Im Bann der Leidenschaften
und mich nach Hause bringen lassen!
„Willst du mich nie wiedersehen?“
Ich nicke schwer.
„Okay“, grinst er. „Versuchen wir’s.“
Mit großen Augen sehe ich diesem Mann nach, wie er sich mit ausladenden Schritten davonmacht. Und ganz langsam setze auch ich mich in Bewegung. Mein Körper brennt von Jerômes Berührungen. Ich atme tief ein und lasse die Luft mit einem kräftigen Stoß wieder aus meinen Lungen heraus. Dann lege ich einen Schritt zu und gehe eilig nach Hause. Ich brauche eine Dusche, bevor Jane, Mary-Beth und Mel bemerken, dass ich während ihrer Siesta das Haus verlassen habe.
Kapitel 9
Den Nachmittag verbringen wir mit Stöpseln in den Ohren auf dem Dach eines roten Doppeldeckerbusses. Zwei Stunden lang touren wir an Louvre, Trocadéro, Place de la Concorde, Folies Lafayette, Triumphbogen, Orsay und an der Oper, in der das Phantom lauert, vorbei, und lassen uns von einer Frauenstimme erklären, was was ist und wann es von wem und wem zu Ehren erbaut wurde. Am Ende steigen wir dort aus, wo wir eingestiegen sind, am Eifelturm. Im Eilschritt begeben wir uns nach Hause, wo Claudes Fahrer bereits mit den Kleidern wartet. Die ganze Zeit über habe ich das Gefühl, dass ich verfolgt werde. Doch so oft ich mich auch umsehe, ich entdecke niemanden, der mir verdächtig vorkommt. Vermutlich spielen meine Nerven mir einen Streich. Nach allem, was ich heute erlebt habe, würde mich das nicht wundern.
Ich lasse mir von Jean-Paul die Tür öffnen. Jean-Paul hilft Claudes Fahrer dabei, die vier in Seidenpapier verpackten Kleider in das Penthouse zu tragen und dort so aufzuhängen, dass sie morgen noch genauso perfekt aussehen wie heute. Ich erwische mich bei dem Gedanken, dass wir die Kleider morgen selber tragen müssen und schüttele fassungslos den Kopf über mich selbst. Wenn ich eins verdient habe, dann sind das Schläge. Es wird allerhöchste Zeit, dass ich mich wieder auf meine Hochzeit freue. Vorgestern noch war ich deswegen völlig aus dem Häuschen, fühlte mich wie Hans im Glück und Alice im Wunderland zusammen. Jetzt bin ich nur noch durch den Wind. Ich muss dringend meine Mitte wiederfinden und raffe mich zu einer außerplanmäßigen Aktion auf.
„So, meine Lieben“, verabschiede ich mich von meinen Freundinnen, als Claudes Fahrer und der Concierge wieder weg sind. „Ihr seht grauenhaft aus. Der Jetlag hat euch voll erwischt. In der Küche findet ihr genügend zu essen. Esst, badet oder duscht ausgiebig und geht schlafen. Morgen früh um acht fahren wir zur Kosmetikerin, zum Friseur und so weiter. Und kommt bloß nicht auf die Idee, es heute Abend noch krachen zu lassen!“
Ich selbst rufe mir ein Taxi und lasse mich zum Flughafen fahren. In einer Stunde landen meine Eltern und meine Verwandten. Ich müsste nicht hinfahren, meine Eltern rechnen nicht mit mir, sie werden im Hotel Sept Roses übernachten, aber ich habe das dringende Bedürfnis, so schnell wie möglich meine Mutter zu sehen.
Als ich im Taxi sitze, atme ich auf. Dies ist heute die erste Stunde, die ich ganz für mich habe. Die Augen wollen mir zufallen, doch ich zwinge mich wach zu bleiben. Während das Taxi über die Autobahn rast, lasse ich die letzten beiden Tage vor meinem inneren Auge Revue passieren. Philippes merkwürdiges Verhalten vor seiner Abreise nach Dubai, die Ankunft meiner Freundinnen, meine Begegnung mit Jerôme bei Chanel, die Bridal Shower im Prinzessinnenkostüm, besonders der Moment im Barone, in dem Jerôme mich in die hinterste Ecke der Lounge zog, die Nachricht, die Jerôme beim Concierge hat hinterlegen lassen, die Begegnung bei Olivier’s und das anschließende Treffen im Park. Mir schwirrt der Kopf. Ich weiß nicht mehr, was ich denken, was ich von all dem halten soll. Ich hoffe, dass ich gleich, wenn ich meine Mutter in die Arme schließe, in eine andere Welt eintauche. Dass die Sache mit Jerôme in weite Ferne rückt. Aber das habe ich schon einmal gedacht und es hat nicht geklappt. Aber vielleicht gelingt es, dass ich mich endlich voll und ganz auf meine Hochzeit konzentrieren kann.
Je näher ich dem Flughafen Charles de Gaulle komme, desto wacher werde ich. Als das Taxi mich schließlich vor Terminal 2 A rauslässt, bin ich total aufgedreht und beinahe so aufgeregt wie vor dem mittäglichen Treffen mit Jerôme. Im Schneckenschleichgang gehe ich in die Wartehalle. Und wieder beschleicht mich das Gefühl, dass mich jemand verfolgt. Überhaupt nicht unauffällig drehe ich mich um die
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