Im Bann der Liebe
Sie nicht so naiv wären, hätten Sie das längst gemerkt.«
Susannah hielt inne. Wenn sie jetzt so darüber nachdachte, konnte Maisie Recht haben. Zacharias hatte fleißig nach ihren Anweisungen gearbeitet, aber mehrmals versucht, eine Unterhaltung zu beginnen, und für eine Klavierstunde war er zu gut angezogen. »Oh, Himmel«, sagte sie.
Maisie lachte. »Ich kann es kaum abwarten, was passiert, wenn Mr. Fairgrieve das hört«, dröhnte sie und ließ lachend das Eisen auf ein Hemd donnern. »Ich schätze mal, dass Sie bald mehr Klavierschüler haben, als Sie unterrichten können.«
Susannah sank auf einen Stuhl und sah ins Leere. Ihre Naivität grenzte schon an Dummheit. »Aber das ist ja furchtbar«, stöhnte sie.
Maisie zuckte mit den Achseln. »Dieser Knabe wäre kein schlechter Ehemann«, meinte sie. »Er wohnt eine Straße weiter, und sein Haus ist fast so groß wie dieses. Er war einer der Ersten, die im Norden Glück gehabt haben.«
Susannah vergrub ihr Gesicht in den Händen. Sie konnte ihm jetzt doch nicht mehr absagen. Er hatte sich wie ein Gentleman aufgeführt, und sie brauchte die Einnahmen, wenn sie über eigenes Geld verfügen wollte.
Maisie trat neben sie und klopfte ihr tröstend auf den Rücken. »Nun, nun, nehmen Sie es nicht so schwer!«
»Ich habe wirklich gedacht...«
Maisies Tätscheln wurde sanfter. »Ich nehme an, jeder hat das Recht, das Pianospiel zu erlernen«, philosophierte sie. »Vielleicht wird ja einer Ihrer Schüler wirklich ein passender Mann für Sie sein.«
Susannah seufzte laut auf. »Er hat mir fünfundzwanzig Cent gegeben.«
»Sehen Sie?«, freute Maisie sich, »so wird ein hübsches Ding wie Sie im Handumdrehen reich. Und es wird endlich wieder Leben ins Haus kommen.« Wieder lachte sie. »Oh, Mr. Fairgrieve wird einen Anfall bekommen, wenn er merkt, dass er unter die Heiratsvermittler gegangen ist.«
10
Vor dem Essen erschienen noch drei weitere hoffnungsvolle Klavierschüler, allesamt alt genug zu rauchen, sich zu rasieren und zu wählen. Sie waren nett zurechtgemacht und baten um Klavierunterricht. Alle waren Anfänger, und keiner ließ sich von dem Vierteldollar abschrecken. Als der letzte in der Dämmerung verschwand, hatte Susannah bereits einen Dollar verdient. Früher hätte sie sich glücklich geschätzt, so viel in einer Woche zu verdienen; da hatte sie um jeden Schüler kämpfen und an Mrs. Butterfield einen Teil des Geldes abgeben müssen.
Natürlich war ihr jetzt auch klar, dass Maisie Recht gehabt hatte - ihre Schüler wollten nicht wirklich das Klavierspielen erlernen. Sie waren einsam und sehnten sich nach der Gesellschaft einer achtbaren Frau. Vielleicht zogen sie Susannah als Ehefrau in Betracht, sie selber hatte den Verdacht, dass sie einfach nur kamen, weil sie eine Frau war. In ihrer Gegenwart wurden sie zweifelsohne an die Frauen, Mütter und Geliebten erinnert, die sie im Laufe ihres Lebens verloren hatten.
Natürlich hatte Susannah nicht vor, einen dieser Männer zu heiraten, und das ließ sie sich ein wenig schuldig fühlen, als ob sie ihr Geld unter Vorspiegelung falscher Tatsachen annähme. Aber sie unterrichtete sie schließlich, und mehr hatte sie nicht versprochen. Wenn die Männer sich mehr erhofften, war das nicht ihre Schuld. Aubrey würde nicht gerade erfreut sein, wenn er erfuhr, dass sie nicht nur Klavierstunden gab, sondern unter seinem Dach umworben wurde, aber nun gab es kein Zurück mehr. Sie wagte sogar zu träumen, bald ein eigenes Arbeitszimmer zu haben, von einem Piano ganz zu schweigen. Das wäre die erste Sicherheit, die sie je in ihrem Leben gehabt hatte.
Aubrey kam an diesem Abend später als sonst nach Hause - es war schon fast acht - und in Gesellschaft einiger Geschäftsfreunde. Er wirkte abgelenkt und erschöpft und gönnte Susannah kaum einen Blick, als sie das Essen servierte. Sie hatte Maisie schon lange in ihr Zimmer geschickt, damit sie sich ausruhte, und Victoria schlief in ihrem Korb in der Küche.
Da sie schon gegessen hatte, hörte Susannah mit halbem Ohr der Unterhaltung der Männer über Politik, Zinsen, Holzpreise und Schürfrechte zu. Der Dollar in ihrer Tasche - dem hoffentlich bald mehr folgen würden - gab ihr ein gutes Gefühl. Sie hatte nicht vor, aus Aubreys Haus auszuziehen, schon gar nicht ohne Victoria, aber ohne eigenes Geld hätte sie keine Unabhängigkeit. Sie hörte der Unterhaltung jetzt aufmerksam zu, denn sie wollte ihr Geld mit Bedacht anlegen.
Sie hatte aufgeräumt und
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