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Im Bann der Lilie (Complete Edition)

Im Bann der Lilie (Complete Edition)

Titel: Im Bann der Lilie (Complete Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carol Grayson
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Vampirs konnte sich Julien ebenso wenig wehren wie gegen das seiner männlichen Natur. Er wollte diesen Jungen – noch in dieser Nacht!

In der gleichen Nacht begehrte der bronzene Türklopfer von Schloss Châtellerault ungewöhnlich heftig Einlass. Ein verschlafener Diener öffnete das Portal und erblickte einen ungewöhnlich hageren Mann in regennasser Reisekleidung. „Monsieur, es ist mitten in der Nacht!“, schimpfte der Bedienstete, der sich nur halbherzig hatte anziehen können, und trat vor, um den Fremden näher zu begutachten. Dieser klopfte sich die Regentropfen von Umhang und zog den Hut ab. Seine scharfen, grauen Augen erfassten das Innere, noch bevor er durch die Tür trat.
    „Das weiß ich selbst. Ich nehme aber an, dein Herr ist auch des Nachts noch hellwach. Darf ich also reinkommen?“ Die Stimme klang ungeduldig und mit einem harten Akzent.
    „Der junge Herr leidet zwar unter Schlafstörungen, aber …“, wollte der Diener den Gast erneut abweisen, als eine Stimme aus dem Foyer ertönte: „Lass ihn eintreten, Gerard! Und dann geh wieder zu Bett!“
    Der hagere Mann folgte der Einladung, übergab Mantel und Hut dem Diener und betrat den Salon, in dem nur noch das Feuer im Kamin brannte. Höflicherweise zündete Marcel einige Kerzen zusätzlich an. „Was führt den britischen Geheimdienst mitten in der Nacht in unser verschlafenes Nest?“, fragte er.
    William Townsend wärmte sich die Hände am Feuer. „Ich komme zu Euch, weil Euer Freund sein Versprechen gebrochen hat?“
    „Mein Freund?“ Marcel zog die Augenbrauen hoch. Von wem sprach dieser Mensch da?
    „Der Marquis de Montespan natürlich. Als Gegenleistung für unsere Gastfreundschaft und …“ Townsend räusperte sich verlegen „… diverse andere Gefälligkeiten, wollte er uns Informationen über Napoleons Pläne zukommen lassen. Obwohl wir wissen, dass er immer noch in Paris ist, brach der Kontakt ab. Das letzte Mal, als wir uns sahen – in England –, war er übrigens auf der Suche nach Euch und klang ziemlich verzweifelt. Aber wie ich sehe, seid Ihr wohlauf und erfreut Euch bester Gesundheit.“
    „Ich verstehe!“
    Marcel kam ins Grübeln. Julien war also in Frankreich! Suchte er ihn immer noch, oder hatte er ihn aufgegeben? Bislang gab es keine Nachrichten von ihm. War gar Silvio in Gefahr? Er wusste nur zu gut, wie unbeherrscht der adelige Vampir sein konnte. Sonst hätte er sich damals nicht von ihm so abrupt getrennt – nach dem sinnlosen Mord an dessen getreuen Diener Gaspard. Townsend lenkte seine Aufmerksamkeit wieder auf sich: „Ich nehme an, Ihr habt keinen guten Sherry im Haus oder gar einen schottischen Whiskey?“
    „Verzeiht“, murmelte Marcel, der sich als Gastgeber gerügt fühlte. „Darf ich Euch stattdessen einen guten französischen Cognac anbieten?“
    „Alles, was mein altes Herz wärmt, mein Freund“, meinte der Engländer versöhnlich und nahm in einem der ausladenden Sessel am Kamin Platz. Marcel reichte ihm einen halbvollen Cognacschwenker.
    „Was wollt Ihr nun von mir, mein Herr? Doch nicht etwa, dass ich den Marquis ins Jenseits befördere, oder?“, hakte Marcel neugierig nach.
    Das dürfte mir auch schwerfallen, denn seine Macht ist immer noch weitaus größer als die meine.
    „Nicht doch. Nein, dennoch würde mich interessieren, auf welcher Seite der Gute heute steht. Da die letzte Verschwörung gegen Napoleon durch unglückliche Umstände verraten wurde und unsere Mitstreiter den Tod auf dem Schafott fanden, gibt es neuerliche Pläne des – sagen wir mal – Umsturzes.“
    Julien hat immer zuerst auf seiner eigenen Seite gestanden, da kennt Ihr ihn schlecht, dachte Marcel amüsiert.
    „Ihr wisst, dass ich mich aus politischen Dingen heraushalte!“, betonte der Chevalier dann laut. Aber würde er nicht alles tun, um Silvio zu schützen? Die Verbundenheit mit seinem Erschaffer konnte der junge Vampir nicht bestreiten. Im Gegenteil. Außerdem schätzte er ihn als Lehrmeister, was die Geheimnisse der Untoten anging. Doch diese ungezwungene körperliche Leidenschaft, die zwischen ihm und seinem eigenen Geschöpf Silvio herrschte, konnte er sich beim besten Willen nicht mit dem älteren Vampir ausmalen, obwohl er ein äußerst attraktiver Mann war.
    „Was wollt Ihr also in Frankreich, und was verlangt Ihr explizit von mir?“, wollte er nun ohne Umschweife wissen.
    Der Engländer druckste herum. „In erster Linie Bonapartes Diktatur und Eroberungswahn beenden. Dazu brauchen wir Leute,

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