ist sehr wichtig, dass ich sie mir noch einmal anschaue. Vergessen Sie es nicht.« Chastity drehte sich langsam um und sah, wie er eine dünne Frau und ein noch dünneres Kind zur Tür brachte.
    »Die Armen«, sagte sie reichlich hilflos.
    »Ja, das trifft genau zu. Sie sind arm.« Er ging an ihr vorüber zum Kamin und bückte sich, um das Feuer zu versorgen, dann richtete er sich auf und löschte die Lampen. »Nun, war es ein interessanter Nachmittag? Vielleicht sogar ein lehrreicher?« Wieder enthielt sein Ton eine feindselige Note, so als wolle er sie herausfordern.
    »Nein, ich fand es bedrückend«, sagte sie. »Ich kann verstehen, dass Sie in die Harley Street umziehen wollen.«
    »Ach ja?«, sagte er mit kurzem Auflachen. »Wirklich?« Er öffnete ihr die Tür, und sie trat in die eisige Winterluft und wickelte den Schal um den Hals, während er die Tür zuzog.
    »Sie schließen nicht ab?«
    »Hier gibt es nichts zu stehlen, und jemand könnte gezwungen sein, vor der Kälte Zuflucht zu suchen«, sagte er knapp. Mit gefurchter Stirn lugte

Weitere Kostenlose Bücher