Im Bann der Liebe
gebleichtes Haar war zerzaust und etwas zu lang, was ihn leicht verwegen aussehen ließ. Er stellte sich ihr vor, ohne auf Aubrey zu warten. »Ich bin Ethan Fairgrieve«, erklärte er, nahm ihre Hand und fuhr fort: »Mein Bruder hat mich wahrscheinlich noch nicht erwähnt.«
»Nein.« Susannah stammelte beinahe. Julia hatte ihn erwähnt - und natürlich Maisie -, aber jetzt schien nicht der richtige Moment, um das anzusprechen. In diesem Haus gab es viele Geheimnisse, viel zu viele für ihren Geschmack.
»Ich bin Susannah McKittrick - Julia und ich waren zusammen auf der Schule. Ich freue mich, Ihre Bekanntschaft zu machen.«
»Ganz meinerseits.« Er zwinkerte ihr fröhlich zu und weckte in Susannah den Wunsch, ihn näher kennen zu lernen. »Wenn ich nicht bereits vergeben wäre, käme ich, um Ihnen den Hof zu machen.« Er warf seinem Bruder einen herausfordernden Blick zu. Aubrey bekam jedes Wort ihrer Unterhaltung mit, wobei er so tat, als interessiere ihn das nicht. »Meine Rosa«, fuhr Ethan fort, »wiegt dreihundert Pfund und kann bestens mit einer Pistole umgehen. Wenn sie mich bei einem Seitensprung erwischen würde, hätte sie mich schneller an die Scheunentür genagelt, als ich Abschied nehmen könnte.«
Susannah lachte. »Und wo ist Rosa heute Abend? Ich würde sie gerne ebenfalls kennen lernen.«
»Sie hat zu tun. Ich bin hier, weil ich gehört habe, dass Julias beste Brieffreundin hier ist, und ich einen Blick auf Sie werfen wollte.«
»Würden Sie mir sagen, wie Ihre Mutter hieß?«, flüsterte Susannah und beugte sich vor.
Ethan zuckte nicht mit der Wimper, obwohl ihn die Frage eindeutig überraschte. »Jenny«, erwiderte er. »Warum?«
»Jenny«, wiederholte Susannah nachdenklich. »Das ist hübsch.«
In dem Moment klingelte Maisie die Essensglocke, und Aubrey kam auf Susannah zu. Doch ehe er bei ihr war, hatte Ethan ihr bereits seinen Arm geboten, um sie ins Esszimmer zu führen.
Maisie war eine begnadete Köchin. Susannah sagte nur wenig, hörte aber zu und versuchte, die Informationen zu ordnen. Schon bald wurde ihr klar, dass Ethan und Aubrey sich nicht allzu gut verstanden, obwohl sie Brüder waren. Wann immer Ethan Aubrey herausfordernd anlächelte, warf der ihm einen wütenden Blick zu, als wäre er beleidigt worden.
Die Bankbeamten waren eher Geschäftsfreunde als echte Freunde Aubreys, erkannte Susannah rasch, aber Mr. Hollister war schwer einzuordnen. Trotz seiner Bemerkung über den Namen des Babys - sicher ein Zeichen einer gewissen Verbundenheit zur Familie - erfüllte er kein Muster so ganz. Er aß schweigend sein Essen und beobachtete dabei Susannah, wenn er dachte, sie würde es nicht merken. Doch da er freundlich und bedacht wirkte, nahm sie ihm sein Verhalten nicht übel.
Nach dem Essen zogen sich die Herren in Aubreys Arbeitszimmer zurück, um eine Zigarre zu rauchen und einen Brandy zu trinken. Susannah war erleichtert, als Maisie hereinkam, um den Tisch abzudecken.
»Sie haben mir nicht gesagt, dass Aubrey und sein Bruder kaum miteinander reden«, sagte sie anklagend.
Maisie warf ihr einen gleichmütigen Blick zu. »Ich erzähle nicht alles, was ich weiß«, gab sie zurück. »Und lassen Sie die Teller stehen, Sie sind nicht für die Küchenarbeit angezogen.«
»Unsinn.« Susannah fuhr fort, das Geschirr zusammenzuräumen.
»Das würde Mr. Fairgrieve nicht gefallen, wenn er das sähe.«
»Er hat auch nichts dagegen, wenn ich Windeln wechsle. Ich denke, es würde ihn kaum stören, wenn er wüsste, dass ich Ihnen im Haushalt helfe. Schließlich bin ich nur das Kindermädchen.« Und ein vergessenes Mauerblümchen, setzte sie im Stillen hinzu, das nicht einmal eine Verwandte ist. »Offen gesagt weiß ich gar nicht, warum ich heute hier mitessen sollte. Er hat kein Wort mit mir gesprochen.«
Maisie lächelte. »Aber seine Gäste hatten jede Menge zu sagen, nicht wahr? Vor allem der junge Ethan. Hat er Ihnen erzählt, dass seine Frau dreihundert Pfund wiegt und gut schießen kann?«
»Ja«, gab Susannah zu.
Maisie lachte laut. »Nun, er zumindest hat sich nicht verändert.«
»Was stimmt mit den beiden nicht?«, hakte Susannah auf dem Weg zur Küche nach. »Ethan war ja noch freundlich, aber Mr. Fairgrieve war höchst abweisend. Wenn er ihn nicht hier haben wollte, warum hat er ihn dann eingeladen?«
»Ich bezweifle, dass er das getan hat«, erwiderte Maisie. »Die beiden hatten ihre Differenzen«, fuhr sie fort, als sie nebeneinander an der Spüle standen. Maisie
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