Im Bann Der Herzen
dorthin.«
»Ganz recht, Miss Con. Ich bringe dann Miss Chas' Gepäck mit.«
»Ja, es steht in der Halle bereit«, sagte Chastity und setzte an ihre Schwestern gewandt hinzu: »Ich nehme an, Max und Gideon bringen euer Gepäck mit?«
»Ja, sie fahren etwa um die gleiche Zeit los«, sagte Prudence. »In zwei Automobilen natürlich. Um sieben müssten sie in Romsey eintreffen, rechtzeitig zum Dinner jedenfalls.«
»Dann bin ich um drei zur Stelle«, versprach Cobham.
»Ihr letzter offizieller Auftrag«, sagte Chastity lächelnd.
»Ja, Miss Chas.« Er schüttelte den Kopf. »Weiß gar nicht, was ich den ganzen Tag mit mir anfangen werde.«
»Sie werden sich im Garten betätigen«, erwiderte Chastity. »Und es wird Ihnen gefallen.«
Er lachte auf. »Ich werde völlig unter den Pantoffel geraten, das steht mal fest.«
»Ihrer besseren Hälfte wird das gefallen«, scherzte Constance. Cobham lachte erneut und ließ ein Schnalzen ertönen, worauf die Pferde flott lostrabten.
»Also, gehen wir hinein, und beglückwünschen wir die Jungvermählten«, sagte Prudence und schloss sich dem stetigen Gästestrom an, der sich in das Haus der Winthrops er-goss.
Douglas betrachtete den kleinen Stapel hübsch verpackter Päckchen auf seinem Speisezimmertisch und fragte sich, ob er alles richtig gemacht hatte. Er war nicht sicher, ob die Etikette bei einer Hausparty zu Weihnachten Geschenke erforderte, doch wollte er lieber vorbereitet sein. Falls er den Eindruck gewann, der Austausch von Geschenken sei keine von den Duncans gepflegte Tradition, konnte er sie in seiner Reisetasche lassen. Er hatte Geschenke für seine Gastgeber besorgt, wobei er davon ausging, dass alle drei Duncan-Schwestern sowie ihr Vater sich als solche betrachteten. Für Lord Duncan etwas auszusuchen, war nicht schwer. Eine Schachtel besonders edler Zigarren war gewiss immer willkommen. Da er die zwei älteren Schwestern kaum kannte, hatte Douglas sich für Parfüm entschieden. Chastity freilich war ein anderer Fall. Für sie wollte er etwas Persönlicheres, etwas, das für eine Freundin und Vertraute bestimmt war.
Es hatte ihn selbst gewundert, wie viel ihm daran lag, das richtige Geschenk zu finden. Etwas, das zu ihrer Persönlichkeit passte. Er hatte lange versucht, das Wesentliche ihres Charakters zu erfassen, die zwei Extreme - vom scharfen, provokativen Verstand zur mitfühlenden Wärme -, die ihre Augen leuchten ließen und bewirkten, dass sich so ein reizender Zug um ihren Mund legte.
Schließlich fand er bei einer Putzmacherin in einer Seitenstraße der Bond Street das Gesuchte. Einen Seidenschal, so groß, dass er als Abendstola dienen konnte, in einer wundervollen Farbenmischung - Grüntöne gemischt mit Honiggold, Bernstein und Rostrot. Ideal abgestimmt auf Augen und Haar. Und dann war sein Blick auf eine Kette aus Bernsteinperlen gefallen, und er wusste sofort, dass sie die perfekte Ergänzung waren. Daher erstand er auch sie, und erst jetzt, als er die Perlen in den Schal wickelte, fiel ihm ein, dass diese persönlichen Geschenke neben den eher prosaischen und unpersönlichen Gaben für ihre Schwestern sehr hervorstechen würden.
Doch er war ihr eine Entschuldigung und auch Dankbarkeit für die mitfühlende Aufnahme seiner Geständnisse schuldig. Sie waren übereingekommen, Freunde zu sein. Außerdem hielt er es für wahrscheinlich, dass Viscount Brigham, ein enger Freund, sich ähnliche Mühe beim Kauf der Weihnachtsgeschenke für sie machen würde. Douglas spürte, dass seine Beziehung zu Chastity sich in die gleiche Richtung entwickelt hatte. Nur um das Gleichgewicht zu wahren, hatte er sich ebenso viel Mühe gemacht, um ein passendes Geschenk für Laura zu finden, und eine illustrierte, in helles Kalbsleder gebundene Ausgabe von Dantes Divina Commedia entdeckt. Das Geschenk für Chastity würde also doch nicht zu auffallend hervorstechen.
Er schlang ein Seidenband um das weiche Päckchen und legte es zu den anderen in seine Reisetasche. Leise vor sich hin pfeifend legte er letzte Hand an sein Gepäck an. Abendanzug ... Reitanzug ... Tagesanzug ... Damit waren alle Eventualitäten abgedeckt. Er sperrte seine Wohnung zu und rief eine Droschke, die ihn zur Waterloo Station bringen sollte.
Auf dem Bahnhof hasteten nervöse Reisende hin und her, Kinder waren überall im Weg, Träger eilten mit Gepäckkarren zu den Bahnsteigen, an denen Dampf ausstoßende Züge standen. Douglas strebte Bahnsteig 2 zu. Er war neugierig, ob er noch vor der
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