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Im Bann der Träume

Im Bann der Träume

Titel: Im Bann der Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andre Norton
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rückwärts verfolgen? Aber als sie sich umdrehte, um es zu versuchen, da wußte sie, daß es ihr nicht gelingen würde. Irgendwie stieß sie an eine Barriere, die ihr ein Gefühl körperlichen Schmerzes vermittelte, der sie vor der Verfolgung ihrer Spur zurückschrecken ließ. Sie konnte einfach den ersten Schritt zurück nicht tun. Zitternd sah sich Charis um und versuchte wieder, sich zu bewegen. Die ungeheure Anstrengung warf sie fast zu Boden. Aber wenn sie auch nicht umkehren konnte, so gab es doch nichts, was sie am Weitergehen hinderte.
    Sie versuchte sich einen Kompaß vorzustellen. Befand sie sich nördlich oder südlich der Niederlassung? Wahrscheinlich südlich. Im Süden lag der Regierungsposten. Wenn sie sich in diese Richtung hielt, konnte sie ihn vielleicht erreichen.
    Charis wagte nicht darüber nachzudenken, wie gering ihre Chance war. Ohne Schuhe, ohne Lebensmittel, ohne Trinkwasser – wie lange würde sie durchhalten? Ein Gedanke bedrückte sie. Hatte sie das selbst heraufbeschworen, als sie das Funkgerät in Betrieb setzte? Sie legte die Hände über die Augen und versuchte zu verstehen, bemühte sich der zwingenden Spur zu folgen, die sie zu diesem Platz geführt haben mußte. Hatte sich ihr Bewußtsein ausgeschaltet? War ihr Drang zur Flucht, zum Versuch, den Regierungsposten zu erreichen, so übermächtig gewesen, daß er ihr Bewußtsein überlagerte? Irgendwie ergab diese Überlegung einen vagen Sinn, aber dessen Konsequenzen waren bestürzend.
    Charis hinkte zum Ufer hinunter, setzte sich auf einen Felsen und untersuchte ihre Füße Sie waren geschwollen und wiesen mehrere Verletzungen auf. Sie schob die Füße in das Wasser und biß die Zähne zusammen, denn die Wunden schmerzten.
    Vielleicht ist das eine Welt ohne Leben, überlegte Charis. Am dunkelgoldenen Himmel schwammen Wolken, aber kein Vogel, kein geflügeltes Wesen schwang sich in die Heiterkeit dieser Farben. Der Sand und die Felsen hinter ihr zeigten keine Spur von Leben, und einzig ihre Fußspuren durchbrachen die glatte Unberührtheit des Sandes.
    Charis öffnete ihren Coverall und zog ihr Unterhemd aus. Es kostete sie einige Mühe und einen abgebrochenen Nagel, es in Streifen zu reißen, aber endlich hatte sie doch eine ganze Anzahl solcher Streifen, die sie um ihre Füße wickelte. So waren sie wenigstens etwas geschützt.
    Etwa hundert Meter weiter südlich reichten die Klippen bis in das Wasser hinein, so daß nicht der kleinste Sandstreifen verblieb, auf dem sie hätte weitergehen können. Also mußte sie die Felsen überklettern. Aber Charis setzte sich erst hin, um auszuruhen und die Felsen nach Griffen und Tritten zu untersuchen, auf denen sie Halt finden konnte.
    Sie war hungrig, ebenso hungrig wie in den Bergen von Demeter, aber hier hatte sie nicht einmal ein schimmliges Stück Brot bei sich. Hunger und Durst, wenn auch das Wasser um ihre Füße spülte. Es war reine Torheit, sich in eine nackte Wildnis zu begeben, aber da war die Barriere, die ihr den Rückweg versperrte. Es schmerzte sogar, wenn sie mit den Augen ihre Spuren im Sand verfolgte.
    Zornig stand sie auf und hinkte zur Klippe. Hier konnte sie auf keinen Fall bleiben und warten, bis sie vor Hunger schwach wurde. Und es gab keine Hoffnung, daß jenseits der Klippe mehr war als Sand und Felsen.
    Das Klettern strengte sie an; ihre Hände waren nun fast ebenso zerschunden wie ihre Füße. Endlich hatte sie den zerklüfteten Kamm der Klippe erreicht. Sie legte sich hin, drückte die Hände auf ihr klopfendes Herz und schluchzte ein wenig.
    Sie befand sich am Ende einer anderen von Buschwerk gerodeten Wasserrinne, ähnlich der, an der die Handelsniederlassung lag. Aber hier gab es keine Gebäude, nur Bäume und Büsche. Nicht allzu weit entfernt sah sie aber einen Bach, der über Steine hüpfte und dem Meer entgegenfloß. Charis leckte sich die trockenen Lippen und ging darauf zu. Wenige Minuten später hockte sie sich auf die blaue Erde, und gierig trank sie das frische, klare Quellwasser. Es war ihr völlig gleichgültig, ob ihre Immuninjektionen, die den Verhältnissen auf Demeter entsprachen, auch für Warlock ausreichend waren.
    Das kleine Tal war nicht so bar allen Lebens wie die Küste. Nachdem sie ihren Durst gestillt hatte, hockte sich Charis auf ihre Fersen und bemerkte winzige Dinger mit hauchdünnen Flügeln, die über dem Wasser schwebten. Eines dieser Tierchen sah sie ganz nahe; in seinen mit winzigen Greifern bewehrten Vorderbeinchen zappelte

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