Im Bann Der Herzen
von Edinburgh begonnen hatte, hatte er seine Energien, emotionale wie physische, für die Armen und Elenden verwendet, die alles brauchten, was er zu geben hatte. Er hatte sich eine Geliebte gehalten, eine angenehme, anspruchslose Person, die glücklich war, dass er ihre Miete bezahlte und sie als Gegenleistung für die Befriedigung seiner sexuellen Bedürfnisse großzügig versorgte. Doch hatte sie - an Gefühlsaufwand ebenso wenig interessiert wie er - ohne ein Wort der Klage zu einem anderen Beschützer gewechselt, als Douglas Edinburgh verließ.
Er hatte die Stadt erst verlassen, nachdem er eine gut funktionierende Klinik mit von ihm selbst ausgebildeten tüchtigen Mitarbeitern, männlichen wie weiblichen, aufgebaut und größtenteils aus persönlichen Mitteln finanziert hatte. Dann war er auf der Suche nach Neuland, das es zu erobern galt, nach London gezogen. Da seine Mittel jedoch nur zur Erhaltung einer einzigen Klinik reichten, brauchte er die Harley Street und eine reiche Frau. In seinem Leben war nur Platz für eine ehrliche Vernunftehe, für ein Arrangement, in dem Höflichkeit und Rücksichtnahme herrschten, das aber romantischer Liebe samt ihren Lockungen und Fallstricken keinen Raum bot. Eine Tändelei mit der Ehrenwerten Chastity Duncan, die ihn nur von seinem Ziel ablenken würde, stand nicht auf seinem Plan.
Als er sah, dass die Tür zu seiner Praxis offen war, runzelte er erstaunt die Stirn. Eine Sprechstundenhilfe hatte er noch nicht, und der Termin war erst in einer halben Stunde. Er trat ein und rief: »Hallo?«
»Ach, Dottore, Dottore.« Laura della Luca trat aus dem Sprechzimmer in das Wartezimmer, in den Armen Stoffproben. »Ich probierte eben ein paar Ideen aus. Der Hausmeister ließ mich ein, als ich ihm sagte, ich würde mit Ihnen an der neuen Einrichtung arbeiten.«
»Ach.« Der Hausmeister kann über sein Weihnachtstrinkgeld ein Kreuz machen, dachte Douglas mit berechtigtem Ärger. Er wollte nicht, dass diese Frau, dass irgendjemand in seinen Privaträumen wie selbstverständlich aus und ein ging. Fairerweise musste er dem Hausmeister zugestehen, dass sie dessen etwaige Einwände vermutlich hinweggefegt hatte wie ein Straßenfeger den Marktmüll von Covent Garden.
»Ich dachte mir, das wäre besonders passend für das Wartezimmer, Dottore «, plapperte Laura weiter. Sein Schweigen und das Ausbleiben einer Begrüßung schien sie nicht zu bemerken. Sie hielt ein Stück geblümten Chintz hoch. »Stellen Sie sich das auf den Sesseln vor. Ich habe mich auf die Suche nach Sitzgelegenheiten gemacht und in einem reizenden kleinen Laden in Kensington ein paar tiefe Armsessel gefunden, die sich mit diesem Material sehr gut machen würden. Wir müssten Schabracken anfertigen lassen, damit man die Beine nicht sieht ... Beine sind bei Sesseln so vulgär, finden Sie nicht?«
»Aber sehr nötig, möchte man meinen«, sagte Douglas trocken.
»Ja, nötig schon, natürlich.« Sie wedelte diesen kleinen Einwand ab. »Aber wir müssen unseren Blick doch nicht mit schnöden Notwendigkeiten belasten, oder, Dottore?« Sie drohte ihm scherzhaft mit dem Finger. »Und das hier müsste sich hübsch an den Fenstern machen, natürlich mit passenden Bändern zurückgehalten und von einem gerüsch-ten Querbehang gekrönt.« Sie zeigte ihm wieder ein Stück Chintz, das genauso aussah wie das erste.
Douglas starrte es an. »Ist das nicht dasselbe?«
»Nein, nein ... Männer haben kein Auge dafür. Sehen Sie, das Muster ist anders, und die Farben unterscheiden sich. Dies hier hat einen goldenen Grund, das andere einen blauen.«
»Ach so.« Douglas nickte und dachte an das Haus in der Park Lane. Gold und Blau herrschten ebenfalls dort vor, ließen das Haus aber nicht aussehen wie ein Teehaus auf dem Land.
»Und darunter nehmen wir für die Fenster diesen herrlichen zarten Spitzenvorhang.« Laura hielt triumphierend ein Stück weißer Spitze hoch. »Stellen Sie sich das vor, Dottore. Stellen Sie sich das nur vor!« Sie eilte an eines der hohen vornehmen Fenster, hielt mit der einen Hand die weiße Spitze daran und mit der anderen den Chintz. »Süß und wunderhübsch.«
»Ja«, äußerte Douglas matt. Süß und wunderhübsch. Lieber Gott, süß und wunderhübsch, und das im Wartezimmer eines Arztes! Er würde zum allgemeinen Gespött seiner Zunft werden.
»Und kleine vergoldete Tischchen«, sprach sie eilends weiter. »Ich habe die Richtigen gefunden. Für jeden Sessel einen, dachte ich mir - zur
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