Im Bann der Liebe
ein gutes Instrument, besser als das in Aubreys Salon, und darauf zu spielen würde ein Vergnügen sein.
Sie zog ihre Handschuhe aus, setzte sich auf den Klavierhocker und begann zu spielen. Schon bald war der Raum von Musik erfüllt.
Als eine Tasse klapperte, hielt Susannah inne. Zacharias stand hinter ihr, eine kostbare Teekanne in der Hand. »War das schön«, hauchte er bewundernd. »Das lässt mich an meine Martha denken.«
»Ihre Frau hat Klavier gespielt?«
»Nicht so gut wie Sie.« Seine Augen wurden sanft. »Aber sie hat schon ein paar Melodien zusammenbekommen. Natürlich hat sie nie so ein Instrument gehabt. Wenn sie Lust zum Spielen hatte, ist sie in die Kirche runtergegangen.«
Susannah drehte sich das Herz um. Sie setzte sich zu Zacharias an den vergoldeten Tisch, wo er den Tee servierte.
»Als Martha noch lebte, besaß ich nichts«, erzählte Zacharias. »Das hier«, erwies auf den Raum, »ist alles erst später gekommen.«
»Ich bin sicher, dass Sie wieder eine Frau finden werden«, versicherte Susannah freundlich und ernst gemeint, während der ältere Mann ihnen Tee einschenkte. »Ihre Martha würde wollen, dass Sie glücklich sind.«
Überraschend lachte Zacharias auf. »Oh, nein, die nicht«, widersprach er. »Sie hat mal gesagt, dass sie nie wieder heiraten würde, f a lls ich vor ihr stürbe, und dass sie erwarte, dass ich ihr Andenken ehre, falls sie zuerst ginge. Ich habe es ja auch versucht, aber manchmal bin ich so einsam, dass ich verrückt werden könnte.«
Susannah wandte den Blick ab, damit Zacharias Zeit hatte, sich zu fassen. »Es gibt doch sicher Witwen in Seattle ...«
»Nie lange«, klagte Zacharias. »Sie werden weggeschnappt wie Goldnuggets aus einem Flussbett, sobald ihre Männer beerdigt sind.«
Susannah war schockiert, als sie das hörte, verbarg ihre Reaktion aber. Männer, dachte sie, sind schon seltsame Geschöpfe. liebe scheint ihnen weniger wichtig zu sein als ihre Bequemlichkeit.
Sie nahm einen Schluck Tee, der überraschend gut war, ehe sie antwortete. »Haben Sie schon mal überlegt, sich eine Frau per Anzeige zu suchen?« Sie wusste, dass in den Zeitungen an der Ostküste immer wieder diskrete Anzeigen von Heiratsvermittlern erschienen - darüber hatten Julia und sie oft genug gekichert -, die Frauen suchten, die bereit waren, in den Westen zu gehen.
Zacharias schüttelte den Kopf. »Da weiß man nie, was einen am Ende erwartet«, wehrte er ab.
Jetzt hätte Susannah am liebsten gelacht, aber sie schaffte es, ernst zu bleiben. »Sie könnten vorher Fotos austauschen«, schlug sie vor, »und Briefe wechseln.«
»Ich kenne einen Mann, der genau das getan hat. Hat einen Brief nach Boston, Massachusetts geschickt, und auch gleich Antwort bekommen. Es lag ein Bild dabei von einem hübschen Mädchen mit dunklen Locken und einer guten Figur. Sie haben einander fast ein Jahr lang geschrieben. Dann hat sie gesagt, sie würde ihn heiraten. Es war ganz aufgeregt und hat ihr sogar die Überfahrt bezahlt. Als sie ankam, sah er, dass sie zweimal so dick wie auf dem Bild war und kein bisschen hübsch. Das wäre noch gar nicht mal so schlimm gewesen - Sam selber hatte keinen Grund, besonders wählerisch zu sein, wissen Sie -, aber sie hatte ein zänkisches Naturell. Sie konnte einem Mann mit ihrem Blick die Haut abziehen und sogar regelrecht handgreiflich werden.«
Susannah nahm noch einen Schluck Tee. Sie konnte sich die Geschichte lebhaft vorstellen. »Dann gehen Sie doch persönlich auf Brautschau.«
Er seufzte verzweifelt und deutete auf das Fenster. »Es ist Winter, vor dem Frühjahr ist an eine Überquerung der Berge gar nicht zu denken. Schiff fahre ich auch nicht gerne, also muss ich wohl auf eine Frau verzichten. Trotzdem würde ich gern weiter Klavierunterricht nehmen, wenn Sie nichts dagegen haben. Frauen gefällt Musik.«
»Das stimmt.« Sie setzte die Tasse ab und sah, dass es jetzt dunkel war. Die Laternen spendeten nur wenig Licht. »Ich muss jetzt gehen, Zacharias«, erklärte sie und erhob sich. Er sprang sofort auf, seine guten Manieren gefielen ihr. »Kommen Sie morgen zu dem Fest bei Aubrey - Mr. Fairgrieve?« Er strahlte. »Ich habe eine Einladung bekommen. Aubrey und ich sind alte Freunde, auch wenn wir manchmal Streit haben.« Er half ihr in den Mantel und zog auch seinen an. »Ich bringe Sie nach Hause.«
Susannah freute sich über das Angebot. »Das ist sehr nett von Ihnen«, bedankte sie sich, »und ja, natürlich werde ich auch auf dem Fest
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